Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
an sich nehmen wollte, doch der Bulle riet ihm, die Toten lieber in Frieden zu lassen. Etliche Meilen später zeigte Praed auf weitere frische Gräber, eine ganze Reihe diesmal. Danach verging kaum ein Tag, ohne dass sie an einem Grabhügel vorbeikamen.
Einmal wachte Arya im Dunkeln auf und verspürte eine Furcht, deren Ursprung sie nicht begriff. Über ihnen teilte sich das Rote Schwert den Himmel mit tausend Sternen. Die Nacht erschien ihr eigentümlich ruhig, obgleich sie Yorens Schnarchen,
das Prasseln des Feuers und auch das leise Scharren der Esel hörte. Dennoch hatte sie das Gefühl, die Welt halte den Atem an, und angesichts dieser Stille schauderte es sie. Sie umklammerte Nadel und schlief wieder ein.
Darauf folgte der Morgen, an dem Praed nicht mehr aufstand, und Arya begriff, dass sie sein Husten vermisst hatte. Jetzt hoben sie selbst ein Grab aus und bestatteten den Söldner an der Stelle, wo er geschlafen hatte. Yoren nahm ihm seine Wertsachen ab, bevor sie ihn mit Erde bedeckten. Ein Mann beanspruchte seine Stiefel für sich, ein anderer den Dolch. Das Kettenhemd und der Helm wurden verteilt. Das Langschwert überreichte Yoren dem Bullen. »Arme wie deine können vielleicht lernen, es zu schwingen«, sagte er. Ein Junge namens Tarber warf Eicheln auf Praeds Leiche, damit dort eine Eiche wachsen möge, um das Grab kenntlich zu machen.
Abends hielten sie in einem Dorf an einem von Efeu überwucherten Gasthaus. Yoren zählte seine Münzen und entschied, er habe genug Geld, damit sie sich alle eine warme Mahlzeit leisten konnten. »Wie immer schlafen wir draußen, aber sie haben ein Badehaus, falls einem von euch der Sinn nach heißem Wasser und Seife steht.«
Arya wagte es nicht, obwohl sie bereits genauso übel roch wie Yoren. Einige der Tierchen, die in ihrer Kleidung ein Heim gefunden hatten, begleiteten sie schon seit Königsmunds Armenviertel, dem Flohloch; es erschien ihr falsch, sie jetzt zu ertränken. Tarber und Heiße Pastete und der Bulle stellten sich in der Reihe vor den Badewannen an. Andere lagerten vor dem Badehaus. Der Rest drängte sich in den Schankraum. Yoren schickte sogar Lommy mit Krügen für die drei los, die noch immer auf einem der Wagen angekettet waren.
Ob sauber oder ungewaschen, alle genossen die warme Pastete mit Schweinefleisch und die Bratäpfel. Der Wirt gab eine Runde Bier auf Kosten des Hauses aus. »Ich hatte einen
Bruder, der vor Jahren das Schwarz angelegt hat. Ein Dienstbote, ein kluger Junge, aber eines Tages wurde er dabei erwischt, wie er Pfeffer von M’lords Tafel stibitzt hat, und Ser Malcolm war ein harter Mann. Bekommt Ihr Pfeffer auf der Mauer?« Auf Yorens Kopfschütteln hin seufzte der Mann. »Schade. Lync mochte Pfeffer so gern.«
Arya nippte zwischen Bissen der noch warmen Pastete vorsichtig an ihrem Bier. Ihr Vater hatte ihr manchmal ebenfalls einen Becher erlaubt, erinnerte sie sich. Sansa hatte stets nur das Gesicht verzogen und behauptet, Wein schmecke so viel feiner, aber Arya hatte es gemocht. Der Gedanke an Sansa und ihren Vater erfüllte sie mit Traurigkeit.
Im Gasthaus wimmelte es von Menschen, die nach Süden unterwegs waren, und überall im Schankraum wurden höhnische Bemerkungen laut, als Yoren verkündete, sie zögen in die andere Richtung. »Ihr werdet bald wieder auf dem Rückweg sein«, versprach ihm der Wirt. »Nach Norden gibt es kein Durchkommen. Die Hälfte aller Felder ist abgebrannt, und wer sich dort oben noch herumtreibt, hat sich hinter die Mauern der Burgen verkrochen. Wenn eine Truppe in der Morgendämmerung abzieht, taucht bei Einbruch der Nacht die nächste auf.«
»Uns kann das gleichgültig sein«, beharrte Yoren stur. »Tully oder Lennister, welche Rolle spielt das schon? Die Nachtwache ergreift für niemanden Partei.«
Lord Tully ist mein Großvater , dachte Arya. Ihr war es keinesfalls gleichgültig, aber sie biss sich lediglich auf die Unterlippe, schwieg und lauschte.
»Es geht um mehr als nur um Lennister oder Tully«, erwiderte der Wirt. »Aus den Mondbergen sind die Wilden heruntergekommen, und denen könnt Ihr ja mal erzählen, dass Ihr keine Partei ergreift. Und die Starks haben sich ebenfalls eingemischt, der junge Lord, der Sohn der toten Hand …«
Arya setzte sich kerzengerade hin und spitzte die Ohren. Meinte er etwa Robb?
»Ich habe gehört, der Junge reitet auf einem Wolf in die Schlacht«, sagte ein Kerl mit gelblichem Haar, der einen Krug in der Hand hielt.
»Törichtes Gerede.« Yoren
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