Das Lied der Sirenen
dazu bekannt haben. Es tut mir leid, John. Ich war mir anfangs nicht sicher, aber je mehr ich darüber nachdenke, um so weniger scheint dieser Kerl für mich der zu sein, den wir suchen.«
Brandon stand auf und legte das Formular wieder zwischen die anderen Papiere in dem Schuhkarton. »Es schmerzt mich zu sagen, aber ich glaube, Sie haben recht. Schon nach der Festnahme fand ich, daß er viel zu gelassen war, um unser Mann sein zu können.«
Tony schüttelte den Kopf. »Danach dürfen Sie nicht urteilen. Auch der wirkliche Täter wird bei einer Verhaftung sehr ruhig und gelassen sein. Vergessen Sie nicht, er hat alles sorgfältig geplant. Obwohl er sich für den Besten hält, hat er sicher Notfallpläne gemacht. Er wird damit rechnen, daß man ihn früher oder später einmal polizeilich vernimmt. Und er wird gut darauf vorbereitet sein. Er wird sich vernünftig und freundlich geben, wird höflich und hilfsbereit sein, und er wird alles tun, damit bei Ihren Detectives keine Alarmglocken losschrillen. Er wird kein Alibi haben. Wahrscheinlich wird er sagen, er sei mit einer Nutte vom Strich zusammengewesen oder habe sich allein ein Fußballspiel angeschaut. Man wird ihn vermutlich bald als Verdächtigen ausschließen, weil andere sich weitaus verdächtiger machen.«
Brandon schaute noch bedrückter drein als vorher. »Danke, Tony. Sie verstehen es wirklich, mich aufzuheitern. Was schlagen Sie denn nun vor?«
Tony zuckte mit den Schultern. »Wie ich schon sagte, es besteht die Möglichkeit, daß McConnell den Mörder kennt, ihn vielleicht sogar in Verdacht hat. Ich würde mich noch ein wenig länger mit ihm beschäftigen, aus ihm rausquetschen, was er weiß und wen er kennt, ihn auf keinen Fall aus dem Kreis der Verdächtigen ausschließen. Holen Sie sich den Durchsuchungsbefehl. Lassen Sie eine gründliche Durchsuchung machen, auch unter den Bodenbrettern. Man kann nie wissen, was dabei rauskommt. Und vergessen Sie nicht, ich könnte mich ja auch völlig getäuscht haben.«
Brandon schaute auf die Uhr. »Okay. Ich muß diese Schlüssel schleunigst zurückbringen, ehe die Schicht des Wachhabenden endet. Ich setze Sie unterwegs daheim ab.«
Die beiden blickten sich noch einmal um, ob auch alles wieder so war, wie sie es vorgefunden hatten, dann verließen sie McConnells Haus. Als sie auf den Range Rover zugingen, ertönte plötzlich eine Stimme hinter ihnen: »Guten Morgen, Gentlemen! Sie sind hiermit festgenommen!« Carol trat ins Licht einer Straßenlampe. »Dr.Anthony Hill, Assistant Chief Constable John Brandon, ich verhafte Sie hiermit wegen des Verdachts, einen Einbruch begangen zu haben. Sie müssen sich zu diesem Vorwurf nicht äußern …« An diesem Punkt nahm ihr Kichern überhand.
Brandons Herz hatte bei ihren ersten Worten fast ausgesetzt. »Zur Hölle mit Ihnen, Carol!« schimpfte er. »Ich bin zu alt für solche Scherze!«
»Aber nicht für so was«, sagte Carol trocken und deutete mit dem Daumen auf McConnells Haus. »Widerrechtliche Durchsuchung, und das auch noch in Konspiration mit einer Zivilperson? Doch ebenso wie Sie bin auch ich nicht im Dienst, Sir.«
Brandon lächelte matt. »Wieso lungern Sie hier herum, wenn Sie nicht im Dienst sind?«
»Ich bin eine clevere Polizeibeamtin, Sir, und ich dachte, ich würde vielleicht Sie und Dr.Hill hier finden. Irgendwelche positiven Ergebnisse?«
»Dr.Hill meint nein. Was ist denn bei Ihrem Verhör rausgekommen?«
»Ihre Vorschläge waren gut, Tony. McConnell hat kein Alibi im Fall Damien Connolly, zumindest nicht für eine Stunde am späten Abend des Mordtags. Allerdings könnte Damien zu dieser Zeit bereits tot gewesen sein. Interessant ist aber auf jeden Fall, wo er sich während dieser Stunde aufgehalten hat, nämlich in dem Pub, in dessen Hinterhof Damiens Leiche gefunden worden ist.«
Tony hob die Augenbrauen und sog zischend den Atem ein. Brandon wandte sich ihm zu. »Nun, was meinen Sie dazu?«
»Es ist genau die freche Art, die ich Handy Andy zutrauen würde. Sie werden sicher überprüfen lassen, ob er regelmäßig in diesem Pub verkehrt. Wenn er es nicht tut, könnte diese Sache bedeutungsvoll sein«, sagte Tony langsam, und dann überwältigte ihn ein heftiges Gähnen. »Entschuldigung«, nuschelte er. »Ich bin kein Nachtschwärmer.«
»Ich fahre Sie nach Hause«, erbot sich Carol. »Ich denke, Mr.Brandon hat noch was in der Scargill Street abzugeben.«
Brandon schaute auf die Uhr. »Kommen Sie um elf zu mir, Carol, nicht um
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