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Das Lied von Eis und Feuer 7 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 7 - A Feast of Crows. A Song of Ice and Fire, vol 4 (4/1)

Das Lied von Eis und Feuer 7 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 7 - A Feast of Crows. A Song of Ice and Fire, vol 4 (4/1)

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 7 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 7 - A Feast of Crows. A Song of Ice and Fire, vol 4 (4/1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R. R. Martin
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toten Mann singen gehört. Die Mauern eines Verlieses sind dick genug, um Lieder und Schreie gleichermaßen zu verschlucken. Die Himmelszellen jedoch umgab eine Mauer aus leerer Luft, und so
hallte jeder Ton, den der tote Mann spielte, vom steinigen Rücken der Riesenlanze wider. Und die Lieder, die er wählte … Er sang vom Drachenreigen, von der schönen Jonquil und ihrem Narren, von Jenne von Altsteinen und dem Prinzen der Drachenfliegen. Er sang von Treuebruch und niederträchtigsten Morden, von gehenkten Männern und blutiger Rache. Er sang von Trauer und Leid.
    Gleichgültig wohin Sansa in der Burg auch floh, der Musik konnte sie nicht entkommen. Die Töne folgten ihr die Wendeltreppe im Turm hinauf, fanden sie nackt im Bade, speisten mit ihr zu Abend und stahlen sich in ihr Schlafgemach, selbst wenn sie die Fensterläden fest verschlossen hatte. Sie kamen mit der kalten, dünnen Luft herein, und wie die Luft ließen sie Sansa frösteln. Obwohl es seit dem Tag, an dem Lady Lysa abgestürzt war, nicht mehr geschneit hatte, herrschte in den Nächten bittere Kälte.
    Des Sängers Stimme war kräftig und süß. Sansa fand, er sang besser als je zuvor, irgendwie volltönender, erfüllt von Schmerz und Furcht und Sehnsucht. Sie begriff nicht, warum die Götter einen so verderbten Mann mit einer solchen Stimme gesegnet hatten. Auf den Vier Fingern hätte er mich mit Gewalt genommen, hätte Petyr nicht Ser Lothor angewiesen, auf mich aufzupassen, musste sie sich in Erinnerung rufen. Und er hat gespielt, um meine Schreie zu übertönen, als Tante Lysa mich umbringen wollte.
    Dadurch wurde es nicht leichter, die Lieder zu ertragen. »Bitte«, flehte sie Lord Petyr an, »könnt Ihr ihn nicht dazu bringen aufzuhören?«
    »Ich habe dem Mann mein Wort gegeben, Liebste«, sagte Petyr Baelish, Lord von Harrenhal, Oberster Herr am Trident und Lord Protektor von Hohenehr und des Grünen Tals von Arryn, und schaute von dem Brief auf, den er gerade schrieb. Er hatte seit Lady Lysas Sturz Hunderte von Briefen geschrieben. Sansa hatte das Kommen und Gehen der Raben gesehen. »Ich höre lieber seine Lieder als sein Schluchzen.«
    Ja, es ist wohl besser, wenn er singt, aber … »Muss er denn die
ganze Nacht singen, Mylord? Lord Robert kann nicht schlafen. Er schreit …«
    »… nach seiner Mutter. Dagegen kann man nichts tun, das Weib ist tot.« Petyr zuckte mit den Schultern. »Lange wird es nicht mehr dauern. Lord Nestor wird morgen zu uns heraufsteigen.«
    Sansa war Lord Nestor Rois bereits einmal begegnet, nach Petyrs Hochzeit mit ihrer Tante. Rois war der Hüter der Tore des Mondes, jener großen Burg, die am Fuß des Berges stand und über die Stufen wachte, die zur Ehr hinaufführten. Die Hochzeitsgesellschaft hatte bei ihm übernachtet, ehe sie mit dem Aufstieg begann. Lord Nestor hatte Sansa kaum eines zweiten Blickes gewürdigt, doch die Aussicht auf seinen Besuch versetzte sie in Angst. Er war auch der Hohe Haushofmeister des Grünen Tals, Jon Arryns und Lady Lysas getreuer Lehnsmann. »Er wird doch nicht … Ihr werdet nicht zulassen, dass Lord Nestor mit Marillion spricht, oder?«
    Ihr Grauen musste sich auf ihrem Gesicht widergespiegelt haben, denn Petyr legte den Federkiel zur Seite. »Im Gegenteil. Ich werde sogar darauf bestehen.« Er bot ihr mit einer Geste einen Platz neben sich an. »Wir sind zu einer Vereinbarung gekommen, Marillion und ich. Mord kann recht überzeugend sein. Und falls unser Sänger uns enttäuscht und ein Lied singt, das wir nicht hören wollen, nun, dann müssen du und ich einfach nur behaupten, dass er lügt. Wem, meinst du, wird Lord Nestor glauben?«
    »Uns?« Sansa wünschte sich, sie wäre sich dessen sicher.
    »Natürlich. Unsere Lügen werden ihm nützen.«
    Im Solar war es warm, das Feuer knisterte munter, und doch zitterte Sansa. »Ja, aber … aber wenn nun …«
    »Wenn Lord Nestor die Ehre höher schätzt als den Nutzen?« Petyr legte den Arm um sie. »Wenn er die Wahrheit hören will und Gerechtigkeit für seine ermordete Herrin verlangt?« Er lächelte. »Ich kenne Lord Nestor, Liebste. Meinst du, ich würde jemals zulassen, dass er meiner Tochter etwas antut?«

    Ich bin nicht Eure Tochter, dachte sie. Ich bin Sansa Stark, Lord Eddards und Lady Catelyns Tochter, in mir fließt das Blut von Winterfell. Doch sie sprach es nicht aus. Ohne Petyr Baelishs Eingreifen wäre es Sansa gewesen, die anstelle von Lysa Arryn hundertachtzig Meter tief durch den kalten, blauen Himmel in

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