Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell
noch eine und noch eine, und allein die Götter wussten, wie es enden sollte. »Verdammt soll sie sein«, murmelte er, während er sich die Straße hinaufschleppte, um sich seinen Häschern anzuschließen, als ihm alles wieder einfiel, »verdammt soll sie sein und alle Starks dazu.«
Die Erinnerung war schmerzlich. In einem Moment hatte er noch Abendbrot bestellt, und einen Augenblick später sah er sich einem ganzen Raum voll bewaffneter Männer gegenüber, wobei Jyck nach seinem Schwert griff und die fette Wirtin kreischte: »Keine Schwerter, nicht hier, bitte, M’lords!«
Eilig riss Tyrion Jycks Arm herunter, bevor sie beide seinetwegen in Stücke gehackt wurden. »Wo sind deine Manieren, Jyck? Unsere gute Wirtin sagte, keine Schwerter. Tu, worum sie dich bittet.« Er zwang sich zu lächeln, doch hatte es wohl so übertrieben gewirkt, wie es sich anfühlte. »Ihr macht einen Fehler, Lady Stark. Mit dem Mordversuch an Eurem Sohn hatte ich nichts zu tun. Bei meiner Ehre …«
»Die Ehre eines Lennisters«, war alles, was sie sagte. Sie hielt ihre Hände hoch, damit alle im Raum sie sehen konnten. »Sein Dolch hat diese Narben hinterlassen. Das Messer, das er gesandt hat, damit es meinem Sohn die Kehle durchschneidet. «
Tyrion spürte den Zorn um sich herum, dicht und rauchig, gefüttert von den tiefen Schnitten in den Händen dieser
Stark. »Tötet ihn«, zischte eine betrunkene Hure von weiter hinten, und andere Stimmen nahmen die Forderung auf, schneller, als er es für möglich gehalten hätte. Allesamt Fremde, deren Gerede eben eigentlich noch wohlgesonnen war, und schon wollten sie Blut sehen wie Hunde auf der Jagd.
Tyrion sprach mit lauter Stimme, versuchte, das Beben seiner Stimme zu unterdrücken. »Wenn Lady Stark glaubt, ich hätte mich für ein Verbrechen zu verantworten, werde ich mit ihr gehen und Rede und Antwort stehen.«
Es war die einzige Möglichkeit. Ein Versuch, sich den Weg aus dieser Sache freizuhauen, war eine sichere Einladung in ein frühes Grab. Ein gutes Dutzend Krieger hatten auf die Bitte der Stark um Hilfe reagiert: die Männer von Harrenhal, die drei Brackens, ein paar unangenehme Söldner, die aussahen, als wollten sie ihn töten, sobald er auch nur ausspuckte, und einige einfältige Landarbeiter, die zweifelsohne keine Ahnung hatten, worauf sie sich einließen. Was hatte Tyrion Lennister dagegen aufzubieten? Einen Dolch in seinem Gürtel und zwei Mann. Jyck schwang sein Schwert ganz ordentlich, doch Morrec zählte kaum. Er war teils Stallbursche, teils Koch, teils Kammerdiener und keineswegs Soldat. Was Yoren anging, wie auch immer seine Empfindungen sein mochten, so hatten die schwarzen Brüder den Eid abgelegt, sich an keinem Streit im Reiche zu beteiligen. Yoren würde gar nichts tun.
Und tatsächlich trat der schwarze Bruder schweigend beiseite, als der alte Ritter an Catelyn Starks Seite sagte: »Nehmt ihre Waffen«, und der Söldner Bronn trat vor, um das Schwert aus Jycks Händen zu winden und sie alle um ihre Dolche zu erleichtern. »Gut«, sagte der alte Mann, als die Spannung im Schankraum spürbar nachließ, »ausgezeichnet.« Tyrion erkannte die raue Stimme. Winterfells Waffenmeister mit rasiertem Backenbart.
Rot gefärbte Spucke flog aus dem Mund der dicken Wirtin, als sie Catelyn Stark anflehte: »Tötet ihn nicht hier drinnen! «
»Tötet ihn nirgendwo«, drängte Tyrion.
»Bringt ihn an einen anderen Ort, kein Blut hier drinnen, M’lady, ich will hier keinen Streit von hohen Herren.«
»Wir bringen ihn nach Winterfell zurück«, sagte sie, und Tyrion dachte: Nun, vielleicht … Inzwischen hatte er einen Augenblick Zeit gehabt, einen Blick in die Runde zu werfen und sich einen besseren Überblick über die Lage zu verschaffen. Er war nicht gänzlich unglücklich über das, was er sah. Oh, diese Stark war schlau gewesen, daran konnte kein Zweifel bestehen. Die Männer zu zwingen, öffentlich den Eid zu bestätigen, welchen die Lords, denen sie dienten, ihrem Vater geleistet hatten, und sie um Beistand zu ersuchen, und sie war eine Frau, ja, das war hübsch. Doch war ihr Erfolg damit nicht so vollkommen, wie es ihr vielleicht lieb gewesen wäre. Etwa fünfzig Gäste waren seiner groben Schätzung nach im Schankraum. Catelyn Starks Bitte hatte kaum ein Dutzend aufgebracht. Die anderen sahen verwirrt aus oder ängstlich oder verdrossen. Nur zwei der Freys hatten sich gerührt, wie Tyrion aufgefallen war, und die hatten sich schnell wieder gesetzt, als ihr
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