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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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litten Todesängste, schrien, brüllten, trampelten. Die Pferde hatten sich losgerissen. In ihrer Panik sprangen sie gegen den Wall, der hin- und herwankte. Und dann kippte er. Aki und Geirmund wurden unter einer Lawine aus Kisten, Säcken und Fässern begraben. Eine Kiste traf Aki am Kopf. Er verlor die Besinnung.
     
    Als er wieder zu sich kam, spürte er einen Druck auf seiner Brust. Er packte den mit Getreide gefüllten Sack, stemmte ihn hoch und wälzte sich darunter hervor. Unter seiner Schädeldecke hämmerten Schmerzen. Er schaute sich um, konnte Asny aber nirgendwo sehen. Dort, wo sie zuletzt gestanden hatte, türmten sich Kisten und Säcke. Aki kletterte über die herumliegenden Waren zu der Stelle.
    Die Männer an Deck schleppten Eimer zum Laderaum und schütteten Wasser über die Flammen. Aber sie bekamen das Feuer nicht in den Griff. Der gesamte Bereich, in dem die Tiere untergebracht waren, brannte. Einige Tiere schienen bereits verendet zu sein. Die Pferde stießen noch immer markerschütternde Laute aus, während die Männer versuchten, sie mit Seilschlingen einzufangen.
    Dichte Rauchschwaden zogen über das Schiff. Aki unterdrückte einen Hustenanfall. Endlich erreichte er die Bordwand und machte sich an den Kisten zu schaffen. Einige ließen sich leicht forträumen, andere waren so schwer, dass er seine ganze Kraft aufbringen musste.
    Fieberhaft arbeitete er sich voran. Sie waren so kurz vor dem Ziel gewesen, hätten nur noch ins Wasser springen und in die Freiheit schwimmen müssen!
    Aki zerrte eine Kiste weg – und sah Asnys Beine. Er ergriff den Getreidesack, der noch über ihr lag, warf ihn hinter sich und kniete neben ihr nieder. Sie atmete, sie lebte! Er berührte ihr Gesicht, und sie schlug die Augen auf. Aki traten vor Erleichterung Tränen in die Augen. Der Sack hatte den Aufprall der Kisten gedämpft. Sie schien unverletzt zu sein.
    Er wollte ihr gerade auf die Beine helfen, als der Ochse zu brüllen begann. Aki wunderte sich, weil es so klang, als würde das Tier dicht neben ihnen stehen. Als er sich umdrehte, fuhr er entsetzt zurück. Ohne den Wall sah er das Tier nur wenige Schritt entfernt an der Kette zerren.
    Im Feuerschein zuckten die Muskelstränge unter dem Fell. Dann riss die Kette. In seiner Panik warf der Ochse den Kopf hin und her, wobei er mit den spitzen Hörnern einem Pferd die Flanke aufschlitzte. Blut und Gedärme ergossen sich in einem Schwall über die Planken. Das Pferd brach zusammen und zerschmetterte im Todeskampf einem Schwein den Schädel. Unterdessen machte sich der Ochse über das andere Pferd her und bohrte ihm die Hörner in den Leib. Das lange Fell des Ochsen hatte an mehreren Stellen Feuer gefangen. Er wirbelte herum, und sein Blick fiel auf die Zwillinge.
    Sie hielten inne. Mit drei, vier Sätzen wäre der Ochse bei ihnen – zu schnell, als dass genug Zeit wäre, um auf die Kisten zu klettern und über Bord zu springen.
    Da fiel Aki ein, dass Geirmund ein Schwert in der Hand gehalten hatte!
    Es musste noch an der Stelle liegen, wo der Wall über ihm zusammengebrochen war. Das Schwert war zwar klein und der Ochse riesig, aber Aki sah keine andere Möglichkeit, sich gegen das Tier zu wehren.
    «Schnell, versteck dich hinter einer Kiste», rief er Asny zu und kroch zurück. Dadurch lenkte er den Ochsen ab, der mit gesenkten Hörnern inmitten der Flammen stand und ihm mit seinen Blicken folgte. Mit dem Vorderhuf scharrte das Tier in der schleimigen Masse aus Blut, Eingeweiden und Fäkalien.
    Aki tastete den Boden zwischen den Kisten und Säcken ab. Einmal glaubte er einen Fuß zu spüren. Geirmund. Hoffentlich war er verreckt! Aki suchte weiter. Das Schwert konnte nicht weit sein.
    Unter einem Sack fand Aki es endlich. Er nahm es und richtete sich auf. Ruhig atmen! Konzentrieren! Er hatte nur einen einzigen Wurf, und wenn er sein Ziel verfehlte, würden ihn die Hörner aufspießen und der gewaltige Schädel ihn zerquetschen.
    Nur ein einziger Wurf!
    Konzentrier dich!
    Er war ein hervorragender Werfer, vielleicht einer der besten. Unzählige Male hatte er geübt, mit Steinen, mit Bällen, mit Ästen, auch mit Messern. Aber noch nie mit einem Schwert.
    Der Ochse setzte einen Huf vor, nahm Anlauf und stürmte los.
    Aki fasste die Klinge an der Spitze, zielte und schleuderte das Schwert dem Ochsen entgegen. Es traf den Kopf des Tiers und drang ins rechte Auge ein. Brüllend schleuderte der Ochse im Lauf den Schädel hin und her, um das lästige Schwert

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