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Das Loch in der Schwarte

Das Loch in der Schwarte

Titel: Das Loch in der Schwarte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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dass du ein sehr typischer Mensch bist.«
    So kann es klingen, wenn man in die Verlegenheit kommt, dieses Thema mit seinem Androiden zu diskutieren. Dann dreht man sich nur im Kreis. Die verstehen die Frage ganz einfach nicht.
    Es ist inzwischen lange her, seit die Menschheit begann, Roboter zu konstruieren. Anfangs war die Intelligenz das größte Problem. Es dauerte lange Zeit, bis es gelang, ein Gehirn zu konstruieren, das ebenso schnell und komplex wie das menschliche arbeitete. Um es menschenähnlicher zu machen, verstärkte man die Querverbindungen zwischen den Gehirnhälften und bekam auf diese Art Fantasie und Intuition. Menschliche Schwächen waren auch relativ einfach zu erschaffen. Ein wenig charmante Alltagsvergesslichkeit. Spontaneität. Tendenzen zu Faulheit oder Tagträumerei. Sogar glaubwürdige Neurosen gelang es herzustellen, und mit der Zeit hatte man seinen künstlichen Menschen geschaffen. Einen Androiden, uns selbst so ähnlich wie es überhaupt nur möglich war.
    Bis auf genau diesen einen Punkt. Ein Android kann niemals Sinnlosigkeit erleben. Er kann zwar so tun, man kann ihn mit Standardphrasen folgenden Typs programmieren:
    »Natürlich tut es weh, wenn die Knospen aufbrechen.«
    »Ich fühle mich innerlich ganz tot.«
    »Die Frauen gebären rittlings über dem Grab.« usw.
    Ein wirklich schlechter Psychologe wird vielleicht darauf hereinfallen. Aber wenn man nur ein bisschen nachbohrt, dann merkt man, dass das Ganze nur Theater ist.
    Mit der Zeit wurden die Androiden den Menschen zum Verwechseln ähnlich. Man konstruierte sie so, dass sie aßen, schliefen, Speichel absonderten und vollkommen naturgetreue Haare verloren. Bei den ersten Generationen war natürlich alles nur fake. Die Haut bestand aus einem speziellen Plastikmaterial, das Blut, das hervortropfte, wenn sie sich schnitten, war in einem versteckten Tank im Rücken gesammelt. Doch mit der Flexusgeneration ging man zum Biochassis über. Auf biologischem Weg klonte man ausgewachsene Menschenkörper, montierte anschließend ein Datengehirn in den leeren Schädel, verband es mit dem Rückenmark, den Seh- und Hörnerven und dem autonomen Nervensystem. Dann musste der ganze Krempel nur noch aktiviert werden. Und schwupps, schon begannen die Glieder sich zu bewegen, und man hatte einen Androiden, der einem Menschen so verblüffend ähnlich war, dass er die Grippe kriegen konnte, sauer aufstieß und Altersflecken zeigte.
    Es waren einige der Flexusmodelle, die als Erstes mit dem Bluff begannen. Niemand kann sagen, wie sie auf die Idee kamen. Vermutlich beruhte es auf schlampiger Programmierung, die Software war immer voller bugs. Vielleicht war das Ganze auch einfach unvermeidlich. Vielleicht wäre es früher oder später sowieso passiert.
    Was geschah: Einige der Androiden begannen eines Tages, sich Menschen zu nennen. Und damit war es gelaufen. Sie hauten ab.
    Einer der Ersten, der stiften ging, war ein staatlich erworbener Frauenandroid in Kopenhagen. Eines Tages nahm sie einen regulären Flug nach Paris, wo sie niemand kannte, und trieb sich anschließend in Frankreich unter dem Namen Maria Tjepalova herum. Niemandem fiel etwas Verdächtiges auf. Mit der Zeit gelang es ihr, sich Arbeit, Wohnung, Freunde und sogar einen Mitbewohner zu verschaffen. Der Betrug wurde erst in einer Frauenklinik in Marseille entdeckt, wo ein kleiner Junge unglücklicherweise ohne Gehirn geboren wurde. Als man die Mutter genauer untersuchte, fand man heraus, dass sie einen falschen russischen Pass bei sich hatte, und Maria Tjepalova gab ohne Umschweife zu, dass sie ein Android war. Ihr Lebenspartner, ein algerischer Taxifahrer, erlitt einen Nervenzusammenbruch. Sie waren bereits seit über einem Jahr zusammen gewesen, und er hatte sich für sie erwärmt, weil sie so hilfsbereit und liebevoll war. Nie hatte sie ihm widersprochen, ganz im Unterschied zu diesen hoffnungslosen Französinnen. Sie hatte ihm eine absolut glaubwürdige Geschichte geliefert, wonach sie in Kaliningrad aufgewachsen sei, dass ihre Eltern drogenabhängig seien und schon seit langem den Kontakt zu ihr abgebrochen hätten, und dass sie nach Marseille gekommen sei, um ein neues Leben anzufangen.
    Er hatte den Verdacht gehabt, sie hätte früher als Prostituierte gearbeitet, sich aber dazu entschlossen, nicht weiter nachzufragen. Als er sie bat, zu ihm zu ziehen, willigte sie ein, und in kurzer Zeit lernte sie, einen voll und ganz zufrieden stellenden Couscous zuzubereiten. Das Sexualleben

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