Das Lied von Eis und Feuer 7 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 7 - A Feast of Crows. A Song of Ice and Fire, vol 4 (4/1)
ist in seiner Zelle. »Schlagt die Wände mit Hämmern ein. Reißt den ganzen Turm ein, wenn es sein muss. Ich will, dass sie gefunden werden. Wer auch immer es getan hat. Ich will ihren Tod.«
Jaime umarmte sie, seine gute Hand drückte ihr ins Kreuz. Er roch nach Asche, doch die Morgensonne verlieh seinem Haar ein goldenes Leuchten. Gern hätte sie sein Gesicht an ihres gezogen und ihn geküsst. Später, sagte sie sich, später wird er zu mir kommen, zum Trösten. »Wir sind seine Erben, Jaime«, flüsterte sie. »Es ist unsere Aufgabe, sein Werk zu beenden. Du musst Vaters Platz als Hand einnehmen. Bestimmt siehst du das doch jetzt ein. Tommen braucht dich …«
Er wich vor ihr zurück und hob den Arm, hielt ihr den Stumpf vors Gesicht. »Eine Hand ohne Hand? Ein schlechter Scherz, Schwester. Bitte mich nicht zu regieren.«
Ihr Onkel hörte die Zurückweisung. Qyburn ebenfalls, und die Schwarzkessels, die sich abmühten, ihr Bündel durch die Asche zu zerren. Sogar die Wachen bekamen es mit, Pucken und Hauke der Pferdefuß und Kurzohr. Bis zum Abend wird es sich in der ganzen Burg herumgesprochen haben. Cersei fühlte, wie ihr die Hitze ins Gesicht stieg. »Regieren? Von Regieren habe ich nichts gesagt. Ich werde regieren, bis mein Sohn mündig ist.«
»Ich weiß nicht, wen ich mehr bemitleiden soll«, erwiderte ihr Bruder. »Tommen oder die Sieben Königslande.«
Sie versetzte ihm eine Ohrfeige. Jaime hob den Arm, um den Hieb abzuwehren, schnell wie eine Katze … doch diese Katze hatte an Stelle einer rechten Hand nur einen Armstumpf. Ihre Finger hinterließen rote Striemen auf seiner Wange.
Das Klatschen brachte ihren Onkel dazu, sich zu erheben. »Euer Vater liegt tot hier. Habt wenigstens den Anstand und tragt euren Streit draußen aus.«
Jaime neigte entschuldigend den Kopf. »Vergebt uns, Onkel. Meine Schwester ist krank vor Gram. Sie hat sich vergessen.«
Am liebsten hätte sie ihn dafür erneut geohrfeigt. Ich muss verrückt gewesen sein, ernsthaft zu denken, er könne die Hand werden. Eher würde sie das Amt abschaffen. Wann hatte eine Hand ihr je etwas anderes als Kummer bereitet? Jon Arryn hatte ihr Robert Baratheon ins Bett gelegt, und vor seinem Tod hatte er begonnen, um sie und Jaime herumzuschnüffeln. Eddard Stark hatte dort weitergemacht, wo Arryn aufgehört hatte; seine Einmischung hatte sie gezwungen, sich Roberts früher zu entledigen, als es ihr eigentlich recht gewesen war, ehe sie sich mit seinen elenden Brüdern befassen konnte. Tyrion hatte Myrcella an die Dornischen verhökert, hatte einen ihrer Söhne zu seiner Geisel gemacht und den anderen ermordet. Und als Lord Tywin nach Königsmund zurückgekehrt war …
Die nächste Hand wird wissen, wo ihr Platz ist, schwor sie sich. Es würde Ser Kevan sein müssen. Ihr Onkel war unermüdlich, besonnen und bis zum Letzten gehorsam. Sie konnte sich auf ihn verlassen, wie ihr Vater. Die Hand streitet sich nicht mit dem Kopf. Sie musste ein Reich regieren, aber sie brauchte Männer, die sie dabei unterstützten. Pycelle war ein tattriger Speichellecker, Jaime hatte seinen Mut zusammen mit seiner Schwerthand eingebüßt, und Maes Tyrell mit seinen Kumpanen Rothweyn und Esch konnte man nicht über den Weg trauen. Sie konnte sich durchaus vorstellen, dass sie in diese Sache verwickelt waren. Lord Tyrell hatte niemals Aussichten gehabt, über die Sieben Königslande zu herrschen, solange Tywin Lennister lebte, was ihm gewiss nicht unbekannt gewesen sein dürfte.
Ich muss vorsichtig mit ihm umgehen. In der Stadt wimmelte es von seinen Männern, und es war ihm sogar gelungen, einen seiner Söhne in der Königsgarde unterzubringen, und seine Tochter wollte er Tommen ins Bett legen. Noch immer erfüllte sie der Gedanke mit Zorn, dass Vater zugestimmt hatte, Tommen mit Margaery Tyrell zu verloben. Das Mädchen ist doppelt
so alt wie er und schon zweimal verwitwet. Maes Tyrell behauptete, seine Tochter sei noch immer Jungfrau, doch Cersei hatte ihre Zweifel. Joffrey war ermordet worden, ehe er das Mädchen in sein Bett nehmen konnte, doch vorher war es schon mit Renly verheiratet gewesen … Mag ein Mann auch den Geschmack von Hippokras bevorzugen, so wird er dennoch trinken, wenn man ihm einen Krug Bier vorsetzt. Sie musste Lord Varys befehlen, möglichst viel darüber herauszufinden.
Abrupt blieb sie stehen. Varys hatte sie vollkommen vergessen. Er sollte hier sein. Er ist immer dabei. Wann immer sich etwas Bedeutsames im Roten Bergfried
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