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Das Lied des Dunklen Engels

Das Lied des Dunklen Engels

Titel: Das Lied des Dunklen Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul C. Doherty
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große Halle, um zu warten. Gurney, dem seine Schweigsamkeit auf die Nerven ging, ließ ihn in Ruhe und ging wieder auf den Hof hinaus, um dort Ranulfs Rückkehr entgegenzufiebern. Dieser traf kurz vor Sonnenuntergang unter lautem Hufschlag und gellenden Rufen ein. Corbett, der mit dem Rücken zum Feuer stand, sammelte sich für die bevorstehende Auseinandersetzung. Gurney stellte sich neben ihn. Ranulf und Catchpole brachten die beiden Anführer der Pastoureaux herein. Sie waren an den Händen gefesselt. Während Nettler bleich war und verängstigt wirkte, war das Gesicht Master Josephs rot vor Wut. Wäre Ranulf nicht gewesen, hätte sich Master Joseph auf Corbett geworfen. Seine Augen waren weit aufgerissen, und Schaum schien ihm vor dem Mund zu stehen.
    »Dafür werdet Ihr bezahlen, Corbett! Hundesohn von einem Beamten! Wie könnt Ihr es wagen, Hand an mich legen zu lassen? Wie könnt Ihr es Eurem Diener gestatten, in unsere privaten Gemächer einzudringen?«
    Corbett beachtete ihn nicht weiter. Er sah Ranulf an. Dieser lächelte und nickte kaum merklich mit dem Kopf.
    »Sir Simon!« Master Joseph wandte sich an Gurney. »Das ist gegen das Gesetz und gegen die Heilige Mutter der Kirche! Wir haben uns unter Euren Schutz gestellt!«
    »Ach, haltet doch den Mund!« brüllte Corbett.
    Master Joseph sah so wütend aus, als stünde er kurz vor einem Schlaganfall.
    »Haltet den Mund, Master Joseph! Oder ich gebrauche die außerordentlichen Vollmachten, die mir der König gegeben hat, und lasse Euch von den Deckenbalken hängen! Sir Simon, ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr Gilbert aus dem Kerker befreien und hierherbringen ließet Und dann würde ich gern auch meinen Überraschungsgast hier sehen, die junge Frau aus Bishop’s Lynn.«
    Master Joseph ließ die Schultern hängen. Er war mit einem Mal sehr ruhig und leckte sich nervös die Lippen.
    »Was wird hier eigentlich gespielt?« murmelte er.
    »Was habt Ihr gesagt, Hubert?« fragte ihn Corbett.
    Der Anführer der Pastoureaux schnappte nach Luft und wurde aschfahl.
    »Ihr heißt nicht Joseph«, fuhr Corbett fort, »sondern Hubert
    Mugwell und wurdet vor zehn Jahren als Schwerverbrecher verurteilt. Haltet also den Mund, und hört, was ich Euch zu sagen habe! Sir Simon, ich wäre Euch verbunden, wenn Eure Gefolgsleute diese beiden Männer festhalten könnten, denn ich bin mir sicher, daß sie gewalttätig werden.«
    Corbett ging, alle Blicke auf sich geheftet, zum Tisch, goß sich einen Becher Wein ein, setzte sich auf die Tischkante und trank mit kleinen Schlucken. Gilbert kam in die Halle. Er hatte sich schon seit Tagen nicht mehr rasiert, schien aber bei guter Gesundheit Er blickte sich mit einem nichtssagenden Lächeln um. Corbett befahl ihm, neben der Tür stehenzubleiben.
    »Ihr seid bald frei, Gilbert. Keine Sorge.«
    Rohesia kam als nächste. Sie trug Kapuze und Schleier. Corbett bat sie, näher zu treten. Er stellte seinen Becher Wein ab, nahm ihren Arm und schaute in das bleiche, verängstigte Gesicht, das vom Schleier fast ganz verdeckt wurde.
    »Keine Sorge«, sagte er auch zu ihr. Er führte sie auf die andere Seite der Halle. Master Joseph folgte ihnen mit besorgtem Blick und stöhnte auf, als sie die Kapuze abnahm. Das Entsetzen Philip Nettlers war so groß, daß er, die Arme auf der Brust verschränkt, zusammensackte und anfing zu wimmern wie ein geprügelter Hund.
    »Gott helfe uns!« rief Gurney. »Das ist Blanche. Du bist immer noch wunderschön. Du bist Blanche, die Tochter des Vogts.«
    »Blanche«, begann Corbett, »kennt Ihr diesen Mann, der sich Master Joseph nennt, den Anführer der Pastoureaux?«
    Das Mädchen zog die Hand unter ihrem Umhang hervor und stürzte mit einem Dolch auf die Brust von Master Joseph zu. Corbett sprang vor, um ihr den Dolch aus der Hand zu schlagen, war jedoch nicht schnell genug, um sie daran zu hindern, dem Mann mit der anderen Hand mit voller Kraft ins Gesicht zu schlagen.
    »Du dreckiges Schwein!« schrie sie.
    Master Joseph duckte sich zwischen die beiden Gefolgsleute, die ihn festhielten, und wehrte sich nicht. Corbett zerrte Blanche beiseite.
    »Ich will, daß die Halle geräumt wird, Sir Simon.« Er legte Blanches Dolch auf den Tisch. »Ich will auch, daß beide Gefangenen in Ketten gelegt werden, für alle Fälle.«
    »Wollt Ihr, daß alle den Raum verlassen?« fragte Gurney.
    »Ja, alle außer Euch, Ranulf, den Gefangenen und Blanche.« Gurney gab die nötigen Befehle. Catchpole kam mit Ketten und legte sie um

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