Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
Kitzler und der Bluthund. Ser Amory, Ser Ilyn, Ser Meryn, König Joffrey, Königin Cersei.« Zu Hause in Winterfell hatte Arya mit ihrer Mutter in der Septe und mit ihrem Vater im Götterhain gebetet, doch auf der Straße nach Harrenhal gab es keine Götter, und diese Namen waren das einzige Gebet, das sie sich merken wollte.
Jeden Tag mussten sie marschieren, jede Nacht sagte sie
die Namen auf, bis endlich der Wald lichter wurde und einer Landschaft mit sanften Hügeln, mäandernden Bächen und sonnenbeschienenen Feldern wich, aus der die Hülsen niedergebrannter Burgen wie verfaulte Zähne aufragten. Noch einen Tagesmarsch dauerte es, bevor sie einen ersten Blick auf die Türme von Harrenhal werfen konnten, die sich in der Ferne dicht am blauen Wasser des Sees abzeichneten.
In Harrenhal würde es besser werden, versicherten sich die Gefangenen gegenseitig, allerdings war Arya sich dessen nicht so sicher. Sie erinnerte sich an die Geschichten der Alten Nan über die Burg, die auf Furcht erbaut worden war. Harren der Schwarze hatte Menschenblut in den Mörtel gemischt, erzählte die Alte Nan immer und senkte dabei die Stimme, sodass die Kinder sich vorbeugen mussten, um sie zu verstehen, aber Aegons Drachen hatten Harren und seine Söhne im Inneren der riesigen Steinmauern verbrannt. Arya kaute auf der Unterlippe, während sie einen schwieligen Fuß vor den anderen setzte. Nicht mehr weit, sagte sie sich; die Türme waren nur noch ein paar Meilen entfernt.
Dennoch sollte noch ein ganzer Tag verstreichen, und der größte Teil des nächsten, bis sie endlich die Vorposten von Lord Tywins Armee erreichten, die westlich der Burg in den verkohlten Ruinen einer Stadt hausten. Harrenhal täuschte den Beobachter aus der Ferne, weil es so riesig war. Seine kolossalen Außenmauern erhoben sich am See, nackt und steil wie eine Felswand, während oben auf den Wehrgängen die Reihen von Skorpionen aus Holz und Eisen so klein wirkten wie die Spinnentiere, nach denen sie benannt waren.
Der Gestank des Lennisterheeres stieg Arya in die Nase, lange bevor sie die Wappen auf den Bannern entlang des Seeufers erkennen konnten. Dem Geruch nach musste sich Lord Tywin bereits eine Weile lang hier aufhalten. Die Latrinen um das Lager flossen über und waren von Fliegen umschwärmt, und sie sah schwachen grünen Flaum auf vielen der angespitzten Pfähle, die die Schutzzäune bildeten.
Das Torhaus von Harrenhal war so groß wie Winterfells großer Bergfried; die Steine waren gesprungen und verwittert. Von außen waren nur die Spitzen der riesigen Türme hinter den Mauern zu erkennen. Der kleinste von ihnen war doppelt so hoch wie der größte von Winterfell, aber sie schienen gar nicht wirklich in die Höhe zu streben. Arya erinnerten die Türme an die knotigen Finger eines alten Mannes, die nach einer vorbeiziehenden Wolke greifen. Sie dachte daran, dass die Alte Nan ihr erzählt hatte, der Stein sei geschmolzen und die Stufen hinuntergeflossen wie Kerzenwachs, als würde er glühend rot nach Harrens Versteck suchen. Arya glaubte ihr jetzt jedes Wort; jeder der Türme wirkte grotesk und unförmig, verbogen und zerlaufen.
»Ich will da nicht hinein«, kreischte Heiße Pastete, als sich die Tore vor ihnen öffneten. »Da drin gibt es Gespenster.«
Chiswyck hörte ihn, doch diesmal lächelte er nur. »Bäckerjunge, du hast die Wahl: Gesell dich zu den Gespenstern oder werde selbst eins.«
Heiße Pastete ging mit den anderen hinein.
Im hallenden Inneren eines Badehauses, das aus Balken und Steinen gebaut war, mussten sich die Gefangenen ausziehen und sich in Wannen mit brühend heißem Wasser abschrubben. Zwei Furcht erregende alte Frauen führten die Aufsicht und unterhielten sich über die Neuankömmlinge wie über neuerworbene Esel. Dann war Arya an der Reihe, und Gevatterin Amabel schnalzte angesichts des Zustandes ihrer Füße entsetzt mit der Zunge, während Gevatterin Harra die Schwielen an ihren Händen befühlte, die vom Üben mit Nadel herrührten. »Die hast du vom Butterstampfen, möchte ich wetten«, sagte sie. »Ein Bauernmädchen, nicht wahr? Nun, macht nichts, Mädchen, hier kannst du es zu mehr bringen, wenn du hart arbeitest. Und wenn du faul bist, bekommst du Schläge. Wie heißt du?«
Arya wagte ihren richtigen Namen nicht zu verraten, doch Arry taugte nun auch nicht mehr, denn das war ein Jungenname,
und hier im Bad war ihre Weiblichkeit nicht zu übersehen. »Wiesel.« Das fiel ihr als Erstes ein. »Lommy hat mich
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