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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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einen Blick auf Wilhelms Begleiter. «Das, was ich mit Euch zu besprechen habe, duldet in der Tat keinen Aufschub, obwohl der Reichstag zu Wormaza und das Fest in Aquisgranum vorbereitet werden müssen. Aber diese Angelegenheit hat oberste Priorität.»
    «Ihr macht mich neugierig. Nun?»
    Brun schüttelte den Kopf. «Nicht hier.»
     
    Brun führte Wilhelm über den Klosterhof zum Haus des Abtes, in dem er eine Zelle für das Gespräch hatte vorbereiten lassen. Vor dem Haus trennten sie sich von Wilhelms Begleitern und traten in einen von Fackeln erhellten Gang, von dem links und rechts Türen abgingen. Vor einer Tür standen zwei Soldaten aus Bruns Leibwache. Sie verbeugten sich und nickten, als Brun ihnen befahl, niemanden in die Zelle zu lassen.
    In dem kleinen Raum brannten auf einem Tisch zwei Bienenwachskerzen. Ihre Flammen zuckten in der Zugluft, die durch das geöffnete Fenster drang. Draußen wurde es bereits dunkel. Brun schloss den Fensterladen und bat Wilhelm, auf einem der beiden Stühle Platz zu nehmen. Dann schenkte er ihm aus einem Krug Wein in einen Becher. Den anderen Becher füllte er mit Wasser aus einem zweiten Krug.
    «Ihr solltet nicht immer so streng mit Euch sein», meinte Wilhelm. «Ihr wirkt sehr angespannt. Ein Schluck Wein würde Euch ruhiger machen.»
    «Ich brauche einen klaren Kopf.»
    «Immer?»
    «An jedem Tag, den der Allmächtige mir auf Erden schenkt.»
    «Nun denn.» Wilhelm hob seinen Becher. «Ich für meinen Teil habe mir nach der langen Reise durchaus einen Wein verdient.»
    «Deshalb habe ich Euch eingeschenkt.»
    Auch Brun setzte den Becher an und hätte sich beinahe verschluckt, als es mit einem Mal an der Tür klopfte.
    «Ich habe klar und deutlich gesagt, dass ich keine Störungen dulde», rief er.
    «Aber es ist Abt Warin», drang die Stimme eines Soldaten durch die Tür. «Er besteht darauf, Euch zu sprechen.»
    Brun machte eine entschuldigende Geste in Wilhelms Richtung. Abt Warin war nicht irgendjemand, den man einfach wegschicken konnte, auch nicht der Erzbischof.
    «Es geht um eine Lieferung Steine für die Kirche», hörte Brun den Soldaten rufen. «Die Steine sollen morgen eintreffen und müssen noch bezahlt werden.»
    Brun seufzte und rief: «Ich werde Warin später aufsuchen.»
    Daraufhin waren auf dem Gang laute Stimmen zu hören. Offenbar hatte Warin kein Verständnis dafür, abgewiesen zu werden. Dann wurde irgendwo eine Tür geräuschvoll zugeworfen.
    «Ihr macht mich immer neugieriger», sagte Wilhelm.
    Brun erhob sich und begann auf und ab zu gehen.
    «Ist Euch Herzog Evurhard bekannt?», fragte er dann.
    «Meint Ihr Evurhard, den Sohn des Evurhard von Franken, der sich einst gegen Otto erhoben hat?»
    «Genau den meine ich.»
    «Ich bin ihm zwei- oder dreimal begegnet.»
    «Wie schätzt Ihr ihn ein? Ich meine, wie loyal steht er zum König?»
    Wilhelm musterte Brun, der bei der Tür stehen geblieben war.
    «Dazu kann ich nichts sagen», meinte Wilhelm. «Seinen Vater hatte Otto ja begnadigt, wofür der alte Evurhard ihm Treue geschworen hat.»
    Brun holte tief Luft. Es war an der Zeit, die Gedanken, die ihm seit einiger Zeit im Kopf herumgingen, mit jemandem zu teilen.
    «Vor einigen Wochen erreichte mich die Nachricht, dass Evurhard mit einem Heer zur Eresburg gezogen ist. Dort soll er sich mit anderen Herzögen und Grafen getroffen haben, die ebenfalls viele Männer anführen. Daran mag ja noch nichts Auffälliges sein, aber …»
    Brun trank einen Schluck Wasser.
    «Aber unter den Adligen, die an diesem Treffen teilgenommen haben, war auch ein Mann, der uns in keiner guten Erinnerung ist: Thankmar von der Mersburg.»
    «Thankmar? Der König hat ihn doch in die dänische Mark geschickt.»
    «Geschickt? Nun ja, den wahren Grund kennt kaum jemand.»
    Nur ein ausgewählter Kreis, zu dem auch Brun und Wilhelm gehörten, wusste, warum Thankmar der Jüngere, der Nachfahre des erstgeborenen Sohns König Heinrichs, in den Norden verbannt worden war. Es war nie abschließend geklärt worden, ob Thankmar bei der Schlacht auf dem Lechfeld Otto wirklich umbringen wollte. Wie auch? Thankmar selbst hatte dies natürlich geleugnet. Für alle anderen hatte es so ausgesehen, als habe Thankmar Otto das Leben gerettet, indem er die Magyaren tötete. Der König hatte jedoch große Zweifel an dieser Version gehabt. Auch Brun glaubte seinem Bruder und nicht Thankmar, dem Sohn des Mannes, der Otto vom Thron hatte stürzen wollen.
    «Wie viele Soldaten haben sie?», fragte

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