Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1)
Sie stieg hinauf in den Baum.
Die unteren Äste der Eiche waren stark genug, damit sie darauf stehen konnte, nachdem sie am Stamm hinaufgeklettert war. Sie ging im Laub umher, hielt den Dolch in der Hand und schnitt die Leichen ab. Fliegen umschwärmten die Toten, wenn sie herunterfielen, und mit jeder nahm der Gestank zu. »Das ist eine Menge Aufwand für ein paar Huren«, beschwerte sich Ser Cleos. »Womit sollen wir graben? Wir haben keine Spaten, und mein Schwert werde ich nicht dafür benutzen, ich...«
Brienne stieß einen Schrei aus. Sie sprang mehr vom Baum, als dass sie herunterkletterte. »Ins Boot, schnell. Ein Segel.«
So eilig sie konnten, machten sie sich auf, wobei Jaime kaum zu rennen vermochte und von seinem Vetter an Bord gezogen werden musste. Brienne stieß sie mit einem Ruder ab und setzte rasch das Segel. »Ser Cleos, Ihr solltet ebenfalls rudern.«
Er tat, worum sie gebeten hatte. Das Boot glitt nun schneller
durchs Wasser; Strömung, Wind und Ruder arbeiteten Hand in Hand. Jaime saß in Ketten da und spähte flussaufwärts. Nur die Spitze des anderen Segels war zu erkennen. Wegen der Schleifen des Roten Arms sah es aus, als befände es sich jenseits der Felder und bewege sich hinter einer Wand aus Bäumen nach Norden, während sie südwärts fuhren, doch er wusste, dass es sich dabei um eine Täuschung handelte. Mit beiden Händen beschattete er die Augen. »Schlammrot und wasserblau«, verkündete er.
Briennes großer Mund bewegte sich lautlos und ließ sie aussehen wie eine Kuh beim Wiederkäuen. »Schneller, Ser.«
Bald verschwand das Gasthaus hinter ihnen, und auch das Segel, doch das hatte nichts zu bedeuten. Nachdem die Verfolger um die nächste Biegung wären, würden sie wieder zum Vorschein kommen. »Wir dürfen hoffen, dass die edlen Tullys anhalten, um die toten Huren zu begraben, nehme ich an.« Die Aussicht, in seine Zelle zurückzukehren, gefiel Jaime nicht besonders. Tyrion hätte sich jetzt wahrscheinlich etwas Schlaueres ausgedacht, aber mir fällt nur ein, mit dem Schwert auf sie loszugehen.
Fast die ganze nächste Stunde lang spielten sie Katz und Maus mit ihren Verfolgern, kreisten um Biegungen und ruderten zwischen kleinen, bewaldeten Inseln hindurch. Immer, wenn sie hofften, das ferne Segel bliebe verschwunden, tauchte es erneut auf. Ser Cleos hielt beim Rudern inne. »Die Anderen mögen sie holen.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Rudert!«, sagte Brienne.
»Das da hinter uns ist eine Flussgaleere«, verkündete Jaime, nachdem er das Boot eine Weile beobachtet hatte. Mit jedem Ruderschlag schien es ein wenig größer zu werden. »Neun Ruder auf jeder Seite, also achtzehn Mann. Mehr, wenn sie außer Ruderern noch Krieger an Bord haben. Und die Segel sind größer als unseres. Wir können ihnen nicht entkommen.«
Ser Cleos erstarrte. »Achtzehn, habt Ihr gesagt?«
»Sechs für jeden von uns. Ich würde mir ja acht ausbitten, aber die Ketten behindern mich irgendwie.« Jaime hielt die Handschellen in die Höhe. »Solange Lady Brienne nicht so freundlich ist, sie mir abzunehmen?«
Sie ignorierte ihn und ruderte mit aller Kraft weiter.
»Wir haben eine ganze Nacht Vorsprung vor ihnen gehabt«, erklärte Jaime. »Seit der Dämmerung rudern sie, wahrscheinlich haben sich immer zwei ausgeruht. Also müssen sie erschöpft sein. Nur der Anblick unseres Segels hat ihre Kräfte erneut angespornt, aber das wird nicht lange dauern. Wir könnten eine ganze Menge von ihnen töten.«
Ser Cleos stockte der Atem. »Aber ... sie sind achtzehn.«
»Mindestens. Wahrscheinlich sogar zwanzig oder fünfundzwanzig. «
Sein Vetter stöhnte. »Wir können nicht einmal hoffen, achtzehn zu besiegen.«
»Habe ich das behauptet? Wir dürfen bestenfalls hoffen, mit dem Schwert in der Hand zu sterben.« Das meinte er vollkommen ernst. Jaime Lennister hatte sich nie vor dem Tod gefürchtet.
Brienne hörte auf zu rudern. Der Schweiß klebte ihr flachsfarbenes Haar an die Stirn, und mit der Grimasse, die sie zog, sah sie noch weniger anziehend aus als zuvor. »Ihr steht unter meinem Schutz«, sagte sie, und die Wut ließ ihre Stimme fast wie ein Knurren klingen.
Er musste über so viel Wildheit lachen. Sie ist der Bluthund mit Brüsten, dachte er. Oder sie wäre es, wenn sie nennenswerte Brüste hätte. »Dann beschützt mich, Mädel. Oder befreit mich, damit ich mich selbst schützen kann.«
Die Galeere glitt flussabwärts wie eine große Libelle. Das Wasser um sie herum
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