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Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Lied vom Schwarzen Tod: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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Vergangenheit wechselten sich in rascher Folge vor ihrem geistigen Auge ab. Auf einmal erschien es ihr, als ob sich die neuen Anhaltspunkte zu einem vagen Gedanken formen würden. Gleichzeitig war dieser so ungeheuerlich, dass es ihr beinahe den Atem raubte. » Was, wenn dieser Mann, von dem Tilmann dir berichtet hat, Korbinian war? «
    Sebastian gab einen überraschten Laut von sich. » Schwester, sag mal, hast du einen Becher Wein zu viel getrunken? «
    Sie schnaubte leise.
    » Schon gut, Anna. Aber du musst zugeben, das klingt mehr als verrückt. «
    » Tatsächlich? Nur « , sie suchte nach den passenden Worten, » überleg doch mal! Zwei Männer ungefähr im selben Alter. Beide blond, mit gewellten Haaren und schlank. Sie verschwinden beide zur selben Zeit und obendrein auf derselben Straße! Können das alles Zufälle sein? « Anna tastete nach ihrem Becher, der vor ihr auf dem Tisch stand. Ihr Blick verlor sich ins Leere. Ein Zittern überlief sie jäh.
    » Du meinst, der Reisende, den der Blitz getroffen hat, könnte ein anderer gewesen sein? «
    » Es passt alles zusammen. «
    » Du solltest dir nicht zu viele Hoffnungen machen, Schwesterchen. «
    Tränen schossen ihr in die Augen. » Was, wenn sie Korbinian mit einem anderen Mann verwechselt haben? « Ihre Stimme wurde schrill und schien nicht mehr ihr zu gehören.
    » Nürnberg ist groß, Schwesterchen. Weißt du, ob es da nicht mehr Männer gibt, die plötzlich unauffindbar sind? Männer, die keine Angehörigen mehr haben, die sie vermissen könnten beispielsweise? «
    Annas Kopf sank an seine Brust. Sie schloss die Augen und sah wieder Korbinian vor sich. Er trug seinen mit Farbe beschmierten Kittel, die Stegbrille war ihm bis auf die Nasenspitze gerutscht. Er verzog die Lippen zu diesem typischen, leicht abwesend wirkenden Lächeln und beugte sich – wie in ihrem Traum – mit Traurigkeit in den Zügen über sie.
    » Anna. «
    Sie hob den Kopf.
    Sebastians Blick drang ernst in ihren. » Denk nach. Selbst wenn der Überfallene tatsächlich Korbinian war, wäre er inzwischen längst wieder zu Hause. «
    » Du meinst, dass er den Überfall nicht über… «
    » Diese Möglichkeit musst du in Betracht ziehen, ja. «
    » Selbst wenn es nur winzige Hoffnungsschimmer sind, Sebastian, ich brauche Gewissheit! Oder denkst du, ich könnte vorher Frieden finden? Nein, was es mich auch kosten mag, ich muss herausfinden, was wirklich mit Korbinian geschehen ist. «
    Er sah sie aufmerksam an. » Was hast du vor? «
    » Ich muss mit Clemens Münzberger sprechen, einem der beiden Männer, die den Leichnam gefunden und begraben haben. «

KAPITEL 44
    W as suchte sie nur hier? Korbinian war tot, und sie klammerte sich wie eine Ertrinkende an einen Strohhalm. Anna trat ein und ließ den Blick durch den Verkaufsraum schweifen. Zahlreiche Musikinstrumente – birnenförmige, teils schön verzierte Lauten, Schalmeien und Sackpfeifen – waren an den Wänden aufgereiht, auf einem langen Tresen lagen verschiedene Flöten und Fideln. Hinter dem Ladentisch trat ein feingliederiger Mann in den Raum. Als er Anna gewahr wurde, verbeugte er sich leicht.
    » Grüß Euch Gott « , erwiderte sie seinen Gruß.
    » Möchtet Ihr Euch ein wenig umsehen, oder wisst Ihr bereits, welches meiner schönen Instrumente Ihr zu kaufen wünscht? «
    » Weder noch, Herr Münzberger. Ich komme aus einem anderen Grund zu Euch. «
    Die dünnen Brauen in dem schmalen Gesicht hoben sich. » Was kann ich für Euch tun, werte Frau …? «
    » Mein Name ist Anna Dietl. Ich weiß nicht, ob Euch dieser Name etwas sagt. Ich hätte Euch gern schon im vorigen Jahr gesprochen, aber Euer Geschäft war geschlossen. Ihr und Euer Begleiter habt damals auf Eurer Reise nach Ansbach meinen Gemahl gefunden. Herr Lamprecht sagte mir damals, Ihr hättet es übernommen, den Leichnam zu begraben. «
    In seine Miene trat ein bekümmerter Ausdruck . » Frau Dietl, mein herzliches Beileid! Furchtbar, was Euch widerfahren ist. Aber Ihr braucht Euch nicht zu bedanken, ich habe nur getan, was sich für jeden anständigen Menschen von selbst versteht. « Der Instrumentenbauer trat näher. » Was Eurem Mann geschehen ist, tut mir sehr leid. «
    » Die Sache ist die « , unterbrach Anna, » seit einiger Zeit denke ich immer häufiger darüber nach, ob es sich bei jenem unglückseligen Menschen, den Ihr damals beerdigt habt, tatsächlich um meinen Gatten gehandelt hat. «
    » Ich verstehe nicht ganz. «
    » Glaubt mir « , seufzte

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