Das Lied von Eis und Feuer 02 - Das Erbe von Winterfell
Alle drei waren aus Gold geschmiedet, die Augen mit Rubinen besetzt. Seine Rüstung bestand aus schwerem Stahl, in dunklem Rot lackiert, Beinschienen und Handschuhe mit goldenen Schnecken verziert. Seine Medaillons waren goldene Sonnen, sämtliche Befestigungen vergoldet, und der rote Stahl war derart poliert, dass er im Licht der aufgehenden Sonne wie Feuer erstrahlte.
Nun konnte Tyrion das Dröhnen der feindlichen Trommeln hören. Er dachte daran, wie er Robb Stark zuletzt gesehen
hatte, auf dem Thron seines Vaters in der Großen Halle von Winterfell, ein Schwert blank und glänzend in Händen. Er dachte daran, wie sich die Schattenwölfe aus der Dunkelheit über ihn hergemacht hatten, und plötzlich konnte er sie wieder sehen, knurrend und schnappend, die Zähne vor seinem Gesicht gefletscht. Ob der Junge seine Wölfe mit in die Schlacht brachte? Der Gedanke bereitete ihm Unbehagen.
Die Nordmänner wären nach ihrem langen, schlaflosen Marsch erschöpft. Tyrion überlegte, was sich der Junge dabei gedacht hatte. Glaubte er, er könne sie im Schlaf überraschen? Die Chancen dafür standen schlecht. Was man auch immer von Tywin Lennister sagen mochte: Er ließ sich nicht zum Narren machen.
Links sammelte sich die vorderste Linie. Er sah die Standarte zuerst, drei schwarze Hunde auf gelbem Grund. Darunter saß Ser Gregor auf dem größten Pferd, das Tyrion je gesehen hatte. Bronn warf einen Blick auf ihn und grinste. »Folge stets einem großen Mann in die Schlacht.«
Tyrion warf ihm einen bösen Blick zu. »Und wieso das?«
»Sie geben so wunderbare Ziele ab. Der da, er zieht die Blicke aller Bogenschützen auf sich.«
Lachend betrachtete Tyrion den Berg mit neuen Augen. »Ich muss gestehen, dass ich es so noch nie gesehen habe.«
Clegane verbreitete keinen Prunk um sich. Seine Rüstung war aus Stahl, matt und grau, vernarbt und ohne Siegel oder Verzierungen. Er zeigte Männern ihre Positionen mit der Klinge, einem beidhändigen Großschwert, das Ser Gregor mit einer Hand schwenkte wie ein Geringerer als er einen Dolch. »Jeden, der wegläuft, mache ich persönlich nieder«, brüllte er, als er Tyrion gewahr wurde. »Gnom! Nehmt die Linke. Haltet den Fluss. Wenn Ihr könnt.«
Die Linke der Linken. Um ihre Flanken aufzurollen, bräuchten die Starks Pferde, die auf Wasser wandeln konnten. Tyrion führte seine Männer zum Ufer. »Seht«, rief er und zeigte die Richtung mit seiner Axt. »Der Fluss.« Eine Decke von fahlem Nebel lag noch immer auf dem Wasser, dem trüben, grünen Strom, der unter ihnen floss. Die Untiefen waren verschlammt und erstickten im Schilf. »Der Fluss ist unser. Was immer auch geschieht, haltet euch nah am Wasser. Verliert es nie aus den Augen. Lasst keinen Feind zwischen uns und unseren Fluss. Wenn sie unser Wasser besudeln, hackt ihnen die Schwänze ab und verfüttert sie an die Fische.«
Shagga hielt in beiden Händen eine Axt. Er schlug sie aneinander und ließ sie klingen. »Halbmann!« , rief er. Andere Felsenkrähen nahmen den Schlachtruf auf, und auch die Schwarzohren und Mondbrüder. Die Brandmänner schrien nicht, doch rasselten sie mit ihren Schwertern und Speeren. »Halbmann! Halbmann! Halbmann!«
Tyrion wendete sein Ross im Kreis, um das Feld zu überblicken. Hier, nah am Fluss, war der Boden hügelig und uneben, weich und morastig, stieg zum Königsweg in einem sanften Hang an, dahinter nach Osten hin steinig und aufgebrochen. Ein paar Bäume standen an den Hängen, allerdings war das Land größtenteils gerodet und urbar gemacht. Das Herz schlug wild in seiner Brust, im Rhythmus der Trommeln, und unter all den Schichten aus Leder und Stahl war seine Stirn kalt vom Schweiß. Er beobachtete Ser Gregor, den Berg, wie er vor seinen Reihen auf und ab ritt, schreiend und gestikulierend. Auch diese Flanke war nur Kavallerie, doch auf der rechten stand eine gepanzerte Faust aus Rittern und schweren Lanzenreitern, die vorderste Reihe bestand aus dem Abschaum des Westens: berittene Bogenschützen in Lederwesten, eine schwärmende Masse aus undisziplinierten, freien Reitern und Söldnern, Knechten
auf Ackergäulen, mit Sensen und den rostigen Schwertern ihrer Väter bewaffnet, halb ausgebildete Jungen aus den Elendsvierteln von Lennishort … und Tyrion mit seinen Bergbewohnern.
»Krähenfutter«, murmelte Bronn neben ihm und verlieh dem Ausdruck, was Tyrion ungesagt gelassen hatte. Er konnte nur nicken. War sein Hoher Vater von allen guten Geistern verlassen? Keine Pikeniere, zu
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