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Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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so viele andere Gefangene der Ehr im Laufe der Jahrhunderte. »Wenn ich es recht bedenke, habe ich gar nicht solchen Hunger«, erklärte er und zog sich in die Ecke seiner Zelle zurück.
    Mord grunzte und öffnete seine dicken Finger. Der Wind packte den Teller und kippte ihn im Fallen um. Eine Hand voll Bohnen wehte ihnen entgegen, als das Essen außer Sicht fiel. Der Kerkermeister lachte, und sein Wanst zitterte wie eine Schüssel Pudding.
    Tyrion spürte, wie der Zorn in ihm aufstieg. »Du beschissener Sohn einer pockenkranken Eselin«, schrie er ihn an. »Ich hoffe, du stirbst an der roten Ruhr.«
    Dafür versetzte Mord ihm einen Tritt. »Ich nehme es zurück! «, stöhnte er, als er auf dem Stroh zusammensank. »Ich werde dich eigenhändig erschlagen, das schwöre ich!« Die schwere, eisenbeschlagene Tür fiel krachend ins Schloss. Tyrion hörte das Klappern von Schlüsseln.
    Für einen so kleinen Mann war er mit einem gefährlich großen Mundwerk geschlagen, dachte er, als er wieder in seine Ecke dessen kroch, was die Arryns lächerlicherweise ihren Kerker schimpften. Er kauerte sich unter die dünne Decke, die sein einziges Bettzeug war, und starrte in den leeren, blauen Himmel und zu den fernen Bergen, die kein Ende zu nehmen schienen, und wünschte, er hätte noch immer den Umhang aus Schattenfell, den er beim Würfeln von Marillion gewonnen hatte, nachdem der Sänger ihn der Leiche dieses Räuberhauptmannes gestohlen hatte. Das Fell hatte nach Blut und Schimmel gerochen, aber es war warm und dick gewesen. Mord hatte ihn an sich genommen, sobald er ihn gesehen hatte.
    Mit Böen, die scharf wie Krallen waren, zerrte der Wind
an seiner Decke. Die Zelle war entsetzlich klein, selbst für einen Zwerg. Keine fünf Fuß entfernt, wo eine Mauer hätte sein sollen, wo in einem ordentlichen Kerker eine Mauer gewesen wäre , endete der Boden, und der Himmel begann. Er hatte reichlich frische Luft und Sonnenschein und bei Nacht Mond und Sterne, doch hätte Tyrion das alles jederzeit gegen das feuchteste, finsterste Loch von Casterlystein getauscht.
    »Du fliegst«, hatte Mord ihm versprochen, als er ihn in die Zelle stieß. »Zwanzig Tage, dreißig, fünfzig vielleicht. Dann fliegst du.«
    Die Arryns besaßen den einzigen Kerker im ganzen Reich, der die Gefangenen zur Flucht anhielt. Am ersten Tag, nachdem er stundenlang all seinen Mut zusammengenommen hatte, lag Tyrion flach auf dem Bauch und kroch zum Rand, schob seinen Kopf darüber hinaus und sah hinab. Wenn er den Hals so weit reckte, wie es ging, konnte er rechts und links und über sich weitere Zellen erkennen. Er war eine Biene in einer steinernen Honigwabe, und jemand hatte ihm die Flügel ausgerissen.
    Es war kalt in der Zelle, der Wind heulte bei Tag und Nacht, und das Schlimmste: Der Boden war abschüssig . Nur ganz leicht, und doch reichte es. Er fürchtete, die Augen zu schließen, fürchtete, im Schlaf über die Kante zu rollen, dass er plötzlich entsetzt aufwachen und feststellen könnte, dass er abrutschte. Kein Wunder, dass die Himmelszellen Menschen um den Verstand brachten.
    Mögen mich die Götter retten , hatte ein früherer Bewohner mit etwas an die Wand geschrieben, das verdächtig nach Blut aussah. Das Blau ruft . Anfangs überlegte Tyrion noch, wer das wohl gewesen sein mochte und was aus ihm geworden war. Später kam er zu dem Schluss, dass er es lieber nicht wissen wollte.
    Hätte er doch nur den Mund gehalten …
    Der verfluchte Junge hatte damit angefangen, als er von einem Thron aus geschnitztem Wehrholz unter den Mond-und-Falken-Bannern
des Hauses Arryn auf ihn herabsah. Sein Leben lang hatte alle Welt auf Tyrion Lennister herabgesehen, doch nur selten Sechsjährige mit feuchten Augen, die sich dicke Kissen unter den Hintern schieben mussten, damit sie groß wie ein Mann wurden. »Ist das ein böser Mann?«, hatte der Junge gefragt und seine Puppe an sich gedrückt.
    »Das ist er«, hatte Lady Lysa vom niedrigeren Thron daneben gesagt. Sie war ganz in Blau, gepudert und parfümiert für die Bittsteller, die ihren Hof bevölkerten.
    »Er ist so klein «, hatte der Lord über Hohenehr kichernd gesagt.
    »Das ist Tyrion, der Gnom, aus dem Hause Lennister, der deinen Vater ermordet hat.« Sie hatte mit lauter Stimme gesprochen, damit diese die Hohe Halle auf der Ehr erfüllte, von den milchweißen Mauern und schlanken Säulen hallte und von jedermann zu hören war. »Er hat die Rechte Hand des Königs ermordet!«
    »Ach, den habe ich auch

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