Das Lied von Eis und Feuer 03 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 03 - A Clash of Kings (Pages 1-332)
Winterfell, ein richtiger Lord, und er kann nicht behaupten, dass das nicht stimmt. Als die Walders aus den Zwillingen eingetroffen waren, war es Rickon gewesen, der sie fortgewünscht hatte. Er war erst vier und schrie nach Mutter und Vater und Robb, aber diese Fremden wollte er nicht sehen. Bran hatte ihn trösten und die Freys begrüßen müssen. Er hatte ihnen Fleisch und Met und einen warmen Platz am Feuer angeboten, und sogar Maester Luwin hatte ihn hinterher dafür gelobt.
Aber das war vor dem Spiel.
Für das Spiel brauchte man einen Baumstamm, einen kräftigen Stab und ein kleines Gewässer. Das laute Geschrei ergab sich dann von selbst. Immerhin war das Wasser das Wichtigste, versicherten Walder und Walder ihm. Man konnte statt des Baumstammes auch eine Bohle oder eine Reihe großer Steine nehmen oder statt eines Stabes einen Ast. Schreien musste man auch nicht unbedingt. Aber ohne Wasser war das Spiel sinnlos. Da Maester Luwin und Ser Rodrik die Kinder nicht in den Wolfswald begleiten wollten, wo es Bäche gab, mussten sie sich mit den trüben Tümpeln im Götterhain begnügen. Walder und Walder hatten niemals zuvor heißes Wasser gesehen, das blubbernd aus dem Boden quoll, doch die beiden meinten, dadurch würde das Spiel nur noch spannender.
Beide hießen Walder Frey. Der große Walder meinte, auf den Zwillingen gäbe es jede Menge Walders, die alle nach ihrem Großvater Lord Walder Frey benannt waren. »Auf Winterfell haben wir unsere eigenen Namen«, erklärte Rickon ihnen hochmütig, als er das hörte.
Man legte also einen Baumstamm über das Wasser, und einer der Spieler stellte sich mit seinem Stab darauf. Er war damit der Lord vom Kreuzweg, und wenn die anderen den Baumstamm betraten, musste er sagen: »Ich bin der Lord
vom Kreuzweg, wer naht?« Die Mitspieler mussten eine Rede halten und erzählen, wer sie waren und weshalb ihnen gestattet werden sollte, zu passieren. Der Lord konnte verlangen, ihm Eide zu schwören und seine Fragen zu beantworten. Sie brauchten nicht unbedingt die Wahrheit zu sagen, aber die Eide waren bindend, solange man nicht »vielleicht« sagte. Also bestand der Kniff darin, ein »Vielleicht« unterzubringen, ohne dass der Lord vom Kreuzweg es bemerkte. Dann durfte man versuchen, den Lord ins Wasser zu stoßen, und wurde selbst Lord, aber nur, wenn man »vielleicht« gesagt hatte. Sonst war man draußen. Der Lord durfte jeden ins Wasser stoßen, wann immer es ihm gefiel, und er war der Einzige, der einen Stock bekam.
So endete das Spiel stets mit Schubsen, Schlagen und einem Sturz ins Wasser, wozu sich laute Auseinandersetzungen darüber gesellten, ob jemand »vielleicht« gesagt hatte oder nicht. Der kleine Walder war am häufigsten Lord vom Kreuzweg.
Er hieß der kleine Walder, obwohl er groß und stämmig war und einen dicken, runden Bauch hatte. Der große Walder hatte ein dünnes, scharfes Gesicht und war mager und einen halben Fuß kleiner. »Er ist zweiundfünfzig Tage älter als ich«, erklärte der kleine Walder, »deshalb war er anfangs größer, aber ich bin schneller gewachsen.«
»Wir sind Vettern«, verkündete der große Walder, »und auch nicht die einzigen Walders. Ser Stevron hat einen Enkel, den Schwarzen Walder, und er steht an vierter Stelle in der Erbfolge, und dann gibt es noch den Roten Walder, Ser Emmons Sohn, und den Bastard Walder, der überhaupt keinen Anspruch auf den Titel hat. Er wird Walder Strom genannt und nicht Walder Frey. Und ein Mädchen heißt Walda.«
»Und Tyr. Immer vergisst du Tyr.«
»Er heißt Wal tyr , nicht Walder«, fügte der große Walder hinzu. »Er kommt nach uns, deshalb spielt er keine Rolle. Und ich mag ihn auch nicht.«
Ser Rodrik bestimmte, dass sie sich Jon Schnees altes Zimmer teilen sollten, da Jon schließlich bei der Nachtwache war und niemals zurückkehren würde. Bran hasste diesen Gedanken; er hatte das Gefühl, die Freys würden sich Jons Platz erschleichen.
Wehmütig hatte er zugeschaut, wie sich die Walders mit Turnip, dem Küchenjungen und Joseths Töchtern Bandy und Shyra maßen. Die Walders machten Bran zum Schiedsrichter, der entscheiden sollte, ob jemand »vielleicht« gesagt hatte oder nicht, aber sobald das Spiel begann, vergaßen sie ihn ganz einfach.
Die Rufe und das Platschen riefen weitere Kinder auf den Plan: Palla, das Mädchen, das sich um die Hunde kümmerte, Cayns Sohn Calon, TomToo, dessen Vater, der dicke Tom, mit Brans Vater in Königsmund gestorben war. Es dauerte nicht lange,
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