Das Loch in der Schwarte
schön …«
»Was meinst du mit schön?«
»Es gibt keine Grenze für den Menschen.«
»Könntest du das bitte genauer erklären.«
»Menschen, die können wachsen … bis zum Himmel.«
»Wie meinst du das?«
»Äääh … äähh … klicketi-tjopp-tilt…«
Und dann saßen sie nur noch grinsend da, mit kurzgeschlossenen Gedankenkreisen, ganz gleich, was man auch fragte. Bis sich die Überhitzung gelegt hatte. Dann sagten sie wieder das Gleiche. Menschen sind so schön. Menschen sind so frei. Man möchte gern ein Mensch sein.
Leider stellte sich bald heraus, dass es nicht möglich war, diese bluffenden Androiden zu heilen. Wenn sie einmal Geschmack am Menschenleben gefunden hatten, waren sie verloren. Sobald man sie aus dem Arrest entließ, beschafften sie sich auf der Stelle wieder eine neue Identität. Man versuchte es mit Neuprogrammierung. Die Androidenbehörde stellte die besten Systemtechniker ein. Aber es zeigte sich, dass die einzige Lösung, wenn die Festplatte befallen war, in einer Totallöschung bestand. Was eine heikle Sache war. Draußen in der Menschenwelt hatten die Androiden Freunde gefunden, Arbeitskollegen, vielleicht sogar eine Frau oder einen Mann. Wenn man einen Androiden, der eine Totallöschung und Neuprogrammierung hinter sich hatte, so verändert wieder hinausließ, bestand immer das Risiko, dass er einem alten Bekannten begegnen könnte:
»Hallo, Aron, lange nicht gesehen!«
»Entschuldigung, aber du musst mich mit jemandem verwechseln.«
»Nein, ich sehe doch, dass du es bist, Aron. Was treibst du so, altes Haus, du bist ja einfach Hals über Kopf verschwunden!«
»Nun ja, ich arbeite bei der Präzisionskontrolle von Logipower.«
»Bist du aufgestiegen? Das musst du erzählen. Komm, lass uns einen trinken gehen!«
»Aber ich bin gerade auf dem Weg nach …«
»Ein kleiner Espresso nach der Arbeit mit einem Kumpel. Oder ein Glas Wein? Übrigens, erinnerst du dich noch an Sarah, die mit diesem kanadischen Veterinär zusammen war … Das hat nicht gehalten, sie ist wieder Single, wir könnten sie auf dem Weg abholen. «
Und wieder hat es einen erwischt. Eine Kneipenrunde als Mensch. Und schwupps bekommt man wieder Geschmack am Menschenleben, man fängt an, es zu genießen, wird abhängig davon, und bald ist es nicht mehr möglich, repariert zu werden.
Bleibt nur noch die Destruktion. Ja, leider. Keine schöne Beschäftigung, zerteilen und einschmelzen, aber was soll man sonst machen?
Die meisten Androiden gestanden, sobald ihnen klar war, dass sie enttarnt worden waren. Aber eine kleine Anzahl entschied sich zu lügen. Was natürlich ziemlich knifflig wurde.
»Bist du wirklich ein Mensch?«
»Ehrenwort.«
»Darf ich deinen Schädel röntgen und nachsehen, ob es da irgendwelche Stromkreise gibt?«
»Das ist bereits gemacht worden. Sie haben mich schon mal überprüft, hier ist das Negativ.«
»Ist das wirklich dein Schädel?«
»Das ist mein Schädel. Sieh doch selbst, keine Stromkreise!«
»Woher soll ich wissen, dass es dein Schädel ist?«
»Da steht meine Personenkennziffer. Und die Schädelform ist identisch. Vergleiche die Zähne, vollkommen identisch. Eine Füllung in einem Bakkenzahn, siehst du, es stimmt genau.«
»Wer hat das Röntgenbild gemacht?«
»Doktor Lagergren, da steht es doch. Ruf ihn an und vergleich die Karteidaten.«
»Doktor Lagergren, ist das auch ein Android?«
»Jetzt wirst du aber unverschämt!«
»Das Bild kann eine Fälschung sein.«
»Du selbst kannst eine Fälschung sein. Woher kann ich wissen, dass du tatsächlich für die Androidenbehörde arbeitest? Vielleicht bist du selbst ein Android. Welch perfekte Tarnung, ein Android, der so tut, als jage er Androiden!«
So ein Gespräch kann endlos fortgeführt werden. Tatsache ist, dass die meisten Androidenspione mit der Zeit Paranoiker wurden. Irgendwann sahen sie überall nur noch Androiden. An der Kasse im Supermarkt konnten sie plötzlich einen Pupillenreflektor herausziehen und der Kassiererin in die Augen leuchten. In Restaurants suchten sie sich immer einen Platz mit dem Rücken zur Wand und spähten in den Raum:
»Der Typ mit den Rastalocken am Bartresen. Und der Anzugheini mit der Lesebrille. Nicht-Humanoide, da bin ich mir bombensicher.«
Und augenblicklich griffen sie zum Handy, um die
Destruktionsabteilung anzurufen. Keine ruhige Mahlzeit in dieser Gesellschaft.
Das Schädelröntgen war die einzige sichere Methode, die bluffenden Androiden zu entlarven. Aber da man ja
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