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Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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schwanken. Bald schon rang sie mit dem Schlaf.
    Vielleicht war sie tatsächlich für einen Augenblick eingenickt, denn plötzlich ragte ein massives, eisenbeschlagenes Tor vor ihr auf. »Stein«, verkündete Mya fröhlich beim Absteigen. Die Furcht einflößenden Steinmauern waren mit Eisendornen besetzt, und zwei dicke, runde Türme überragten die Anlage. Auf Myas Ruf hin schwang das Tor auf. Drinnen begrüßte der wohlbeleibte Ritter, der den Befehl über die Burg hatte, Mya mit dem Namen und bot ihnen Spieße mit gebratenem Fleisch und Zwiebeln, noch heiß vom Feuer, an. Catelyn hatte nicht gemerkt, wie hungrig sie war. Sie aß stehend auf dem Hof, während Stalljungen ihre Sättel auf frische Maultiere schnallten. Der heiße Saft lief ihr übers Kinn, doch sie war zu ausgehungert, um sich darum zu kümmern.
    Dann hieß es aufsitzen und wieder hinaus ins Licht der Sterne. Der zweite Teil des Aufstiegs schien Catelyn gefährlicher
als der erste zu sein. Der Pfad war steiler, die Stufen abgewetzter und hier und da mit Kiesel und Steinbruch bedeckt. Mya musste ein halbes Dutzend Mal absteigen, um herabgefallene Steine aus dem Weg zu räumen. »Wir wollen nicht, dass sich unsere Maulesel hier oben ein Bein brechen«, sagte sie. Catelyn sah sich gezwungen, ihr zuzustimmen. Mittlerweile konnte sie die Höhe spüren. Hier oben wurden die Bäume spärlicher, und der Wind wehte kräftiger. Scharfe Böen rissen an ihren Kleidern und peitschten ihr das Haar ins Gesicht. Von Zeit zu Zeit machten die Stufen kehrt, und sie konnte die Steinburg unter sich liegen sehen und die Tore des Mondes weiter unten, und die Fackeln waren nicht heller als Kerzen.
    Die Schneeburg war kleiner als die Steinburg, ein einziger, befestigter Turm, eine hölzerne Umfriedung und ein Stall, der sich hinter einer niedrigen Mauer von ungemörtelten Steinen verbarg. Doch schmiegte es sich auf eine Art und Weise an der Riesenlanze, dass es die gesamte Steintreppe oberhalb der kleinen Burg beherrschte. Ein Feind, der Hohenehr einnehmen wollte, würde sich von Steinburg aus Stufe für Stufe hinaufkämpfen, während Steine und Pfeile der Schneeburg herabregneten. Der Kommandant, ein besorgter, junger Ritter mit pockennarbigem Gesicht, bot ihnen Brot und Käse und die Gelegenheit, sich vor seinem Feuer aufzuwärmen, doch Mya lehnte ab. »Wir sollten weiterziehen, Mylady«, sagte sie. »Wenn es Euch beliebt.« Catelyn nickte.
    Wiederum gab man ihnen frische Maultiere. Ihres war weiß. Mya lächelte, als sie es sah. »Whitey ist ein Guter, Mylady. Trittsicher, selbst auf Eis, nur müsst Ihr vorsichtig sein. Er tritt, wenn er Euch nicht mag.«
    Der weiße Maulesel schien Catelyn zu mögen. Es gab keine Tritte, den Göttern sei Dank. Es gab auch kein Eis, und auch dafür war sie dankbar. »Meine Mutter sagt, dass vor Hunderten von Jahren hier der Schnee begann«, erklärte Mya ihr, »von hier an war es immer weiß, und das Eis schmolz nie.«
Sie zuckte mit den Achseln. »Ich kann mich nicht erinnern, überhaupt jemals so weit unten Schnee gesehen zu haben, aber vielleicht war es einmal so, in alten Zeiten.«
    So jung, dachte Catelyn und versuchte, sich zu erinnern, ob sie je so gewesen war. Das Mädchen hatte ihr halbes Leben im Sommer gelebt, und nur den kannte sie. Der Winter naht, mein Kind, wollte sie ihr sagen. Die Worte lagen ihr auf der Zunge, fast sprach sie diese aus. Vielleicht wurde sie am Ende doch noch eine Stark.
    Oberhalb der Schneeburg war der Wind wie ein Lebewesen, heulte um sie wie ein Wolf in der Wüste, dann wurde er zu einem Nichts, als wollte er sie zur Selbstzufriedenheit verleiten. Die Sterne wirkten hier oben heller, so nah, dass sie sie fast berühren konnte, und der gehörnte Mond stand riesengroß am klaren, schwarzen Himmel. Beim Klettern stellte Catelyn fest, dass es besser war, nach oben als nach unten zu sehen. Die Stufen waren in Jahrhunderten von Frost und Tau und den Hufen unzähliger Maultiere geborsten und gebrochen, und selbst in der Dunkelheit klopfte ihr wegen der Höhe das Herz bis zum Hals. Als sie zu einem hohen Rücken zwischen zwei Felsspitzen kamen, stieg Mya ab. »Das Beste ist, die Maultiere darüber hinwegzuführen«, sagte sie. »Der Wind kann hier etwas ängstigend wirken, Mylady.«
    Steif kletterte Catelyn aus dem Dunkel hervor und sah den Pfad voraus an, zwanzig Fuß lang und fast drei Fuß breit, doch mit jäh abfallenden Klippen zu beiden Seiten. Sie konnte hören, wie der Wind heulte. Leichtfüßig trat

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