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Das Lied des Dunklen Engels

Das Lied des Dunklen Engels

Titel: Das Lied des Dunklen Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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gingen den Stollen entlang, an dem Gilberts Zelle lag. Corbett spähte durch das Guckloch der Tür, aber der junge Mann schien auf seinem bequemen Lager fest zu schlafen. Am Ende des Ganges schob der Arzt ein großes Bierfaß beiseite. Dahinter kam eine schmale Tür zum Vorschein. Von einem Ring am Gürtel nahm er einen Schlüssel, schloß auf, und sie betraten einen langen Tunnel. Hier war die Luft viel kälter, und Corbett war sich sicher, das Rauschen des Meeres zu hören. Der Arzt ging vor ihm, Gurney hinter ihm, und er bemerkte, daß er sich möglicherweise in Lebensgefahr befand, und wünschte sich Ranulf an seine Seite. Vorsichtshalber legte er die Hand auf den Dolch. Der Boden wurde glitschig, und er bereute, die weichen Lederpantoffeln angezogen zu haben. Sein Herz schlug schneller, und ihm brach der Schweiß aus, denn der Gang wurde immer schmaler, so daß er fast das Gefühl hatte, die Wände wollten ihn festhalten. Er holte tief Luft. Er ließ den Blick auf der flackernden Fackel ruhen, die Selditch in der Hand hielt, und betete still für ein schnelles Ende ihrer Wanderung. Plötzlich bogen sie um eine Ecke. Der Gang wurde wieder breiter und führte in einen unterirdischen Raum. Corbett wurde es leichter ums Herz, als Selditch die Fackeln entzündete, die an den Wänden befestigt waren. Mit einem Mal war der Raum hell erleuchte^ Selditch fing an, einen Haufen Felsbrocken und größere Steine in einer Ecke wegzuräumen. Gurney gesellte sich zu ihm, um ihm zu helfen, und Corbett schaute interessiert zu, als sie einen Sarg aus Tannenholz unter den Steinen hervorzogen. Gurney öffnete den Deckel und schob den Sarg in die Mitte des Raumes. Corbett schaute auf ein gelbliches Skelett. Überrascht blickte er auf.
    »Wer ist das? Und was ist das hier?«
    Er deutete auf einen Lederbeutel am Fußende des Sarges, er beugte sich vor, um ihn hochzuheben, aber Gurney war schneller. Er riß ihn an sich und preßte ihn vor die Brust.
    »Wer ist das?« fragte Corbett noch einmal.
    Seine Nackenhaare stellten sich auf. Er fühlte mit einer Hand nach seinem Dolch.
    »O Hugh, Hugh«, murmelte Gurney. »Wir sind nicht Eure Feinde. Wir haben nur Angst vor dem, was Ihr tun könntet.« Gurney deutete auf das Skelett. »Das ist John Holcombe, der aus Bishop’s Lynn stammte. Mein Großvater, Sir Richard Gurney, heuerte ihn an, um den Konvoi König Johns über die Wash-Bucht zu führen.« Gurney berührte den verfaulenden Sarg mit der Spitze seines Stiefels. »Statt dessen führte Holcombe den Konvoi in seinen Untergang, zumindest einen Teil, den Teil mit den königlichen Schätzen. Offensichtlich hatte Holcombe gesehen, wie die Schätze auf Maultiere und Pferde verladen wurden, ehe der König Wisbech verließ. In den Abgründen seiner Seele entstand ein mörderischer Plan. Der Konvoi des Königs bestand aus drei Abteilungen - erst kamen der König und sein Hof, dann die Pferde und Maultiere mit den Schätzen und zum Schluß die Fußsoldaten. Holcombe hätte an der Spitze gehen sollen, aber an diesem Tag hielt er sich zurück. Absichtlich verzögerte er die Überquerung und benutzte dafür den dichten Nebel als Entschuldigung.«
    »Alles Weitere wißt Ihr«, warf Selditch ein. »Die Flut lief auf. Die Eskorte des Schatzamtes bekam es mit der Angst. Holcombe ritt zurück. Er bemächtigte sich einiger Maultiere und flüchtete. Er kannte die Schleichwege. Der Rest des Schatzes ging zusammen mit der Wachmannschaft in den Fluten unter.«
    Gurney setzte die Erzählung fort. »Als mein Großvater Swynesford erreichte, fing er an, darüber nachzudenken, was genau vorgefallen sein könnte. Er war nicht dumm, und in den letzten chaotischen Tagen von König Johns Herrschaft beschloß er, den Hof zu verlassen und Holcombe zu stellen. Das ist eine lange Geschichte.« Gurney spielte mit dem Lederbeutel, den er in der Hand hielt. »Sie findet sich hier.«
    Corbett streckte die Hand aus, und Gurney gab ihm den Beutel. »Nur für Euch, Hugh. Ich will nicht, daß diesem Idioten Monck diese Urkunden in die Hände fallen!«
    Corbett nickte. »Das sehen wir dann«, murmelte er und deutete auf den Sarg. »Wie ist Holcombe hierhergeraten?«
    »Um es kurz zu machen, mein Großvater hat ihn gefangen und aufhängen lassen, an dem Galgen, an dem Ihr am Kliff von Hunstanton vorbeigekommen seid. Als die Leiche verwest war, ließ er den Toten einsargen und hier begraben.«
    »Aber er sagte keinem davon ein Wort?« fragte Corbett.
    »Nein, er schämte sich. Er

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