Das Lied von Eis und Feuer 7 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 7 - A Feast of Crows. A Song of Ice and Fire, vol 4 (4/1)
Heirat zu zwingen. Casterlystein gehörte nun ihr, und damit die ganze Macht des Hauses Lennister. Niemand würde sie je wieder missachten. Selbst wenn Tommen keine Regentin mehr brauchte, würde die Lady von Casterlystein eine Macht im Lande bleiben.
Die aufgehende Sonne überzog die Turmspitzen mit tiefem Rot, doch unterhalb der Mauern verharrte die Nacht. In der äußeren Burg war es so still, dass sie hätte glauben können, alle Bewohner seien tot. Sie sollten tot sein. Es gebührt Tywin Lennister nicht, allein zu sterben. Ein solcher Mann verdient ein Gefolge, das in der Hölle seine Wünsche erfüllt.
Vier Speerträger in roten Mänteln, den Löwenhelm auf dem Kopf, waren an der Tür zum Turm der Hand postiert. »Niemand darf ohne meine Erlaubnis das Gebäude betreten oder verlassen«, sagte sie zu ihnen. Der Befehl ging ihr leicht über die Lippen. Auch mein Vater hatte Stahl in der Stimme.
Im Inneren reizte der Rauch der Fackeln ihre Augen, doch Cersei weinte nicht, genauso wenig wie ihr Vater es getan hätte. Ich bin der einzige wahre Sohn, den er je hatte. Ihre Absätze scharrten über die Steine, als sie hinaufstieg, und noch immer hörte sie die Motte, die wild in Ser Osmunds Laterne umherflatterte. Stirb, dachte die Königin verärgert, flieg in die Flamme, und bring es hinter dich.
Zwei weitere Rotröcke standen oben an der Treppe. Der Rote Lester sprach ihr murmelnd sein Beileid aus, als sie an ihm vorbeiging. Die Königin atmete in schnellen, kurzen Atemzügen, und sie fühlte ihr Herz in der Brust klopfen. Die Treppe, redete sie sich ein, dieser verfluchte Turm hat zu viele Stufen. Sie hatte nicht übel Lust, das ganze Gebäude niederzureißen.
Der Gang war voller Narren, die sich im Flüsterton unterhielten, als schliefe Lord Tywin, und sie hätten Angst ihn zu wecken. Wachen und Diener wichen gleichermaßen vor ihr zurück und machten die Münder auf und zu. Sie sah das rosa Zahnfleisch und die hin und her fahrenden Zungen, doch die Worte ergaben nicht mehr Sinn als das Brummen der Motte. Was tun sie hier? Wieso wissen sie Bescheid? Eigentlich hätte man sie als Erste rufen müssen. Sie war die Königin Regentin, hatten sie das vergessen?
Vor dem Schlafgemach der Hand stand Ser Meryn Trant in weißer Rüstung und weißem Mantel. Das Visier des Helms war offen, und wegen der Tränensäcke unter seinen Augen sah er aus, als schliefe er noch halb. »Schafft diese Leute weg«, forderte Cersei ihn auf. »Ist mein Vater auf dem Abtritt?«
»Sie haben ihn in sein Bett zurückgetragen, M’lady.« Ser Meryn schob die Tür für sie auf.
Das Morgenlicht brach durch die Fensterläden und malte goldene Striche auf die Binsen, die auf dem Boden des Schlafgemachs verstreut lagen. Ihr Onkel Kevan kniete neben dem Bett und versuchte zu beten, doch er brachte kaum die Worte heraus. Um den Kamin drängten sich Wachen. Die Geheimtür, von der Ser Osmund gesprochen hatte, klaffte hinter der Asche auf, kaum größer als die Klappe eines Backofens. Ein Mann würde kriechen müssen, um hindurchzugelangen. Tyrion ist nur ein halber Mann. Der Gedanke machte sie zornig. Nein, der Zwerg ist weggesperrt in einer Schwarzen Zelle. Dies konnte nicht sein Werk sein. Stannis, sagte sie sich, Stannis steckt dahinter. Er hat noch immer Anhänger in der Stadt. Er oder die Tyrells …
Es hatte schon immer Gerede über Geheimgänge im Roten
Bergfried gegeben. Maegor der Grausame hatte angeblich die Männer umbringen lassen, die die Burg gebaut hatten, um das Wissen über die Pläne geheim zu halten. Wie viele andere Schlafgemächer haben solche Türen? Plötzlich hatte Cersei ein Bild vor Augen, wie der Zwerg mit einer Klinge in der Hand hinter einem Wandbehang in Tommens Zimmer hervorkroch. Tommen wird gut bewacht. Aber auch Lord Tywin hatte sich gut bewachen lassen.
Einen Augenblick lang erkannte sie den Toten nicht. Er hatte das gleiche Haar wie ihr Vater, ja, doch das hier war ein anderer Mann, ganz bestimmt, kleiner … und viel älter. Sein Schlafrock war ihm bis zur Brust hochgezogen worden und ließ den Körper unterhalb der Taille nackt. Der Bolzen hatte ihn in der Leistengegend zwischen Nabel und Gemächt getroffen und war so tief eingedrungen, dass nur die Befiederung zu sehen war. Das Schamhaar war mit geronnenem Blut verklebt. Noch mehr Blut trocknete im Nabel.
Der Geruch, der von ihm ausging, ließ sie die Nase rümpfen. »Zieht den Bolzen heraus«, befahl sie. »Dies ist die Hand des Königs!« Und mein
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