Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied des Falken: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
südlich gelegenen Handelsplätzen brachten, wurden hier gebaut.
    »An dieser Stelle hat man vor drei Jahren Terricus gefunden, Lore. Luitgard hatte ihn am Nachmittag mitgenommen, weil er gerne am Ufer spielte und kleine Rindenschiffchen schwimmen ließ. Sie hat nie zugegeben, dass sie ihn alleine gelassen hat. Sie hat behauptet, er sei ihr entwischt.«
    »Können kleine Jungs, wohledle Frau.«
    »Ja, vermutlich. Aber hier am Ufer …«
    »Hat sie vielleicht geschlafen?«
    »Das habe ich damals auch gedacht, Lore. Sie war nachlässig. Aber vielleicht hat sie auch jemand abgelenkt, und ein anderer hat den Jungen ins Wasser gelockt.«
    »Aber warum?«
    »Muss ja keine böse Absicht gewesen sein. Kinder machen so etwas manchmal.«
    Lore nickte. Raue Spiele kannte sie zur Genüge. Die Jungs der Fischer und Schiffer aus ihrem Viertel hatten sie oft genug ins kalte Wasser geschubst. Und manchmal auch untergetaucht. Die Todesangst, die sie dabei ausgestanden hatte, bescherte ihr heute noch Albträume.
    »Aber die Luitgard ist tot, wohledle Frau. Sie wird’s nicht mehr sagen können.«
    »Nein, sie nicht. Aber ich möchte wissen, mit wem sie sich in Köln getroffen hat. Ihr Mann hat gesagt, sie habe Frau Alyss aufsuchen wollen. Aber sie war nie im Haus.«
    Lore ließ die Zügel leicht auf Jennets Rücken klatschen, da die Eselin ein Büschel Brennnesseln erspäht hatte, das sie zu fressen gedachte. Ein kleiner Protestlaut war zu hören, aber dann setzte sich das Tier wieder in Bewegung.
    Die Sache mit der Luitgard wurde immer spannender, fand Lore, und sie fragte: »Wie lange war die Luitgard denn in Köln?«
    »Ihr Mann Franz sagte, er hat sie nach zwei Tagen vermisst. Weißt du noch, an dem Tag, als Lucien das Pferd vom Rentmeister ausgeliehen hatte und in den Turm gebracht wurde, da hat man ihre Leiche aus dem Wasser gezogen.«
    Sie fuhren durch das Tor am Bayenturm, und der Weg wurde holpriger. Tiefe Radspuren hatten sich in den Boden gegraben, und das Kärrchen schaukelte bedenklich hin und her. Aber das Messveech strengte sich wirklich an, sie kamen langsam, aber stetig voran.
    »Meint ihr, der Luitgard ihr Mann wird was mehr wissen?«
    »Wir werden sehen. Lore, du versuchst am besten, ein Plätzchen für die Jennet zu finden und dabei eine von den Mägden nach ihrer so bedauerlich verstorbenen Herrin auszufragen. Ich bin sicher, das wird dir gelingen.«
    »Klaafe! Das mach ich.«
    Klatsch und Tratsch austauschen war eine beliebte Beschäftigung, nicht nur unter Gassengören und Päckelchesträgerinnen, sondern unter allen Schnattergänsen, die Lore so kannte. Sogar die Bejinge schwätzten. Wissen, schweigen, Bröckchen weitergeben, lauschen, tauschen, Schlüsse ziehen. Ja, das war etwas, das sie beherrschte.
    Ein hagerer Knecht, der in der Erde des Weingartens wühlte, wies ihnen den Weg zum Haus des Winzers Franz, und die wohledle Frau kletterte dort vom Kärrchen. Sie ging auf die Tür zu, während Lore neben der Eselin wartete, ob Catrin eingelassen wurde. Offenbar war der Winzer anwesend, sie wurde ins Haus gebeten.
    Ein Apfelstückchen fand seinen Weg zwischen die weichen Lippen des Messveechs, und die Wolle zwischen den langen Ohren wurde kundig gekrault.
    Der Hof sah lange nicht so ordentlich aus wie der der Frau Herrin, befand Lore. Es lagen rostige Gerätschaften herum, ein zerbrochener Hackenstiel und ein angeschlagener Eimer lungerten am Brunnen herum, ein halbes Dutzend magerer Hühner pickten auf dem kargen Boden, auf dem nur Spelzen, aber keine Körner zu finden waren. Immerhin gab es eine Winzerhütte mit einer Kelter, aber sauber wirkte die auch nicht. Eine Magd fegte lustlos mit einem Reisigbesen Küchenabfälle zusammen und warf sie auf einen Komposthaufen. Dabei krochen zwei kleine Kinder hinter ihr her, und ein drittes plärrte irgendwo im Haus.
    Lore marschierte auf das Weib zu. Ein noch junges, aber bereits verhärmtes Weib, wie ihr schien. Ihre Hände waren schwielig, und die Schwielen waren von Schmutz verfärbt. Ein Auge war milchig und schielte zur Nase, das andere aber musterte das Mädchen neugierig.
    »Kann ich einen Eimer Wasser für die Jennet haben?«, fragte Lore.
    »Musst du dir selber hochhaspeln.«
    Nicht sehr zuvorkommend.
    Das Holzschaff am Haken war einigermaßen dicht, aber die Kurbel quietschte empört, als sie es gefüllt nach oben beförderte. Das Messveech schien erfreut, dass es von der Deichsel loskam, und soff mit genüsslichem Gurgeln. Die Magd hatte sich auf die Bank

Weitere Kostenlose Bücher