Das Lied von Eis und Feuer 7 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 7 - A Feast of Crows. A Song of Ice and Fire, vol 4 (4/1)
bisschen geschlafen, Alayne. Er hat wieder gesungen , und meine Tür war verschlossen. Ich habe gerufen, dass sie mich hinauslassen sollen, aber es ist niemand gekommen. Jemand hat mich eingesperrt.«
»Das ist aber gemein.« Sie tauchte ein weiches Tuch ins warme Wasser und wusch ihm das Gesicht … sanft, ganz sanft. Wenn man Robert zu kräftig schrubbte, würde er wieder zu
zittern anfangen. Der Junge war zart und furchtbar klein für sein Alter. Acht Jahre zählte er, aber Sansa hatte schon größere Fünfjährige gesehen.
Roberts Lippen bebten. »Ich wollte bei dir schlafen.«
Ich weiß. Süßrobin war daran gewöhnt gewesen, bei seiner Mutter ins Bett zu kriechen, bis sie Lord Petyr geheiratet hatte. Seit Lady Lysas Tod war er des Nachts häufig auf der Suche nach einem anderen Bett durch die Ehr gewandert. Am liebsten kam er zu Sansa … und deshalb hatte sie Ser Lothor Brunn letzte Nacht gebeten, seine Tür abzuschließen. Es hätte ihr nichts ausgemacht, wenn er nur schlafen würde, doch er versuchte ständig, mit dem Gesicht an ihren Brüsten zu wühlen, und wenn er seine Schüttelanfälle hatte, nässte er oft das Bett ein.
»Lord Nestor ist von den Toren heraufgekommen, um Euch zu besuchen.« Sansa wischte die Haut unter seiner Nase sauber.
»Ich will ihn nicht sehen«, entgegnete er. »Ich will eine Geschichte. Eine Geschichte vom Geflügelten Ritter.«
»Später«, erwiderte Sansa. »Zuerst müsst Ihr Lord Nestor empfangen.«
»Lord Nestor hat ein Muttermal«, sagte er und wand sich. Robert fürchtete sich vor Männern mit Muttermalen. »Mutter hat gesagt, er sei grässlich. «
»Mein armer Süßrobin.« Sansa strich ihm das Haar zurück. »Ihr vermisst sie sehr, ich weiß. Lord Petyr vermisst sie auch. Er hat sie genauso geliebt wie Ihr.« Das war eine Lüge, aber eine gut gemeinte. Die einzige Frau, die Petyr je geliebt hatte, war Sansas ermordete Mutter. Das hatte er Lady Lysa gestanden, bevor er sie durch die Mondpforte gestoßen hatte. Sie war wahnsinnig und gefährlich. Sie hat ihren Hohen Gemahl getötet und hätte auch mich umgebracht, wäre Petyr nicht gekommen, um mich zu retten.
Allerdings brauchte Robert das nicht zu wissen. Er war ein kranker kleiner Junge, der seine Mutter geliebt hatte. »So«,
sagte Sansa, »jetzt seht Ihr aus wie ein richtiger Lord. Leni, hol seinen Umhang.« Der Mantel war aus Lammwolle, weich und warm und von einem hübschen Himmelblau, das die Cremefarbe seines Hemds hervortreten ließ. Sie schloss ihn vorn mit einer Silberfibel in Form einer Mondsichel und nahm den Jungen an die Hand. Ausnahmsweise folgte Robert ihr widerstandslos.
Die Hohe Halle war seit Lady Lysas Sturz verschlossen gewesen, und Sansa fröstelte, als sie nun eintrat. Die Halle war lang und prachtvoll und wunderschön, das musste Sansa zugeben, doch ihr gefiel es hier nicht. Es war auch zu den besten Zeiten ein fahler, kalter Raum. Die schlanken Säulen sahen aus wie Fingerknochen, und die blaue Äderung des weißen Marmors erinnerte sie an die Adern in den Beinen eines alten Weibes. Obwohl fünfzig silberne Fackelhalter die Wände säumten, hatte man kaum ein Dutzend Fackeln angezündet, und so tanzten Schatten über den Boden und bildeten in jeder Ecke dunkle Flecken. Ihre Schritte hallten vom Marmor wider, und Sansa hörte, wie der Wind an der Mondpforte rüttelte. Ich darf nicht hinsehen, schärfte sie sich ein, sonst fange ich an, genauso schlimm zu zittern wie Robert.
Mit Lenis Hilfe setzten sie Robert auf seinen Wehrholzthron, der mit einem Stapel Kissen gepolstert war, und ließen melden, dass seine Lordschaft nun seine Gäste empfangen würde. Zwei Wachen in himmelblauen Mänteln öffneten die Flügel der Tür am hinteren Ende der Halle, und Petyr geleitete sie herein und den langen blauen Teppich hinunter, der zwischen den beinweißen Säulen verlief.
Der Junge begrüßte Lord Nestor höflich und mit Piepsstimme und erwähnte das Muttermal nicht. Als sich der Hohe Haushofmeister nach seiner Hohen Mutter erkundigte, fingen Roberts Hände ganz schwach zu zittern an. »Marillion hat meiner Mutter wehgetan. Er hat sie durch die Mondpforte geworfen.«
»Hat Eure Lordschaft gesehen, wie es passiert ist?«, fragte
Ser Marwyn Belmor, ein schlaksiger Ritter mit rötlich braunem Schopf, der Lysas Hauptmann der Wache gewesen war, bis Petyr ihn durch Ser Lothor Brunn ersetzt hatte.
»Alayne hat es gesehen«, antwortete der Junge. »Und mein Hoher Stiefvater.«
Lord Nestor blickte sie
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