Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
entdeckt. Robin Flint, der ihre Vorhut bildete, kehrte im Galopp zurück und berichtete, er habe einen Wachposten mit einem Linsenrohr auf dem Dach einer Windmühle in der Ferne gesehen. Als Catelyns Trupp bei der Mühle ankam, war der Mann längst verschwunden. Sie setzten ihren Marsch fort und hatten kaum eine Meile hinter sich gebracht, als Renlys Vorreiter vor ihnen auftauchten, zwanzig Mann in Rüstung, angeführt von einem graubärtigen Ritter, dessen Überrock mit Blauhähern verziert war.
Nachdem dieser ihre Banner gesehen hatte, trabte er allein heran. »Mylady«, rief er, »ich bin Ser Kolja von Grünteichen. Ihr reist durch ein gefährliches Gebiet.«
»Wir kommen in einer dringenden Angelegenheit zu Euch«, antwortete sie. »Ich bin die Gesandte meines Sohnes, Robb Stark, dem König des Nordens, um mit Renly Baratheon, dem König des Südens, zu verhandeln.«
»König Renly wurde zum König aller Sieben Königslande gekrönt und gesalbt, Mylady«, gab Ser Kolja zurück, wenn auch höflich. »Seine Gnaden lagert mit seinem Heer bei Bitterbrück, wo die Rosenstraße den Mander kreuzt. Es wäre mir eine große Ehre, Euch zu ihm zu geleiten.« Der Ritter hob eine gepanzerte Hand, und seine Männer bildeten eine doppelte Reihe an den Flanken von Catelyn und ihrer Eskorte. Geleiten oder gefangen nehmen?, fragte sie sich. Doch musste sie wohl oder übel auf Ser Koljas Ehre und die Lord Renlys vertrauen.
Den Rauch der Feuer bemerkten sie bereits eine Stunde, bevor sie den Fluss erreichten. Dann vernahmen sie den Lärm, ein undeutliches Rauschen wie das eines fernen Meeres, das über die Bauernhöfe und Felder und die hügelige
Ebene hinweggrollte und lauter wurde, je näher sie kamen. Als sie schließlich vor dem schlammigen braunen Wasser des Manders standen, der in der Sonne glitzerte, konnten sie Stimmen von Männern ausmachen, Rasseln von Stahl, Wiehern von Pferden. Dennoch hatten weder Rauch noch Lärm sie auf das Heer selbst vorbereitet.
Tausende von Feuern füllten die Luft mit einem bleichen Dunst. Die Reihen der angepflockten Pferde erstreckten sich über Meilen. Gewiss hatte man für die vielen Fahnenstangen einen ganzen Wald gefällt. Große Belagerungsmaschinen standen entlang des Grassaums der Rosenstraße, Katapulte verschiedener Art und Sturmböcke auf Rollen. Die stählernen Spitzen von Piken flammten rot im Sonnenlicht auf, als wären sie bereits mit Blut beschmiert, während sich die Pavillons der Ritter und hohen Lords aus dem Gras erhoben wie seidene Pilze. Sie sah Männer mit Speeren und Männer mit Schwertern, Männer, die Stahlhelme und Kettenhemd trugen, Lagerhuren, die ihre Verführungskünste aufboten, Pfeilmacher, Fuhrleute auf Wagen, Schweinehirten, die ihre Tiere hüteten, Pagen, die Botschaften hin und her trugen, Knappen, die Schwerter wetzten, Ritter auf Zeltern, Stallburschen, die sich mit widerspenstigen Schlachtrössern abmühten. »Was für ein Furcht erregender Haufen«, bemerkte Ser Wendel Manderly, während sie die alte Steinbrücke überquerten, die Bitterbrück seinen Namen verlieh.
»In der Tat«, stimmte Catelyn zu.
Fast die gesamte Ritterschaft des Südens war Renlys Ruf gefolgt. Überall sah man die goldene Rose von Rosengarten: auf der rechten Brust von Kriegern und Dienern, auf grünen Seidenbannern, die Lanzen und Piken zierten, auf den Schilden, die vor den Pavillons der Söhne und Brüder und Vettern und Onkel des Hauses Tyrell hingen. Auch den Fuchs und die Blumen des Hauses Florent erspähte Catelyn, die roten und grünen Äpfel der Fossoweys, Lord Tarlys schreitenden Jägersmann, Eichenblätter für Eichenherz, Kraniche
für Kranich, eine Wolke schwarz-orangefarbener Schmetterlinge für die Mullendors.
Jenseits des Manders hatten die Sturmlords ihre Standarten aufgepflanzt – Renlys eigentliche Vasallen, die dem Hause Baratheon und Sturmkap verschworen waren. Catelyn entdeckte Bryk Carons Nachtigallen, die Federkiele von Fünfrosen und Lord Estermonts Meeresschildkröte, Grün auf Grün. Und für jeden Schild, den sie kannte, gab es ein Dutzend ihr fremde, die von kleineren Lords getragen wurden, welche wiederum den Vasallen den Treueeid geleistet hatten, dazu Heckenritter und freie Reiter, die in Scharen herbeigeeilt waren, um Renly Baratheons Anspruch auf den Königstitel die nötige Rückendeckung zu verleihen.
Hoch über allen anderen flatterte Renlys Banner im Wind. Auf dem höchsten Belagerungsturm, einem riesigen, fahrbaren Ungeheuer aus
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