Das Lied der Sirenen
zehn.«
»Danke, Sir«, sagte Carol erfreut, während sie die Wagentür für Tony aufschloß. Er ließ sich noch immer gähnend auf den Beifahrersitz sinken.
»Es tut mir echt leid, ich kann dieses verdammte Gähnen nicht unterdrücken.«
»Haben Sie etwas gefunden, das den Einsatz gelohnt hat?« fragte Carol.
»Damien Connolly hat ihm vor ein paar Jahren einen Strafzettel wegen eines Verkehrsvergehens verpaßt«, antwortete Tony.
Carol stieß einen Pfiff aus. »Jetzt haben wir ihn! Wir haben ihn bei einer doppelten Lüge ertappt, Tony. McConnell hat Merrick erzählt, er habe Connolly nach einem Einbruch in das Fitneßstudio kennengelernt. Im Verhör hat er dann ausgesagt, er sei ihm nie begegnet. Er erklärte, er habe gelogen, um sich interessant zu machen. Und jetzt zeigt sich, daß er ihn doch gekannt hat. Das ist der Durchbruch!«
»Aber nur, wenn Sie glauben, daß er der Killer ist«, entgegnete Tony. »Es tut mir leid, wenn ich Sie enttäuschen muß, Carol, doch ich glaube das nicht. Ich bin im Moment zu müde, das alles mit Ihnen durchzugehen, aber wenn ich mein Profil des Mörders erstellt habe und wir es besprechen, werden Sie verstehen, warum Stevie McConnell mich nicht in Alarmstimmung versetzt.« Er gähnte wieder und stützte den Kopf in die Hand.
»Und wann können wir das machen?« fragte Carol, gegen den Drang ankämpfend, ihn zu packen und eine Erklärung aus ihm herauszuschütteln.
»Geben Sie mir bis morgen früh Zeit. Dann habe ich einen Entwurf des Profils fertig. Einverstanden?«
»Okay. Brauchen Sie bis dahin noch irgend etwas?«
Tony antwortete nicht, und als sie ihn von der Seite ansah, merkte sie, daß er eingenickt war. Na schön, dachte sie. Sie fuhr zu Tonys Haus in einer ruhigen Straße nur wenige Straßenbahnhaltestellen von der Universität entfernt. Er bewohnte eine Doppelhaushälfte in einem Backsteinbau aus der Jahrhundertwende. Als Carol hielt, weckte das Tony keinesfalls. Sie löste ihren Gurt, beugte sich zur Seite und schüttelte ihn sanft. Er fuhr hoch und sah sie mit aufgerissenen Augen erschrocken an. »Alles in Ordnung«, sagte sie. »Wir sind bei Ihnen. Sie waren eingenickt.«
Tony lächelte verschlafen. »Danke, daß Sie mich heimgefahren haben.«
»Kein Problem«, sagte Carol, immer noch ihm zugewandt, und sie war sich mit klopfendem Herzen seiner Nähe bewußt. »Ich rufe Sie heute nachmittag an, dann können wir einen Termin für morgen ausmachen.«
Tony, plötzlich hellwach, spürte Panik in sich aufsteigen. »Nochmals vielen Dank«, sagte er, rutschte ein Stück von ihr weg, öffnete dann die Wagentür und taumelte in einer Mischung aus Hast und Schläfrigkeit auf den Bürgersteig.
Als Tony das Tor zum Vorgarten aufstieß und das kurze Stück zur Haustür ging, murmelte Carol: »Ich kann es nicht glauben, daß ich eben den Drang verspürt habe, diesen Mann zu küssen. Um Gottes willen, was ist nur mit mir los? Erst behandle ich Don Merrick wie eine Glucke, dann fange ich an, mich in den psychologischen Experten der Sonderkommission zu verknallen.« Sie sah, wie sich die Haustür hinter ihm schloß, legte eine Kassette ein und fuhr los. »Ich brauche anscheinend dringend Urlaub«, sagte sie zu Elvis Costello.
»Vergangene Nacht haben wir schon den Champagner kalt gestellt, und jetzt sagen Sie mir, wir sollen McConnell laufen lassen?« Cross schüttelte mit einem wütenden Gesichtsausdruck den Kopf. »Was ist denn passiert, daß wir plötzlich alles umstoßen? Hat er auf einmal ein wasserdichtes Alibi oder was? War wohl mit Prinz Edward und seinen Bodyguards auf ’nem Kneipenbummel, wie?«
»Ich sage nicht, wir sollen ihn sofort laufen lassen«, entgegnete Brandon müde. »Zunächst gilt es, herauszufinden, wer seine Freunde und Kumpel sind und ob er jemanden sowohl mit Gareth Finnegan als auch mit Adam Scott bekannt gemacht hat. Aber danach müssen wir ihn laufen lassen, Tom.« Der Mangel an Schlaf hatte sein Gesicht in eine graue Maske verwandelt, die in einem Horrorfilm keinesfalls fehl am Platz gewesen wäre. Cross hingegen sah so frisch aus wie ein Baby, das gerade seinen Mittagsschlaf gehalten hat. Und seine Stimme klang genauso.
»Er war in der fraglichen Nacht im Queen of Hearts. Wahrscheinlich hatte er Damien Connollys Leiche im Kofferraum seines Wagens und wartete nur auf das Schließen des Pubs, um sie in den Hinterhof zu legen. Das sind genug Verdachtsgründe, um sein verdammtes Haus zu durchsuchen.«
»Sobald wir hinreichend Beweise
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