Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
geliebten herben Roten, bis er drei Mal so kräftig war wie gewöhnlich. Dieser stinkende Dummkopf hat ihn genossen. Er hätte jederzeit aufhören können, aber nein, er hat den ersten Schlauch ausgetrunken und ließ sich von Lancel einen zweiten bringen. Der Keiler hat schließlich das seinige dazu beigetragen. Du hättest bei dem Fest dabei sein sollen, Tyrion. Kein anderes Schwein hat mir je so gemundet. Sie haben den Keiler mit Pilzen und Äpfeln gebraten, und sein Geschmack war voller Triumph.«
»Wahrlich, Schwester, du bist die geborene Witwe.« Tyrion hatte Robert Baratheon gemocht, wenn er auch ein großer Dummkopf gewesen war … ohne Zweifel deshalb, weil seine Schwester ihn dazu gemacht hatte. »Wenn ich jetzt also alle mir zustehenden Ohrfeigen erhalten habe, werde ich dich verlassen.« Er reckte die Beine und kletterte unbeholfen von dem Stuhl.
Cersei legte die Stirn in Falten. »Ich habe dir noch nicht die Erlaubnis erteilt, zu gehen. Ich will wissen, auf welche Weise du Jaime zu befreien gedenkst.«
»Ich erzähle es dir, wenn ich es weiß. Pläne sind wie Obst, sie brauchen Zeit zum Reifen. Im Augenblick möchte ich zunächst einmal durch die Stadt reiten und sie mir anschauen.« Tyrion legte die Hand auf den Kopf der Sphinx neben der Tür. »Eine letzte Bitte. Sorge freundlicherweise dafür, dass der kleinen Sansa Stark kein Leid geschieht. Es wäre nicht gut, beide Töchter zu verlieren.«
Draußen vor dem Ratssaal nickte Tyrion Ser Mandon zu und begab sich auf den Weg durch den langen Gang mit den Deckengewölben. Bronn gesellte sich an seine Seite. Von Timett, Sohn des Timett, war nichts zu sehen. »Wo ist unsere Rote Hand?«, fragte Tyrion.
»Er hat den Drang verspürt, sich ein wenig umzuschauen. Menschen seines Schlages wurden nicht dazu geschaffen, in Korridoren herumzustehen.«
»Hoffentlich tötet er niemanden von Rang.« Die Stammesleute, die Tyrion aus ihren Festen in den Mondbergen mitgebracht hatte, waren ihm in ihrer grimmigen Weise treu ergeben, doch sie waren ebenso stolz und streitsüchtig und neigten dazu, jede tatsächliche oder eingebildete Beleidigung mit Stahl zu vergelten. »Versuche, ihn zu finden. Und während du das tust, kümmere dich darum, dass der Rest Unterkunft und Verpflegung erhält. Sie sollen in der Kaserne unter dem Turm der Hand untergebracht werden, aber der Haushofmeister soll die Felsenkrähen nicht bei den Mondbrüdern einquartieren, und sag ihm, die Brandmänner bräuchten einen Raum für sich allein.«
»Wo werdet Ihr Euch aufhalten?«
»Ich reite zurück zum Gebrochenen Amboss.«
Bronn grinste unverschämt. »Braucht Ihr eine Eskorte? Dem Gerede nach sind die Straßen unsicher.«
»Ich werde den Hauptmann der Leibgarde meiner Schwester
daran erinnern, dass ich nicht weniger ein Lennister bin als sie. Er hatte seinen Eid auf Casterlystein geschworen, und nicht auf Cersei oder Joffrey.«
Eine Stunde später ritt Tyrion los, eskortiert von einem Dutzend Gardisten in roten Umhängen und mit dem Wappen des Löwen auf den Halbhelmen. Während sie das Fallgatter passierten, bemerkte er die Köpfe auf den Mauern. Schwarz von Verwesung und altem Teer, konnte man sie seit langem kaum mehr erkennen. »Hauptmann Vylarr«, rief er, »ich wünsche, dass die Köpfe morgen heruntergeholt werden. Übergebt sie den Schweigenden Schwestern, damit sie gewaschen werden.« Es würde eine scheußliche Arbeit sein, die dazu passenden Leichen zu finden, dennoch durfte man es auch in Zeiten des Krieges an einem gewissen Anstand nicht fehlen lassen.
Vylarr zögerte. »Seine Gnaden hat uns gesagt, er wolle die Köpfe auf der Mauer belassen sehen, bis die drei letzten Spitzen dort am Ende besetzt seien.«
»Ich will es einmal mit Raten versuchen: Die eine ist für Robb Stark, die beiden anderen sind für die Lords Stannis und Renly. Habe ich Recht?«
»Ja, Mylord.«
»Am heutigen Tag hat mein Neffe sein dreizehntes Lebensjahr beendet, Vylarr. Vergesst das nicht. Entweder sind die Köpfe morgen verschwunden oder einer der leeren Spieße hat einen anderen Inhaber gefunden. Habe ich mich verständlich ausgedrückt, Hauptmann?«
»Ich werde mich selbst darum kümmern, Mylord.«
»Gut.« Tyrion gab seinem Pferd die Sporen, trabte davon und überließ es den Rotröcken, ihm so weit wie möglich zu folgen.
Cersei hatte er gesagt, er beabsichtige, die Lage in der Stadt einzuschätzen. Dabei handelte es sich nicht ausschließlich um eine Lüge. Tyrion Lennister gefiel nicht
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