Das Lied von Eis und Feuer 6 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 6 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (2)
Regenwald. Darauf war Davos stolzer als auf seinen eigenen Titel. Er kann auch lesen. Er kann lesen und schreiben, als wäre er dafür geboren. Pylos lobte unablässig seinen Fleiß, und der Waffenmeister meinte, Devan ginge vielversprechend mit Schwert und Lanze um. Und zudem ist er ein gottgefälliger Knabe. »Meine Brüder sind zur Halle des Lichts aufgestiegen, wo sie neben dem Herrn sitzen«, hatte Devan geantwortet, als Davos ihm erzählt hatte, wie seine vier älteren Brüder ums Leben gekommen waren. »Ich werde bei den Nachtfeuern für sie beten, und für Euch auch, Vater, damit Ihr bis ans Ende Eurer Tage im Licht des Herrn wandelt.«
»Guten Morgen, Vater«, begrüßte der Junge ihn. Er ähnelt so sehr Dael in diesem Alter, dachte Davos. Sein Ältester hatte sich ganz gewiss nie in so feine Gewänder gekleidet wie Devans Knappentracht, dennoch hatten sie das gleiche eckige einfache Gesicht, die offenen Augen und das feine, widerspenstige braune Haar. Devans Wangen waren mit einem blonden Flaum bedeckt, der selbst einen Pfirsich beschämt hätte, nichtsdestotrotz war der Junge ungemein stolz auf seinen »Bart«. Genauso stolz wie Dael damals auf seinen. Devan war das älteste Kind am Tisch.
Trotzdem war Edric Sturm drei Zoll größer, und seine Brust und Schultern waren breiter. In dieser Hinsicht kam er nach
seinem Vater, außerdem versäumte er die morgendlichen Übungen mit Schwert und Schild niemals. Diejenigen, die alt genug waren, um Robert und Renly als Kinder gekannt zu haben, behaupteten, der Bastard ähnele ihnen mehr als Stannis; er hatte dasselbe kohlrabenschwarze Haar, die tiefblauen Augen, den Mund, das Kinn, die Wangenknochen. Nur die Ohren erinnerten daran, dass die Mutter dem Hause Florent entstammte.
»Ja, guten Morgen, Mylord«, sagte auch Edric. Der Junge konnte wild und stolz sein, doch die Maester und Kastellane und Waffenmeister, die bisher für seine Erziehung zuständig gewesen waren, hatten ihm gute Manieren beigebracht. »Kommt Ihr von meinem Onkel? Wie geht es Seiner Gnaden? «
»Gut«, log Davos. In Wahrheit wirkte der König ausgezehrt und gequält, doch er sah keinen Anlass, den Jungen damit zu beunruhigen. »Hoffentlich habe ich Euren Unterricht nicht gestört. «
»Wir waren gerade fertig, Mylord«, sagte Maester Pylos. »Heute haben wir über König Daeron den Ersten gelesen.« Prinzessin Sharin war ein trauriges, liebes und sanftes Kind, das man bei aller Liebe nicht hübsch nennen konnte. Von Stannis hatte sie das kantige Kinn und von Selyse die Florent-Ohren, und die Götter hatten ihr in ihrer grausamen Weisheit noch in der Wiege die Grauschuppen geschickt. Nach der Krankheit waren eine Wange und der halbe Hals grau und hart und rissig geblieben, obwohl das Mädchen wenigstens nicht sein Augenlicht oder gar das Leben verloren hatte. »Er ist in den Krieg gezogen und hat Dorne erobert. Den Jungen Drachen haben sie ihn genannt.«
»Er hat falsche Götter verehrt«, sagte Devan. »Aber trotzdem war er ein großer König und sehr tapfer in der Schlacht.«
»Das stimmt«, warf Edric Sturm ein, »aber mein Vater war tapferer. Der Junge Drache hat nie drei Schlachten an einem Tag gewonnen.«
Die Prinzessin sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Hat Onkel Robert drei Schlachten an einem Tag gewonnen? «
Der Bastard nickte. »Das war, als er nach Hause kam und erstmals zu den Fahnen rief. Die Lords Grandison, Cafferen und Grimm hatten geplant, ihre Streitmächte bei Sommerhall zu vereinen und nach Sturmkap zu marschieren, aber er hat von einem Spitzel von ihren Plänen erfahren und ist sofort mit all seinen Rittern und Knappen losgeritten. Einer nach dem anderen sind die Verschwörer bei Sommerhall eingetroffen, und er hat sie besiegt, ehe sie sich mit den anderen vereinen konnten. Lord Grimm hat er im Zweikampf erschlagen und seinen Sohn Silberaxt gefangen genommen.«
Devan schaute Pylos an. »War das wirklich so?«
»Ich habe es doch richtig erzählt, nicht wahr?«, fragte Edric Sturm, ehe der Maester antworten konnte. »Er hat alle drei Heere besiegt und so tapfer gekämpft, dass sich Lord Grandison und Lord Cafferen ihm hinterher angeschlossen haben, und Silberaxt auch. Niemand hat meinen Vater je besiegt. «
»Edric, du sollst nicht prahlen«, erwiderte Maester Pylos. »König Robert hat wie jeder andere Mann Niederlagen erlitten. Lord Tyrell war ihm bei Aschfurt überlegen, und er hat auch bei vielen Turnieren verloren.«
»Trotzdem hat er öfter gewonnen
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