Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
Platz zum Tanzen zu schaffen. Die Musik wurde lebhafter, ein Trommler fiel mit ein, und Hother Umber holte ein riesiges, gekrümmtes Kriegshorn hervor, das mit Silberbändern verziert war. Als der Sänger jene Stelle in »Die Nacht, die endete« erreichte, wo die Nachtwache zur Schlacht um die Dämmerung gegen die Anderen auszieht, stieß er ins Horn, dass alle Hunde mit Gebell einfielen.
Zwei Männer der Glauers setzten zu einer wirbelnden Tonfolge auf Dudelsack und Harfe an. Mors Umber war als Erster auf dem Tanzboden. Er packte ein Dienstmädchen am Arm und stieß ihr den Weinkrug aus der Hand, der scheppernd auf dem Boden zerbrach. Zwischen Binsen und Knochen und Brotstücken, die überall auf dem Steinboden lagen, wirbelte er sie herum und warf sie in die Luft. Das Mädchen kreischte vor Vergnügen, drehte sich im Kreis und errötete, als ihr Rock in die Höhe flog.
Andere gesellten sich zu den beiden. Hodor tanzte für sich allein, während Lord Wyman die kleine Beth Cassel aufforderte. Trotz seines Umfangs bewegte er sich durchaus anmutig. Als er ermüdet war, nahm sich Cley Cerwyn statt seiner des Mädchens an. Ser Rodrik trat an Lady Hornwald heran, welche sich entschuldigte und verabschiedete. Bran sah der Höflichkeit willen noch eine Weile lang zu, dann ließ er Hodor rufen. Ihm war heiß, außerdem war er müde vom Wein, und der Tanz stimmte ihn traurig. Niemals würde er daran teilnehmen können. »Ich möchte gehen.«
»Hodor!«, rief Hodor und kniete sich hin. Maester Luwin und Heukopf hoben Bran in den Korb. Das Volk von Winterfell war diesen Anblick gewöhnt, doch zweifellos wirkte er auf viele der Gäste eigentümlich, und manche legten eher Neugier als Höflichkeit an den Tag. Bran spürte, wie sie ihn anstarrten.
Sie verließen die Halle durch den Hinterausgang, damit sie nicht den ganzen Raum durchqueren mussten. Bran zog den Kopf ein, als sie durch die Tür des Lords traten. Im Dämmerlicht des Gangs vor der Großen Halle stießen sie auf Joseth, den Pferdemeister, der mit einer gänzlich anderen Art des Reitens beschäftigt war. Er drückte eine Frau, die Bran nicht kannte und die die Röcke bis über die Taille hochgezogen hatte, an die Wand. Sie kicherte, bis Hodor vor ihr stehen blieb und zuschaute. Da begann sie zu schreien. »Lass sie in Ruhe«, sagte Bran, »bring mich auf mein Zimmer.«
Hodor trug ihn die Wendeltreppe zum Turm hinauf und kniete neben den Eisenstangen nieder, die Mikken in der Wand befestigt hatte. Daran hangelte sich Bran ins Bett, und Hodor zog ihm die Stiefel und die Hose aus. »Du kannst wieder zum Fest gehen, aber erschreck Joseth und diese Frau nicht noch einmal.«
»Hodor«, antwortete Hodor und nickte.
Nachdem Bran die Kerze neben seinem Bett ausgeblasen hatte, umfing ihn die Dunkelheit wie eine weiche, vertraute Decke. Der leise Klang der Musik drang durch die Fensterläden herein.
Plötzlich fiel ihm etwas ein, das ihm sein Vater einst erzählt hatte. Er hatte Lord Eddard gefragt, ob in der Königsgarde wirklich die besten Ritter der Sieben Königslande versammelt seien. »Heute nicht mehr«, hatte Vater geantwortet, »aber einst waren sie der Welt ein leuchtendes, bewundernswertes Vorbild.«
»Und wer war der beste von ihnen allen?«
»Der größte Ritter, den ich je kennengelernt habe, war Ser Arthur Dayn, der mit einer Klinge namens Dämmerung focht, die aus dem Herzen eines gefallenen Sterns geschmiedet war. Es wurde das Schwert des Morgens genannt, und er hätte damit getötet, wäre nicht Holand Reet gewesen.« Dann war Vater traurig geworden und hatte nichts mehr gesagt. Bran wünschte, er hätte gefragt, was er gemeint hatte.
So schlief er ein, während in seinem Kopf Bilder von Rittern in glänzenden Rüstungen kreisten, welche mit Schwertern fochten, die Sternenfeuer gleich leuchteten, aber als die Träume kamen, war er wieder einmal im Götterhain. Der Geruch aus der Küche und der Großen Halle war so stark, dass er fast dachte, er habe das Fest gar nicht verlassen. Er streifte zwischen den Bäumen umher, und sein Bruder war dicht bei ihm. In dieser Nacht herrschte keine Ruhe, denn das Menschenrudel heulte laut zu seinem Spiel. Der Lärm machte ihn unruhig. Er wollte laufen, jagen, er wollte …
Beim Rasseln von Eisen stellte er die Ohren auf. Sein Bruder hatte es ebenfalls gehört. Sie liefen durch das Unterholz auf das Geräusch zu. Nach einem Satz über das stille Wasser am Fuße des alten weißen Baumes witterte er den Geruch eines
Weitere Kostenlose Bücher