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Das Lied des Todes

Das Lied des Todes

Titel: Das Lied des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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sie hatte vom Skalden Kormak Ögmundson gehört, dessen Ruf in alle Länder an den Küsten des Nordmeeres gelangt war.
    Das machte Ketil so stolz, dass er sich beinahe den Kopf an der Decke anschlug, als er sich in die Brust warf, obwohl die Geschichte seines Vaters alles andere als glücklich verlaufen war. Kormak hatte viele Jahre lang erfolglos um eine schöne Frau gefreit, die jedoch einem anderen Mann zugesprochen war. Nur ein einziges Mal gab sie sich Kormak hin – das Ergebnis war Ketil. Die Frau durfte Ketil nicht behalten, der daraufhin von Kormak allein aufgezogen wurde. Die Schande der mutterlosen Kindheit und seine schon damals ungewöhnliche Körpergröße machten Ketil bald zum Gespött vieler Altersgenossen.
    Dann kam er auf ein Ereignis zu sprechen, das seinem Leben einen entscheidenden Wendepunkt gab. Er war damals etwa fünfzehn Jahre alt gewesen, als mehrere junge Männer ihm auflauerten und ihn mit Beilen angriffen. Ketil schlug einen der Angreifer so hart nieder, dass dieser mit dem Kopf gegen einen Stein prallte und an den Verletzungen starb. Die Familie des Getöteten verlangte von Ketils Vater ein hohes Blutgeld, das dieser nicht aufbringen konnte. Daher musste Ketil Island verlassen, um Kormak vor der Rache der anderen zu bewahren.
    Auf einem Schiff fuhr Ketil daraufhin über das Nordmeer nach Süden und kam über einen großen Fluss in eine Stadt, die Colonia genannt wurde. Dort hielt er sich drei Jahre lang mit Diebstählen über Wasser. In dieser Zeit scharte er eine stattliche Anzahl Ausgestoßener um sich, mit denen er in den Wäldern bei Colonia Händler und Adlige überfiel. Eines Tages wurde er jedoch verraten. Nachdem man ihn festgenommen hatte, sollte er als berüchtigter Anführer der Räuberbande aufgehängt und sein Leichnam öffentlich zur Schau gestellt werden.
    «Ich hatte die Schlinge schon um den Hals», erzählte Ketil, «als ein Mann die Hinrichtung unterband.»
    Dieser Mann sei kein anderer gewesen als der Bruder des sächsischen Königs. Sein Name lautete Brun, und er war nicht nur der Erzkanzler des Reichs, sondern zu der Zeit gerade zum Bischof geweiht worden.
    «Warum hat er dich gerettet?», fragte Aki.
    Ketil bekam einen versonnenen Gesichtsausdruck und sagte: «Weil Herr Brun der gütigste Mann ist, den ich jemals kennengelernt habe …»
    «Deshalb hat er dich vor dem Tode bewahrt?» Aki konnte sich nicht vorstellen, dass ein Christ einen Nordmann einfach so begnadigte. Waren sie nicht alle so wie Bischof Poppo?
    «Natürlich hatte Herr Brun etwas mit mir vor», sagte Ketil. «Weil ich damals der gefährlichste Räuber in der ganzen Gegend war, hatte er sich in den Kopf gesetzt, aus mir einen anständigen Mann und mit Gottes Hilfe einen gläubigen Christen zu machen!»
    «Ist es ihm gelungen?», fragte Aki.
    «Meinst du Gott oder den Herrn Brun?»
    «Den Herrn Brun.»
    «Sieh mich an, junger Mann! Was glaubst du? Bin ich ein grundehrlicher, gläubiger Mann?»
    Aki zuckte mit den Schultern. Lächelnd fuhr Ketil fort, dass er daraufhin sechs Jahre in einem Kloster gelebt habe. Gerade angenehm sei das nicht, so ganz ohne Frauen, Raufereien und andere Dinge, die einem Mann Spaß machten. Keine Nacht habe man in dem Kloster durchschlafen können, ständig habe man gebetet und zu den Fastenzeiten habe es nur Wasser und trockenes Brot gegeben. Dennoch blieb er im Kloster. Er hatte Brun sein Wort gegeben, und daran hielt sich ein Mann wie Ketil. Als Brun ihm aber in diesem Frühling ein verlockendes Angebot gemacht hatte, hatte er nicht lange überlegt und die Gelegenheit ergriffen, aus dem eintönigen Leben auszubrechen.
    «Herr Brun hat mich zum christlichen Missionar gemacht», sagte er voller Stolz. «Er ist überzeugt, dass Heiden leichter zum Christentum zu bekehren sind, wenn ihnen Gottes Worte von einem Landsmann gepredigt werden. Ich bin zwar kein Däne, aber ich spreche eure Sprache und kenne die alten Götter …»
    «Willst du uns auch bekehren?», rief Aki entrüstet.
    «Psst!», machte Velva und legte ihm eine Hand auf den Arm. «Lass ihn ausreden. Seine Geschichte ist noch nicht zu Ende.»
    «Das stimmt, Seherin. Nun komme ich zu dem Teil meines Lebens, der der schrecklichste ist. Denn Herr Brun schickte mich – vermutlich ohne es selbst zu ahnen – geradewegs in die Hölle!»
    Ketil ballte unbewusst seine großen Hände zu Fäusten. Als er bemerkte, dass die anderen auf seine Hände starrten, öffnete er die Fäuste schnell wieder.
    Dann berichtete

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