Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1)
ließ es über den Schattenwolf trampeln, während er zum Tor ritt. Andere folgten seinem Beispiel. Das sind Männer, die mit Edmure gemeinsam an den Furten gekämpft haben, dachte sie. Was könnte sie so verärgert haben? Hat mein Bruder sie geschmäht oder irgendwie beleidigt? Sie glaubte Ser Perwyn Frey zu erkennen, der mit ihr nach Bitterbrück und Sturmkap gereist war, und seinen Bastard-Halbbruder Martyn Strom dazu, von ihrer Position aus war das jedoch nicht genau auszumachen. Fast vierzig Mann ritten zum Burgtor hinaus, aus welchem Grund, wusste sie nicht.
Sie kehrten nicht zurück. Und Maester Vyman war nicht bereit, ihr zu verraten, um wen es sich handelte, wohin sie gezogen waren oder was sie so sehr erzürnt hatte. »Ich bin hier, um nach Eurem Vater zu schauen, und nur darum, Mylady«, sagte er. »Euer Bruder wird bald der Lord von Schnellwasser sein. Was er Euch wissen lassen will, muss er Euch selbst mitteilen.«
Doch nun war Robb aus dem Westen zurückgekehrt, und zwar im Triumph. Er wird mir verzeihen, redete sich Catelyn ein. Er muss mir verzeihen, er ist mein eigener Sohn, und Arya und Sansa sind genauso sehr mein eigen Blut wie er. Nachdem er mich aus diesen Gemächern befreit hat, werde ich erfahren, was vorgefallen ist.
Als Ser Desmond kam, hatte sie gebadet, sich angekleidet und ihr rotbraunes Haar gekämmt. »König Robb ist aus dem Westen zurück, Mylady«, verkündete der Ritter, »und befiehlt
Euch, ihm in der Großen Halle Eure Aufwartung zu machen.«
Von diesem Augenblick hatte sie geträumt, vor diesem Augenblick hatte sie sich gefürchtet. Habe ich zwei Söhne verloren oder drei? Bald würde sie es wissen.
Die Halle war voller Menschen, als sie eintrat. Alle Blicke waren auf das Podest gerichtet, doch Catelyn erkannte auch die Rücken der Anwesenden: Lady Mormonts geflicktes Kettenhemd, den Großjon und seinen Sohn, die alle anderen im Raum überragten, Lord Jason Mallister mit seinen weißen Haaren und dem geflügelten Helm unter dem Arm, Tytos Schwarzhain in seinem prächtigen Rabenfedermantel ... Die Hälfte von ihnen wird mich sofort hängen wollen. Die andere Hälfte wird lediglich die Augen abwenden. Dabei beschlich sie das unbehagliche Gefühl, dass jemand Wichtiges fehlte.
Robb stand auf dem Podest. Er ist kein Junge mehr, erkannte sie und verspürte einen schmerzhaften Stich. Sechzehn ist er jetzt, ein erwachsener Mann. Sieh ihn dir nur an. Der Krieg hatte die Weichheit aus seinem Gesicht vertrieben und ihn hart und hager gemacht. Er hatte sich den Bart abrasiert, doch sein rötlich braunes Haar fiel ihm ungeschnitten auf die Schultern. Im Regen der letzten Tage war seine Rüstung gerostet und hatte braune Flecken auf seinem weißen Mantel und dem Wappenrock hinterlassen. Oder vielleicht waren es auch Blutflecken. Auf seinem Kopf saß die Schwerterkrone, die für ihn aus Bronze und Eisen geschmiedet worden war. Inzwischen sitzt sie ihm bequemer auf dem Kopf. Er trägt sie wie ein König.
Edmure stand vor dem Podest und neigte bescheiden den Kopf, während Robb ihn für seinen Sieg lobte. »... bei der Steinmühle fiel, soll niemals vergessen werden. Wen wundert es, dass Lord Tywin davongerannt ist, um gegen Stannis zu kämpfen. Er hatte die Nase voll von Nordmännern und Flussmännern.« Damit lockte er Gelächter und beifällige Rufe hervor, doch Robb hob die Hand und bat um Ruhe. »Lasst Euch trotzdem nicht täuschen. Die Lennisters werden wieder
angreifen, und es gilt noch weitere Schlachten zu gewinnen, ehe das Königreich gesichert ist.«
Der Großjon brüllte: » Der König des Nordens! « und reckte die gepanzerte Faust in die Luft. Die Flusslords antworteten mit: » Der König des Tridents! « Die Halle war erfüllt vom Stampfen der Füße und vom Dröhnen der Fäuste.
Inmitten des Tumults bemerkten nur wenige Anwesende Catelyn und Ser Desmond, und diese wenigen stießen ihre Nachbarn mit dem Ellbogen an, sodass sich langsam Stille um Catelyn herum ausbreitete. Sie hielt den Kopf hoch erhoben und ignorierte die Blicke. Sollen sie denken, was sie wollen. Allein Robbs Urteil zählt.
Der Anblick von Ser Brynden Tullys zerfurchtem Gesicht auf dem Podest spendete ihr Trost. Ein Junge, den sie nicht kannte, diente offenbar als Robbs Knappe. Hinter ihm stand ein junger Ritter in einem sandfarbenen Überwurf, auf dem ein Wappen aus Muscheln prangte, und ein älterer, der drei schwarze Pfefferstreuer über einer Safranwurzel auf grün-silbern gestreiftem Grund trug.
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