Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell
Männer wechselten betretene Blicke. »Wir waren gleich hinter Euch, M’lord«, sagte Quent, der jüngste von ihnen, dessen Bart ein weicher Flaum war. »Nur haben wir erst auf Maester Luwin und seinen Esel gewartet, verzeiht, und dann, nun, dann …« Er warf Theon Graufreud einen Blick zu und wandte sich eilig und verlegen wieder ab.
»Ich hatte einen Truthahn entdeckt«, sagte Theon, ärgerlich über die Frage. »Woher sollte ich wissen, dass du den Jungen allein lassen würdest?«
Robb drehte sich und sah Theon erneut an. Nie zuvor hatte Bran ihn so böse erlebt, doch sagte er nichts. Schließlich kniete er neben Maester Luwin. »Wie schwer ist mein Bruder verwundet?«
»Kaum mehr als ein Kratzer«, sagte der Maester. Er befeuchtete ein Tuch im Bach, um den Schnitt zu reinigen. »Zwei von ihnen tragen Schwarz«, erklärte er Robb, während er die Wunde wusch.
Robb sah hinüber, wo Stiv am Boden ausgestreckt lag und sich sein zerlumpter, schwarzer Umhang unstet bewegte, wenn die Strömung daran riss. »Deserteure der Nachtwache«, sagte er grimmig. »Sie müssen Dummköpfe gewesen sein, sich Winterfell so weit zu nähern.«
»Dummheit und Verzweiflung sind oft schwer zu unterscheiden«, meinte Maester Luwin dazu.
»Sollen wir sie begraben, M’lord?«, fragte Quent.
»Die hätten uns auch nicht begraben«, sagte Robb. »Hackt ihnen die Köpfe ab, die schicken wir zur Mauer. Den Rest überlasst den Aaskrähen.«
»Und die hier?« Quent deutete mit einem Daumen auf Osha.
Robb ging zu ihr hinüber. Sie war einen Kopf größer als er, doch fiel sie auf die Knie, als er sich ihr näherte.
»Schenkt mir das Leben, M’lord von Stark, und ich gehöre Euch.«
»Mir? Was soll ich mit einer Eidbrüchigen?«
»Ich habe keinen Eid gebrochen. Stiv und Wallen sind von der Mauer geflohen, ich nicht. Die schwarzen Krähen haben keinen Platz für Frauen.«
Theon Graufreud kam näher. »Überlass sie den Wölfen«, drängte er Robb. Die Augen der Frau wanderten zu dem, was von Hali übrig war, und ebenso schnell wieder davon fort. Sie zitterte. Selbst den Gardisten war nicht wohl dabei.
»Sie ist eine Frau«, sagte Robb.
»Eine Wilde«, erklärte Bran. »Sie hat gesagt, die anderen sollten mich leben lassen, damit sie mich zu Mance Rayder bringen konnten.«
»Hast du einen Namen?«, fragte Robb sie.
»Osha, wenn es den Herren beliebt«, murmelte sie verdrießlich.
Maester Luwin erhob sich. »Es könnte nützlich sein, sie zu verhören.«
Bran sah die Erleichterung auf dem Gesicht des Bruders. »Wie Ihr meint, Maester. Wayn, fessle ihre Hände. Sie kommt mit uns nach Winterfell … und lebt oder stirbt, je nach den Wahrheiten, die sie uns verrät.«
TYRION
»Willst du essen?«, fragte Mord mit düsterem Blick. Er hielt einen Teller mit gekochten Bohnen in den Stummelfingern seiner dicken Hand.
Tyrion Lennister war dem Verhungern nah, doch ließ er nicht zu, dass dieser Rohling ihn jammern sah. »Eine Lammkeule wäre jetzt schön«, sagte er von dem Haufen modernden Strohs in der Ecke seiner Zelle aus. »Vielleicht ein Teller Erbsen und Zwiebeln dazu, etwas frisch gebackenes Brot mit Butter und einen Krug gewürzten Wein, um alles herunterzuspülen. Oder Bier, falls das einfacher ist. Ich will nicht allzu viele Umstände machen.«
»Sind Bohnen«, sagte Mord. »Hier.« Er hielt ihm den Teller hin.
Tyrion seufzte. Der Kerkermeister war ein zweieinhalb Zentner schwerer Klotz von abstoßender Dummheit, mit braunen, fauligen Zähnen und kleinen, dunklen Augen. Auf der linken Seite seines Gesichts glänzte eine Narbe, wo ihm eine Axt sein Ohr und einen Teil der Wange abgeschnitten hatte. Er war so berechenbar wie hässlich, doch Tyrion hatte Hunger und griff nach dem Teller.
Mord riss ihn zurück, grinste. »Ist hier«, sagte er und hielt ihn dorthin, wo Tyrion ihn nicht erreichen konnte.
Steif kam der Zwerg auf die Beine, alle Gelenke schmerzten. »Müssen wir dasselbe Narrenspiel bei jeder Mahlzeit wiederholen? « Noch einmal griff er nach den Bohnen.
Mord grinste durch seine verfaulten Zähne. »Ist hier, Zwergmann.« Er hielt den Teller auf Armeslänge über den Rand, wo die Zelle endete. »Na, essen? Hier. Komm, nimm.«
Tyrions Arme waren zu kurz, als dass er den Teller hätte erreichen können, und er wollte nicht so nah an den Rand treten. Es wäre nur ein kurzer Stoß von Mords schwerem, weißem Wanst vonnöten, und er würde als Ekel erregender, roter Fleck auf den Steinen der Himmelsburg enden, wie
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