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Das Lied des roten Todes

Das Lied des roten Todes

Titel: Das Lied des roten Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bethany Griffin
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mütterlich verhalten hat. Ich habe vielleicht nicht mehr viele Gelegenheiten, meine Grausamkeit wiedergutzumachen. Also folge ich ihr nach unten in einen Ballsaal mit einer vergoldeten Decke und hoffe, dass April mich dort finden wird. Dutzende von Mädchen schweben im Saal herum, ohne darauf zu warten, dass die Musik beginnt.
    Mutter setzt sich ans Klavier und rafft ihren Rock zurecht, dann beginnt sie zu spielen. Wunderschöne Kleider wirbeln hierhin und dahin. Ich setze mich in eine Ecke und sehe zu.
    Ein Mädchen nach dem anderen nähert sich mir und stellt leise Fragen.
    Ob ich aus der Stadt bin? Ob es da beängstigend ist? Habe ich jemanden sterben gesehen? Habe ich jemanden mit dem Roten Tod gesehen?
    Ich antworte ehrlich. Ich habe Menschen sterben gesehen, und es war schrecklich.
    Eines der Mädchen legt mir eine Hand auf die Schulter. »Immerhin bist du jetzt hier«, sagt sie.
    »Denk einfach nicht mehr über die Welt da draußen nach. Ich tue so, als würde sie nicht existieren«, sagt eine andere.
    »Hier ist es sicher. Wir sind in Sicherheit.« Sie halten sich an den Händen und beginnen mit einem Tanz, der sie in einen Kreis führt.
    Was für dumme, irregeleitete Mädchen.
    Eine von ihnen wirft einen Blick aus dem Fenster, dann löst sie sich aus dem Kreis. Auf ihr Gekreische hin folgen ihr alle anderen. Ich geselle mich argwöhnisch zu ihnen. Welchen Schrecken denkt sich der Prinz jetzt aus?
    »Ein Neuankömmling.« Die Mädchen drücken sich an das Glas.
    »Er muss der Letzte sein«, sagt ein anderes. »Meine Mutter hat gesagt, dass es bereits tausend sind. Jemand muss gestorben sein.«
    »Oder jemand wird sterben«, schlägt ein drittes Mädchen vor.
    Die Mädchen lachen nervös, aber sie wenden sich nicht vom Fenster ab.
    »Wie wollt ihr in Sicherheit sein, wenn so etwas hier geschieht?« Ich kann mir die Frage nicht verkneifen.
    Ein blondes Mädchen sieht mich stirnrunzelnd an. »Wir sind hier so lange sicher, wie wir den Prinzen nicht verärgern«, sagt sie, als wäre ich dumm. »Oder seine Aufmerksamkeit erregen.«
    Und dann starren sie wieder zu dem neuen Gast hinunter.
    »Er ist sehr hübsch.« Die Wehmut in der Stimme des Mädchens lässt mich daran denken, wie April und ich immer Will bewundert haben.
    Kann es sein, dass er gekommen ist?
    Ich schiebe mich an den anderen vorbei zum Fenster. Der Mann ist zu Fuß. Könnte Will den ganzen Weg von der Stadt hierher gegangen sein? Dunkle Haare fallen auf den Kragen des Mantels. Aber das ist alles, was ich sehen kann.
    Mutter hat aufgehört zu spielen. Sie sieht mich vom anderen Ende des Saals an.
    »Er ist groß«, bemerkt eines der Mädchen. Und dann sprechen alle auf einmal. Ich will, dass er hochschaut und sein Gesicht zeigt, aber das tut er nicht.
    »Ich würde alles geben, um mit einem jungen Mann zu tanzen«, spricht das Mädchen weiter. Die anderen stimmen ihr zu.
    »Alle Männer in unserem Alter sind in die Stadt gegangen«, erklärt mir jemand anders.
    Nervöse Aufregung rührt sich in meiner Magengrube, während die Mädchen sich um mich herumdrängen. Ich war sicher, dass ich Will überall erkennen könnte, aber jetzt habe ich Angst, dass ich mich in Wunschdenken ergehe. Ich sollte hoffen, dass er es nicht ist. Ich sollte mir nicht so sehr wünschen, ihn wiederzusehen, wie ich es tue. Ich muss für Mutter und April stark sein. Es ist nicht nötig, dass Will kommt und mich rettet.

Achtzehn
    S c hließlich widmen sich die Mädchen wieder ihren Tänzen. Mutter spielt weiter Klavier und lächelt sie nachsichtig an. Während sie durch den kleinen Ballsaal wirbeln, findet April mich in der Ecke. Ihr Verband ist heute kleiner, nur ein weißes Rechteck, das auf ihrer Stirn klebt. Sie hat ihre Haare so arrangiert, dass beinahe alles verborgen ist.
    »Hast du einen Plan?«, fragt sie sofort. »Einen Fluchtplan? Es heißt, dass noch nie jemand weggelaufen ist. Nicht, seit Prospero die neuen Tore und Zäune errichtet hat.«
    »Wir müssen eine Möglichkeit finden, wie du von hier wegkommst«, sage ich. Ich sehe mich um und versuche herauszufinden, ob jemand zuhört, aber die Mädchen sind alle mit Tanzen beschäftigt, und daher beeile ich mich weiterzusprechen. »Und du musst Elliott eine Nachricht von mir überbringen. Du musst ihm sagen, dass die Pumpe im Herrenhaus ist. Er wird wissen, was du damit meinst.«
    April zwinkert mehrmals mit ihren blauen Augen. »Warte … Kommst du denn nicht mit mir mit? Ich brauche dich, Araby.«
    Ihre Stimme

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