Das Lied von Eis und Feuer 04 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 04 - A Clash of Kings (Pages 332-728)
Toten und Sterbenden gefunden haben, waren Eure Wunden verschmutzt. Eine Rippe habt Ihr auch gebrochen, das werdet Ihr sicherlich noch spüren, vermutlich von einem Morgenstern oder von einem Sturz, schwer zu sagen. Und im Arm steckte ein Pfeil, oben am Schultergelenk. Dort haben wir Zeichen von Wundbrand gefunden und ich fürchtete eine Zeit lang, ich müsste den Arm abnehmen, doch ich habe die Wunde mit kochendem Wein und Maden behandelt, und jetzt scheint sie offenbar sauber zu verheilen …«
»Name«, keuchte Tyrion. » Name .«
Der Maester blinzelte. »Nun, Ihr seid Tyrion Lennister, Mylord. Der Bruder der Königin. Erinnert Ihr Euch an die Schlacht? Manchmal gibt es bei Kopfwunden …«
»Euer Name.« Seine Kehle war rau, seine Zunge hatte vergessen, wie man Wörter bildet.
»Ich bin Maester Ballabar.«
»Ballabar«, wiederholte Tyrion. »Bringt mir. Spiegel.«
»Mylord«, antwortete der Maester, »ich würde Euch nicht raten … das wäre, äh, nicht weise, wenn Ihr … Eure Wunden …«
»Bringt ihn her« , musste er sagen. Sein Mund war steif und schmerzte, als hätte ihm ein Hieb die Lippe aufgeschlagen. »Und zu trinken. Wein. Keinen Mohn.«
Der Maester erhob sich mit rotem Gesicht und eilte davon. Er kehrte mit einer Karaffe bernsteinfarbenem Wein und einem kleinen Silberspiegel mit goldenem Schmuckrahmen zurück. Nachdem er sich auf die Bettkante gesetzt hatte, goss er einen Becher halb voll Wein und hielt ihn Tyrion an die geschwollenen Lippen. Kühl rann es dem die Kehle hinunter, obwohl er kaum etwas schmecken konnte. »Mehr«, sagte er, als der Becher leer war. Maester Ballabar schenkte erneut ein. Nach dem zweiten Becher fühlte sich Tyrion Lennister stark genug, sein Gesicht zu betrachten.
Er drehte den Spiegel um und wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Die Wunde war lang und schief; sie begann knapp unter seinem linken Auge und endete auf der rechten Seite seines Kinns. Drei Viertel seiner Nase fehlten, ebenso wie ein Stück der Lippe. Jemand hatte das aufgerissene Fleisch mit Katzendarm zusammengenäht, und die unbeholfenen Stiche konnte man entlang der roten, halb verheilten Narbe gut erkennen. »Hübsch«, krächzte er und warf den Spiegel zur Seite.
Jetzt erinnerte er sich. Die Brücke aus Schiffen, Ser Mandon Moor, eine Hand, ein Schwert, das auf sein Gesicht zufuhr. Wenn ich den Kopf nicht zurückgezogen hätte, wäre mir von diesem Hieb der halbe Schädel abgeschlagen worden. Jaime hatte immer gesagt, Ser Mandon sei der gefährlichste Mann der Königsgarde, weil seine toten leeren Augen seine Absichten nicht verrieten. Ich hätte keinem von ihnen trauen dürfen. Natürlich hatte er gewusst, dass Ser Meryn und Ser Boros auf der Seite seiner Schwester standen, und später auch Ser Osmund,
doch er hatte nicht glauben mögen, dass die anderen auch keine Ehre im Leib hatten. Cersei muss ihn bezahlt haben, damit ich aus der Schlacht nicht lebend zurückkehre. Warum sonst? Ich habe Ser Mandon meines Wissens nach nie ein Leid zugefügt. Tyrion berührte das geschwollene Fleisch mit seinen dicken Stummelfingern. Noch ein Geschenk von meiner lieben Schwester.
Der Maester stand neben ihm, fluchtbereit wie eine Gans. »Mylord, es … vermutlich wird eine Narbe zurückbleiben …«
»Vermutlich?« Er lachte schnaubend und zuckte vor Schmerz zusammen. Mit Sicherheit würde eine Narbe zurückbleiben. Vermutlich würde auch seine Nase in nächster Zeit nicht einfach nachwachsen. Gut, auch vorher war sein Gesicht kein hübscher Anblick gewesen. »Lehrt mich, nicht mit Äxten, zu spielen.« Sein Grinsen spannte die Haut. »Wo, sind wir? An, welchem Ort?« Das Sprechen tat weh, doch Tyrion hatte zu lange geschwiegen.
»Äh, Ihr seid in Maegors Feste, Mylord. In einer Kammer über dem Ballsaal der Königin. Ihre Gnaden wollten Euch in der Nähe wissen, damit sie selbst über Euch wachen kann.«
Ich wette, das hat sie auch getan . »Bringt mich zurück«, befahl Tyrion. »In mein eigenes Bett. In mein eigenes Zimmer.« Wo ich von meinen eigenen Männern umgeben bin und meinen eigenen Maester habe, wenn ich einen finde, dem ich vertrauen kann.
»Euer eigenes … Mylord, das wird wohl kaum möglich sein. Die Hand des Königs hat sich in Euren früheren Gemächern niedergelassen.«
»Ich. Bin . Die Hand. Des Königs.« Das Sprechen erschöpfte ihn, und was er hörte, verwirrte ihn nur.
Maester Ballabar wirkte betrübt. »Nein, Mylord, ich … Ihr wart verwundet, dem Tode nahe. Euer
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