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Das Lied des roten Todes

Das Lied des roten Todes

Titel: Das Lied des roten Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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nichts übrig ist?«, fragt er. »Ich habe mein Leben damit verbracht, einen Plan zu entwerfen, diese Stadt zu retten. Was ist, wenn es nichts mehr zu retten gibt?«
    Ich trete näher, sodass kein Platz mehr zwischen uns ist. Sein Gewehr ruht auf der Reling des Schiffes, aber ich berühre seine andere Seite.
    »Was ist, wenn du wegläufst, weil du Angst hast, dass nichts mehr übrig ist, und später herausfindest, dass Leute auf dich gewartet haben?«
    Er weicht ein Stückchen zurück, balanciert die Muskete mit einer Hand und fährt sich mit der anderen durch die bereits zerzausten Haare.
    »Die Stadt wartet«, lege ich nach. »Du wirst ihnen Hoffnung geben.«
    »Das wird sie nicht vor dem Roten Tod oder vor Malcontent retten.«
    »Wir werden eine Möglichkeit finden. Vater hat sich Prospero nicht entgegengestellt, aber er weiß über Vieles Bescheid …« Wenn ich mich mit Elliott zusammentue, wenn ich ihn davon überzeugen kann, dass wir die Stadt gemeinsam retten können, ist es an der Zeit, damit aufzuhören, Geheimnisse voreinander zu haben. Ich halte ihm das Tagebuch hin. »Er wollte, dass du es bekommst, erinnerst du dich? Er wusste nicht, dass ich es bereits mitgenommen hatte. Ich habe das meiste davon gelesen, und er hat Erkenntnisse über den Roten Tod.« Ich hole tief Luft und spreche weiter. »Er sagt, die Wasserversorgung ist der Schlüssel. Zusätzlich zu den Masken brauchen wir sauberes Wasser.«
    Ich kann sehen, wie Elliotts Gehirn arbeitet. »Die ärmeren Teile der Stadt haben so gut wie gar kein sauberes Wasser. Ihre Brunnen sind mit dem steigenden Wasser des Sumpfes verunreinigt. Aber wenn wir die armen Gebiete evakuieren könnten … in der Oberstadt gibt es jede Menge Platz … Glaubst du wirklich, dass ich ihnen Hoffnung geben kann?«
    Er mustert mein Gesicht, und ich widerstehe dem Drang, seinem durchdringenden Blick auszuweichen. Ich habe ihn fast überzeugt.
    »Elliott, du musst das durchziehen.«
    »Ich hatte nie vor, es nicht zu tun. Für Prospero hatte ich einen Plan. Und du hast mir bei den Masken geholfen. Ich hatte Spione und Soldaten. Selbst mit Malcontent wurde ich fertig, aber der Rote Tod …«
    »Ich weiß«, sage ich leise. »Aber April braucht meinen Vater, und wir haben nicht mehr viel Zeit. Du hast bereits die Pläne für die Herstellung der Masken. Dies ist das letzte Stück. Du brauchst keine Gewehre.«
    »Bist du bei mir, wenn wir zur Stadt zurückkehren?«
    Ein Teil von mir möchte sich weigern. Aber wie kann ich nein sagen, wenn er mich braucht? Die Stadt braucht ihn.
    »Ja. Die Tochter des Wissenschaftlers an deinem Arm. Das ist das, was du gewollt hast.«
    Seine Lippen zucken. Es ist das, was er gewollt hat, aber den Status, der einmal damit verbunden war, gibt es nicht mehr. Mein Vater ist zum größten Verbrecher aller Zeiten ernannt worden.
    »Nein, nur dich«, beginnt er. »Ich will …« Ich spanne mich an, als mir klar wird, wie eindringlich seine Stimme klingt, aber bevor er den Satz beenden kann, hören wir einen hohen, gellenden Schrei. Den Schrei eines Kindes. Er kommt aus Richtung des Sumpfes.
    »Bleib hier«, sagt er und rennt los, springt leichtfüßig vom Luftschiff auf das Schieferdach des Herrenhauses. Kent rennt an mir vorbei in die Kabine, dann stürmt er mit zwei Musketen wieder durch die Tür und folgt Elliott. Ich versuchte, hinter Kent herzurennen, aber so schnell zu laufen schmerzt mehr, als ich gedacht hatte.
    Als ich sie schließlich erreiche, ist auch Will da. Er hält Henry fest, und Kent kniet neben Elise am Rand einer dekorativen steinernen Brüstung. Sie zeigt nach vorn auf etwas, das einmal eine Grünfläche war, jetzt aber nur noch aus Baumwurzeln und Morast besteht.
    Die Sonne bricht durch niedrige, dunstige Wolken, und Elliotts helle Haare leuchten in der plötzlichen Helligkeit.
    Jenseits der steinernen Brüstung befindet sich eine zerfallende Treppe, die einmal im Innern des Hauses gewesen sein muss, jetzt aber Wind und Wetter vollkommen ausgeliefert ist. Die Treppe wendet sich zweimal, und das geschnitzte Holzgeländer ist größtenteils noch intakt.
    »Da sind Leute«, sagt Henry. Er reicht Kent das Fernglas.
    »Hast du ihm mein Fernglas gegeben?«, fragt Elliott.
    »Sie kommen hierher.« Elise klingt fasziniert, als würde sie auf etwas blicken, das gleichzeitig schrecklich wie auch wundersam ist.
    Als würde ich in Elises Fantasie gezogen werden, höre ich ein Platschen. Als würde jemand durchs Wasser laufen. Ich blicke an

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