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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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nicht mit einer solchen Masse. Immer wieder versuchte er sich einzureden, dass es keine Widerstände aus den Reihen des dänischen Volkes geben würde; schließlich hatte König Harald selbst das Urteil über die Seherin und ihre Kinder gesprochen.
    Was den König betraf, so war sein Plan aufgegangen. Was das Volk betraf, war sich Thankmar nicht so sicher …
    Erleichtert sah er endlich den Karren heranrollen. Er gab seinen Männern den Befehl, die Menschen weiter von der Brücke abzudrängen. Doch er hatte nicht genug Soldaten, um gegen die gewaltige Menge vorzugehen. Er schickte einen seiner Soldaten zum König und forderte von ihm Verstärkung ein. Nur zögernd und betont widerwillig schickte ihm Harald daraufhin gut zwei Dutzend Männer seiner Leibgarde, die Thankmars Soldaten unterstützten, allerdings ohne jegliche Begeisterung. Den dänischen Kriegern schmeckte es offensichtlich nicht, gegen ihre eigenen Landsleute vorgehen zu müssen.
    Das war in Thankmars Augen eindeutig Verrat. Er war der Herrscher über die Mark und somit Herr aller Menschen, die hier lebten. Offenbar hatten einige der anwesenden Männer dies vergessen. Daher war es umso wichtiger, dass er heute ein Exempel statuierte und das Gesindel seine Macht spüren ließ. Indem er den Dänen ihre Zauberin nahm, entfernte er ein gefährliches Geschwür aus dieser kranken Gesellschaft. Dass auch die Kinder der Seherin sterben mussten, so wie Thankmar es vom König verlangt hatte, würde die abschreckende Wirkung nur noch verstärken und die Dänen dazu bringen, den heidnischen Bräuchen abzuschwören.
    Als der Karren endlich sein Ziel erreicht hatte, ließ Thankmar die Gefangenen herunterholen und auf die Brücke führen. Es war offensichtlich, dass die Wasserprobe den Widerstand der Seherin gebrochen hatte. Mit gesenktem Kopf schlurfte sie, gefolgt von ihren Kindern, über die Landebrücke, ohne dass man sie dazu hätte zwingen müssen.
    Sie hat verstanden, dass sie verloren hat, dachte Thankmar zufrieden.
    Die verbrannten Arme hielt die Seherin beim Gehen leicht abgewinkelt. Ihr restlicher Körper war noch immer in den Mantel eingewickelt, den dieser verdammte Storolf gestern in der Versammlungshalle über sie gelegt hatte. Zum Glück schien Storolf eine Ausnahme zu sein – ein weiteres Geschwür. Thankmar freute sich schon darauf, sich mit ihm zu beschäftigen, wenn diese Angelegenheit erledigt war. Er konnte in seiner Stadt keinen Jarl dulden, der sich offen gegen ihn wandte.
    Die Seherin und ihre Kinder gingen bis zum Käfig, vor dem man sie halten ließ. Im Hafen hatte sich seit der Ankunft der Verurteilten eine lähmende, geradezu gespenstische Stille breitgemacht.
    Nun war es an der Zeit, mit der Vollstreckung des Urteils zu beginnen.
    Doch als Thankmar seinem Hauptmann Ernust gerade den Befehl geben wollte, das Weib in den Käfig zu sperren, trat Poppo neben den Grafen und bat darum, das Wort an das dänische Volk richten zu dürfen.
    Zunächst wollte Thankmar ihm diese Bitte verwehren, damit nicht noch weitere Zeit vergeudet wurde. Aber dann warf er einen Blick auf die Menschen an den Ufern und auf den Fischerbooten, die inzwischen einen Halbkreis um die Brücke bildeten, und dachte kurz über das Ansinnen des Bischofs nach. Da die Menschen friedlich zu bleiben schienen, entschloss er sich, dem Bischof den Wunsch zu gewähren.
    Warum auch nicht? Eine solch günstige Gelegenheit, Gottes Wahrheit vor Hunderten Heiden zu predigen, würde sich so schnell nicht wieder ergeben.
    Poppo trat an den Rand der Brücke. Er breitete die Arme aus und rief: «Seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke …»
    Eine Schar Möwen zog kreischend über die Brücke hinweg und übertönte Poppos Stimme, dann hörte man ihn wieder.
    «… denn wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Mächtigen und Gewaltigen, mit den Weltbeherrschern der Finsternis, mit den bösen Geistern unter dem Himmel. Ergreift den Schild des Glaubens, mit dem ihr alle feurigen Pfeile des Bösen auslöschen könnt. Und nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, welches ist – das Wort Gottes …»
    Da flog plötzlich ein faustgroßer Stein auf die Brücke, knallte auf die Bohlen und kullerte weiter bis vor die Füße des Bischofs. Poppo verstummte jäh.
    Am Ufer waren vereinzelt Jubelrufe zu hören.
    Thankmar erstarrte. Genau das hatte er vermeiden wollen! Er musste sich mit der Hinrichtung beeilen, bevor es zu Unruhen kam. Was auch immer

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