Das Lied von Eis und Feuer 7 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 7 - A Feast of Crows. A Song of Ice and Fire, vol 4 (4/1)
an. Ser Albar, Ser Marwyn, Maester Colemon, alle schauten sie an. Sie war meine Tante, aber sie wollte mich töten, dachte Sansa. Sie hat mich zur Mondpforte gezerrt und versucht, mich hinauszustoßen. Ich wollte gar keinen Kuss, ich habe nur eine Burg im Schnee gebaut. Fest schlang sie die Arme um ihren Körper, damit sie nicht zitterte.
»Vergebt ihr, Mylords«, sagte Petyr Baelish leise. »Sie hat wegen dieses Tages noch immer Albträume. Kein Wunder, dass sie nicht darüber sprechen kann.« Er trat hinter sie und legte die Hände sanft auf ihre Schultern. »Ich weiß, wie schwer es dir fällt, Alayne, aber unsere Freunde müssen die Wahrheit erfahren.«
»Ja.« Ihr Hals fühlte sich so trocken an, es schmerzte fast zu sprechen. »Ich habe gesehen … Ich war bei Lady Lysa, als …« Eine Träne kullerte über ihre Wange. Das ist gut, eine Träne ist gut. »… als Marillion sie … gestoßen hat.« Und wieder erzählte sie die Geschichte und hörte kaum die Worte, die aus ihr hervorsprudelten.
Ehe sie halb fertig war, begann Robert zu weinen, und die Kissen unter ihm verrutschten gefährlich. »Er hat meine Mutter getötet. Ich will, dass er fliegt!« Das Zittern seiner Hände war heftiger geworden, und auch seine Arme bebten jetzt. Der Junge ruckte mit dem Kopf hin und her, und seine Zähne klapperten. » Er soll fliegen!«, kreischte er. » Fliegen, fliegen!« Nun zuckten auch seine Arme und Beine. Lothor Brunn trat gerade rechtzeitig auf das Podest, um den Jungen aufzufangen, als er vom Thron kippte. Maester Colemon war nur einen Schritt hinter ihm, doch er konnte nichts für Robert tun.
Hilflos wie die Übrigen, konnte Sansa nur dabeistehen und zuschauen, wie der Schüttelkrampf seinen Lauf nahm. Eines
von Roberts Beinen traf Ser Lothor ins Gesicht. Brunn fluchte, hielt den zuckenden Knaben, der sich nun einnässte, jedoch weiterhin fest. Die Besucher sagten kein Wort; zumindest Lord Nestor hatte diese Anfälle bereits erlebt. Es dauerte Augenblicke, die unendlich lang erschienen, bis Roberts Krämpfe nachließen. Am Ende war der kleine Lord so geschwächt, dass er nicht mehr stehen konnte. »Am besten bringen wir Seine Lordschaft ins Bett und lassen ihn zur Ader«, sagte Lord Petyr. Brunn hob den Jungen hoch und trug ihn aus der Halle. Maester Colemon folgte mit grimmigem Gesicht.
Als ihre Schritte verklungen waren, war in der Hohen Halle der Ehr kein Laut zu vernehmen. Sansa hörte das Ächzen des Windes, der von draußen an der Mondpforte zerrte. Ihr war sehr kalt, und sie fühlte sich sehr müde. Muss ich die Geschichte noch einmal erzählen?, fragte sie sich.
Doch offensichtlich hatte sie ihre Sache gut genug gemacht. Lord Nestor räusperte sich. »Mir hat dieser Sänger vom ersten Augenblick an nicht gefallen«, knurrte er. »Ich habe Lady Lysa gedrängt, ihn fortzuschicken. Sehr oft habe ich sie gedrängt.«
»Ihr habt ihr stets mit gutem Rat gedient, Mylord«, antwortete Petyr.
»Sie hat nicht darauf gehört«, beschwerte sich Rois. »Sie hat mir nur widerstrebend ihr Ohr geliehen und nicht auf mich gehört.«
»Mylady war zu vertrauensselig für diese Welt.« Petyr sprach so zärtlich, dass Sansa hätte glauben können, dass er seine Frau geliebt hatte. »Lysa konnte in einem Mann nicht das Böse erkennen, nur das Gute. Marillion sang süße Lieder, und sie hat das mit seinem Charakter verwechselt.«
»Er hat uns Schweine genannt«, sagte Ser Albar Rois. Der raue, breitschultrige Ritter, der sich das Kinn rasierte, jedoch einen dichten schwarzen Backenbart trug, der sein schlichtes Gesicht umrahmte wie eine Hecke, war eine jüngere Ausgabe seines Vaters. »Er hat ein Lied über zwei Schweine gedichtet,
die um einen Berg herumschnüffeln und die Hinterlassenschaften eines Falken fressen. Das war auf uns gemünzt, aber als ich es ihm sagte, hat er nur gelacht. ›Aber bitte, Ser, es ist ein Lied über Schweine‹, hat er behauptet.«
»Über mich hat er sich ebenfalls lustig gemacht«, berichtete Ser Marwyn Belmor. »Ser Ding-Dong hat er mich genannt. Ich habe ihm geschworen, ihm die Zunge herauszureißen, da ist er zu Lady Lysa gerannt und hat sich hinter ihren Röcken versteckt.«
»Wie er es oft getan hat«, meinte Lord Nestor. »Der Mann war ein Feigling, aber die Gunst, die Lady Lysa ihm erwies, hat ihn unverschämt werden lassen. Sie hat ihn eingekleidet wie einen Lord und ihm Goldringe geschenkt und einen Mondsteingürtel.«
»Sogar Lord Jons Lieblingsfalken.« Das Wams des Ritters
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