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Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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scheint, Lysa spielt die Brautwerbung nur. Ihr gefällt es, aber ich glaube, deine Schwester beabsichtigt, selbst zu herrschen, bis der Junge alt genug ist, um nicht nur dem Namen nach Lord über Hohenehr zu sein.«
    »Eine Frau kann ebenso weise regieren wie ein Mann«, sagte Catelyn.
    »Die richtige Frau kann es«, erwiderte ihr Onkel mit einem Seitenblick. »Täusche dich nicht, Cat. Lysa ist nicht wie du.« Er zögerte einen Augenblick. »Wenn ich die Wahrheit sagen soll, so fürchte ich, wirst du deine Schwester nicht als so … hilfreich erleben, wie du es gern hättest.«
    Sie war verblüfft. »Was meint Ihr damit?«
    »Die Lysa, die aus Königsmund heimkehrte, ist nicht dieselbe Lysa, die in den Süden zog, als ihr Mann die Rechte Hand des Königs wurde. Jene Jahre waren hart für sie. Das musst du wissen. Jon Arryn war ein pflichtbewusster
Ehemann, doch ihre Ehe fußte auf Politik, nicht auf Leidenschaft. «
    »Ganz wie die meine.«
    »Sie begannen gleich, doch deine Ehe endete glücklicher als die deiner Schwester. Zwei Kinder tot geboren, doppelt so viele Fehlgeburten, Lord Arryns Tod … Catelyn, die Götter haben Lysa nur dieses eine Kind geschenkt, und der Junge ist alles, wofür deine Schwester nun lebt, der Ärmste. Kein Wunder, dass sie lieber geflohen ist, als zuzusehen, wie er den Lennisters übergeben wird. Deine Schwester fürchtet sich, Kind, und am meisten fürchtet sie die Lennisters. Sie floh ins Grüne Tal, stahl sich wie ein Dieb in der Nacht aus dem Roten Bergfried fort, und alles nur, um ihren Sohn dem Maul des Löwen zu entreißen … und nun bringst du den Löwen direkt vor ihre Tür.«
    »In Ketten«, wandte Catelyn ein. Ein tiefer Bergspalt gähnte zu ihrer Rechten, stürzte in die Finsternis hinab. Sie hielt ihr Pferd und suchte sich vorsichtig Schritt für Schritt den Weg.
    »Ach?« Ihr Onkel warf einen Blick dorthin zurück, wo Tyrion Lennister ihnen langsam folgte. »Ich sehe eine Axt an seinem Sattel, einen Dolch an seinem Gürtel und einen Söldner, der ihm wie ein hungriger Schatten folgt. Wo sind seine Ketten, süßes Kind?«
    Unruhig rutschte Catelyn auf ihrem Sattel herum. »Der Zwerg ist hier und nicht aus freien Stücken. Ketten oder nicht, er ist mein Gefangener. Lysa wird ihn für seine Verbrechen ebenso dringend verhören wollen wie ich. Es war ihr eigener Mann, den die Lennisters ermordet haben, und ihr eigener Brief, der uns vor ihnen gewarnt hat.«
    Brynden Schwarzfisch schenkte ihr ein müdes Lächeln. »Ich hoffe, du hast Recht, Kind«, seufzte er mit einem Unterton, der sagte, dass sie Unrecht hatte.
    Die Sonne stand schon weit im Westen, als das Gefälle unter den Hufen ihrer Pferde flacher wurde. Die Straße wurde breiter und gerade, und die ersten wilden Blumen und Gräser
fielen Catelyn auf. Als sie die Talsohle erreichten, kamen sie schneller voran und machten Zeit gut, galoppierten durch grüne Wälder und verschlafene, kleine Weiler, an Obstgärten und goldenen Weizenfeldern vorüber, spritzten durch ein Dutzend sonnenbeschienener Bäche. Ihr Onkel schickte ihnen einen Standartenträger voraus, an dessen Stab ein Doppelbanner flatterte, oben Mond und Falke des Hauses Arryn und darunter sein eigener schwarzer Fisch. Karren von Bauern und Händlern und Reiter von niederer Geburt machten Platz, um sie passieren zu lassen.
    Dennoch war es dunkel, bis sie die stämmige Burg am Fuß der Riesenlanze erreichten. Fackeln flackerten auf ihren Zinnen, und der gehörnte Mond tanzte in den dunklen Fluten des Burggrabens. Die Zugbrücke war oben und die Fallgitter waren unten, doch Catelyn sah Licht im Wachhaus und in den Fenstern der eckigen Türme dahinter.
    »Die Tore des Mondes«, sagte ihr Onkel, als die ganze Gesellschaft zum Halten kam. Sein Bannerträger ritt an den Burggraben heran, um die Männer im Wachhaus zu begrüßen. »Lord Nestors Sitz. Er dürfte uns erwarten. Sieh hinauf. «
    Catelyn hob ihren Blick weiter und immer weiter. Anfangs sah sie nur Steine und Bäume, die drohende Masse großer Berge, von Nacht umhüllt, schwarz wie ein sternenloser Himmel. Dann bemerkte sie den Schimmer ferner Feuer weit über ihnen, einen Wehrturm, in die steile Seite des Berges gehauen, und die Lichter starrten wie orangefarbene Augen von oben herab. Darüber war noch ein anderer, höher und ferner, und ein dritter noch umso weiter oben, kaum mehr als ein glimmender Funke am Himmel. Und schließlich, dort oben, wo die Falken flogen, blitzte etwas Weißes im Mondlicht auf.

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