Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
stand kurz davor, an der Verletzung durch den Bolzen, der aus seiner Seite ragte, zu verenden. Verschossene Bolzen waren über die festgestampfte Erde verstreut wie Strohhalme nach einem Sturm. »Jetzt!«, schrie Joffrey. Der Wildhüter ließ den Hasen los, den er hielt, und das Tier rannte los. Joff riss an dem Auslöser der Armbrust. Der Bolzen verfehlte sein Ziel um zwei Fuß. Der Hase stellte sich auf die Hinterläufe, wandte sich dem König zu und zuckte mit der Nase. Fluchend drehte Joff die Winde, um die Sehne zu spannen, aber das Tier war verschwunden, ehe er nachgeladen hatte. »Der Nächste!« Der Wildhüter griff in den Stall. Dieser Hase schoss wie ein brauner Blitz an der Mauer entlang, und Joffreys hastiger Schuss hätte beinahe Ser Preston in die Lenden getroffen.
Kleinfinger drehte sich um, und in seinen Augen lachte der Schalk. »Junge, magst du eingelegten Hasen?«, fragte er Podrick Payn.
Pod starrte auf die Füße des Besuchers, hübsche Stiefel aus rot gefärbtem Leder, die mit schwarzen Spiralen verziert waren. »Zum Essen, Mylord?«
»Kauf dir Töpfe«, riet ihm Kleinfinger. »Die Burg wird bald von Hasen übervölkert sein. Wir werden sie drei Mal am Tag auf den Tisch bekommen.«
»Besser als Ratten am Spieß«, meinte Tyrion. »Pod, lass uns allein. Es sei denn, Lord Petyr wünscht eine Erfrischung?«
»Danke, nein.« Kleinfinger lächelte spöttisch. »Trink mit dem Zwerg, heißt es, und du wachst auf der Mauer wieder auf. Schwarz betont meine ungesunde Blässe so sehr.«
Nur keine Angst, Mylord , dachte Tyrion, die Mauer ist es nicht, die ich für Euch im Sinn habe. Er setzte sich auf einen hohen
Stuhl, der mit Kissen gepolstert war. »Ihr seht heute sehr elegant aus, Mylord.«
»Ihr verletzt mich. Ich bemühe mich, jeden Tag elegant auszusehen. «
»Ist das ein neues Wams?«
»Ja. Ihr seid außerordentlich aufmerksam.«
»Pflaumenblau und gelb. Sind das die Farben Eures Hauses?«
»Nein. Aber es langweilt einen am Ende, tagein, tagaus dieselben Farben zu tragen, finde ich.«
»Ihr habt auch ein hübsches Messer.«
»Ja?« Erneut funkelten Kleinfingers Augen belustigt. Er zog das Messer und betrachtete es beiläufig, als sähe er es zum ersten Mal. »Valyrischer Stahl und ein Heft aus Drachenknochen. Ein bisschen schlicht vielleicht. Es gehört Euch, wenn Ihr möchtet.«
»Mir?« Tyrion blickte ihn lange an. »Nein, ich glaube nicht.« Er weiß Bescheid, dieser unverschämte Kerl. Er weiß Bescheid und außerdem weiß er, dass ich Bescheid weiß. Und er glaubt, ich könne ihm nichts anhaben.
Wenn sich jemals ein Mann in Gold gerüstet hatte, dann war es Petyr Baelish und nicht Jaime Lennister. Jaimes berühmte Rüstung bestand lediglich aus vergoldetem Stahl, aber Kleinfinger, nun … Tyrion hatte eine Menge Dinge über den liebenswerten Petyr erfahren, die ihm wachsendes Unbehagen bereiteten.
Vor zehn Jahren hatte Jon Arryn Lord Petyr die Zollverwaltung in einem kleinen Lehen übertragen; dort tat dieser sich bald dadurch hervor, dass er die dreifache Summe an Steuern eintrieb als die anderen Steuereintreiber des Königs. König Robert war ein Verschwender gewesen. Ein Mann wie Petyr Baelish, der die Gabe besaß, zwei Golddrachen aneinanderzureiben und damit einen dritten hervorzuzaubern, war für seine Hand von unschätzbarem Wert. Kleinfinger hatte einen pfeilschnellen Aufstieg hinter sich. Drei Jahre,
nachdem er an den Hof geholt worden war, trug er den Titel Meister der Münze und war Mitglied des Kleinen Rates, und heute waren die Einnahmen der Krone zehn Mal so hoch wie unter seinem überlasteten Vorgänger … allerdings waren auch die Schulden der Krone enorm gewachsen. Petyr Baelish war ein meisterhafter Jongleur.
Oh, und gerissen war er. Er sammelte das Gold nicht einfach nur ein und verschloss es hinter den Türen der Schatzkammer, nein. Er bezahlte die Schulden des Hofes mit Schuldscheinen und ließ das Gold des Königs arbeiten. Er erstand Wagen, Läden, Schiffe, Häuser. Er kaufte Getreide, wenn die Ernte reich ausfiel, und verkaufte Brot, wenn Mangel herrschte. Er deckte sich mit Wolle aus dem Norden, Leinen aus dem Süden und Seide aus Lys ein, lagerte sie ein, verschob sie hin und her, ließ sie färben, veräußerte sie. Die Golddrachen vermehrten sich, und Kleinfinger lieh sie aus und holte sie mit Nachwuchs wieder heim.
Währenddessen brachte er seine eigenen Männer in Position. Alle vier Hüter der Schlüssel waren ihm treu ergeben. Den Zähler und
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