Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
der ihm den Rücken zukehrte. Der Wirt, nahm er an … bis Shae Tyrion beim Namen rief und der Unbekannte sich erhob. »Mein edler Lord, ich bin so froh, Euch zu sehen«, stieß er überschwänglich hervor und zeigte das weiche Lächeln eines Eunuchen auf seinem gepuderten Gesicht.
Tyrion stockte. »Lord Varys. Ich habe Euch hier nicht erwartet. « Mögen die Anderen ihn holen, wie hat er sie so schnell gefunden?
»Vergebt mir meine Aufdringlichkeit«, entschuldigte sich Varys. »Mich trieb der plötzliche Drang, Eure junge Lady kennenzulernen.«
»Junge Lady«, wiederholte Shae und ließ sich die Worte auf der Zunge zergehen. »Zur Hälfte habt Ihr Recht, M’lord. Ich bin jung.«
Achtzehn , dachte Tyrion. Achtzehn, und eine Hure, mit wachem Verstand, geschickt wie eine Katze zwischen den Laken, mit großen dunklen Augen und feinem schwarzen Haar und einem süßen, sanften, hungrigen kleinen Mund … und sie gehört mir! Sei verdammt, Eunuch. »Ich fürchte, ich bin der Aufdringliche, Lord Varys«, erwiderte er mit gezwungener Höflichkeit. »Als ich eintrat, ging es am Tische gerade höchst fröhlich zu.«
»M’lord Varys hat Chella zu ihren Ohren beglückwünscht und gesagt, sie müsse viele Männer getötet haben, um so eine schöne Kette zu haben«, erklärte Shae ihm. Es gefiel
ihm gar nicht, wie Shae Varys in diesem Ton M’lord nannte; so nannte sie ihn immer bei ihren Spielchen in den Federn. »Und Chella hat ihm gesagt, nur Feiglinge würden die Besiegten töten.«
»Tapferer ist es, den Mann leben zu lassen, damit er Gelegenheit finden kann, die Schande auszulöschen, indem er sich sein Ohr zurückholt«, erläuterte Chella, eine kleine dunkle Frau, die an einer grausigen Kette um den Hals nicht weniger als sechsundvierzig getrocknete, schrumpelige Ohren trug. Irgendwann hatte Tyrion sie gezählt. »Allein auf diese Weise kann man beweisen, dass man seine Feinde nicht fürchtet.«
Shae johlte. »Und M’lord hat gesagt, wenn er ein Schwarzohr wäre, würde er niemals schlafen, weil er bestimmt von einohrigen Männern träumen würde.«
»Nun, diesem Problem werde ich mich niemals stellen müssen«, warf Tyrion ein. »Ich fürchte meine Feinde, und deshalb töte ich sie alle.«
Varys kicherte. »Werdet Ihr ein wenig Wein mit uns trinken, Mylord?«
»Gewiss doch.« Tyrion setzte sich neben Shae. Wenn Chella und das Mädchen auch nicht begriffen, was hier vor sich ging, er verstand es sehr gut. Varys überbrachte eine Botschaft. Als er sagte: Mich trieb der plötzliche Drang, Eure junge Lady kennenzulernen, meinte er: Ihr habt versucht, sie zu verstecken, aber ich wusste, wo sie sich aufhielt und wer sie ist. Und jetzt bin ich hier. Er fragte sich, wer ihn verraten hatte. Der Gastwirt, der Stallbursche, eine Wache am Tor … oder einer seiner eigenen Leute?
»Ich reite stets gern durch das Tor der Götter in die Stadt ein«, erzählte Varys Shae, während er die Becher neu füllte. »Die Reliefs am Torhaus sind wunderschön, und jedes Mal muss ich weinen, wenn ich sie sehe. Die Augen … sie sind so ausdrucksvoll, findet Ihr nicht auch? Sie scheinen einem zu folgen, wenn man unter dem Fallgatter hindurchreitet.«
»Mir sind sie noch nie aufgefallen, M’lord«, entgegnete Shae. »Morgen werde ich sie mir ansehen, falls es Euch gefällt. «
Die Mühe kannst du dir sparen, meine Süße, dachte Tyrion und schwenkte den Wein in seinem Becher. Die Reliefs interessieren ihn überhaupt nicht. Die Augen, mit denen er prahlt, sind seine eigenen. Er will nur sagen, dass er uns beobachtet hat, dass er von unserer Ankunft wusste, seit wir das Tor passiert haben.
»Seid vorsichtig, Kind«, warnte Varys sie. »Königsmund ist in diesen Tagen kein sicheres Pflaster. Ich kenne die Straßen sehr gut, und dennoch habe ich mich fast gefürchtet, heute herzukommen, allein und ohne Waffen. In diesen dunklen Zeiten treiben sich überall gesetzlose Männer herum, o ja. Männer mit kaltem Stahl und noch kälteren Herzen.« Wo ich allein und ohne Waffen erscheinen kann, können auch andere mit Schwertern in den Händen auftauchen , wollte er sagen.
Shae lachte nur. »Wenn sie mich belästigen wollen, haben sie schnell ein Ohr weniger, wenn Chella mit ihnen fertig ist.«
Varys gackerte, als wäre dies der lustigste Scherz, den er je gehört hatte, doch in seinen Augen zeigte sich keine Fröhlichkeit, als er den Blick auf Tyrion richtete. »Eure junge Lady ist so liebenswert. An Eurer Stelle würde ich gut auf sie
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