Das Locken der Sirene (German Edition)
erklärte sie. „Und du wirst mir glauben, und anschließend schlafen wir.“
„Ich höre.“
„Es hat mir genauso viel bedeutet wie dir“, sagte sie und meinte es auch so.
Wesley nickte. „Okay. Ich glaube dir.“
Nora lächelte ihn an, und er erwiderte das Lächeln.
„Und jetzt schlaf. Auf dem Bauch, wenn du magst.“
„Gute Nacht, Nora“, sagte er und schob ihr das noch immer feuchte Haar aus dem Gesicht.
„Gute Nacht, John-Boy.“ Sie küsste ihn flüchtig auf die Wange und drehte ihm den Rücken zu.
Als Wesley sie in die Arme nahm und an seine Brust zog, spannte sie sich an. Es dauerte einen Moment, bis sie wirklich glauben konnte, dass ihre Körper einander so nahe waren. Schulter an Schulter, Hüfte an Hüfte. Sie schmiegte sich an ihn und ließ sich von ihm festhalten.
Nach einigen Minuten wurde seine Atmung ruhiger und verlangsamte sich, bis seine Atemzüge synchron waren mit ihren. Er lag so lange still da, dass sie schon glaubte, er sei eingeschlafen.
„Ich habe gedacht, du bleibst heute Nacht bei Zach“, sagte Wesley schließlich.
Nora fand seine Hand und umschloss sie mit ihren Fingern. „Nein“, erwiderte sie. „Heute Nacht bin ich bei dir.“
24. KAPITEL
Z ach verbrachte den ganzen Morgen am Telefon und besprach die Details einiger Verträge und zukünftiger Projekte mit dem Westküstenbüro von Royal. Diese Telefonkonferenzen wären unter anderen Umständen ziemlich spannend und interessant gewesen, aber solange die Ereignisse der letzten Nacht und Nora ihm noch im Kopf herumspukten, war es unmöglich, sich zu konzentrieren. Er ratterte die Fakten wie auswendig gelernt herunter und musste doch die ganze Zeit daran denken, wie es noch vor ein paar Stunden gewesen war, als er an der Seite eines katholischen Priesters und dem Sohn von John Fiske, dem mächtigsten und reichsten Mann der Stadt, durch New Yorks berüchtigtsten geheimen SM-Club spaziert war. Und dann die Episode mit Nora in ihrem Auto – er konnte noch immer spüren, wie sie seine Finger umklammerte. Wie dicht er davorgestanden hatte, in sie einzudringen. Jetzt aber, im Licht dieses Dienstagnachmittags, fiel es Zach schwer, zu glauben, dass es wirklich so gewesen war. Allein Nora könnte ihm das bestätigen. Nora, die in seiner wie in der anderen Welt gleichermaßen zu Hause war.
Endlich war die Telefonkonferenz vorbei. Zach setzte sich wieder an seinen Schreibtisch vor den Computer. In der Zwischenzeit waren fünfundzwanzig neue Seiten von Nora eingetrudelt, und sie versprach ihm, schon bald mehr zu schicken.
Ich bin heute früh aufgestanden
, schrieb sie.
Ich habe mit Wesley geschlafen, und er musste um acht zur Uni. Mikrobiologie um acht Uhr in der Früh? Das ist verflucht sadistisch, wenn du mich fragst
.
Du hast gestern Nacht wirklich mit deinem jungfräulichen Praktikanten geschlafen
, antwortete Zach, nachdem er Noras E-Mail zweimal gelesen hatte, um sicherzugehen, dass er sie nicht falsch verstanden hatte. Nach fünfzehn Minuten schrieb sie zurück:
Nicht eifersüchtig sein, Liebster. Es war ganz und gar unschuldig. Na ja, fast. Aber du musst mich jetzt entschuldigen, ich muss wieder an die Arbeit. Ich werde dir keine Ausrede liefern, damit du den Schwanz einziehen kannst
.
Ich glaube, ich werde meine Worte noch bereuen
, schrieb Zach zurück.
Du wirst gar nichts bereuen, wenn ich erst mit dir fertig bin. Und jetzt lass mich in Ruhe. Heute bin ich Papa Hemingway
.
Nora war auf jede nur erdenkliche Weise das absolute Gegenteil von Hemingway. Zum einen konnte sie selbst dann keine verknappte Prosa schreiben, wenn man ihr eine Waffe an den Kopf hielt. Zum anderen genoss Zach es inzwischen, ihre Bücher zu lesen.
Hemingway war der König der Untertreibung, der Ökonomie des Wortes und der Kürze. Bist du sicher, dass du ausgerechnet ihn zum Vorbild nehmen willst
, schrieb Zach zurück.
Noras nächste E-Mail war ihm Antwort genug.
Ja
.
Zach lachte noch immer, als J. P. sein Büro betrat.
„Lächeln
und
Lachen? Diese heiligen Hallen haben zuletzt nur wenig Londoner Nebel zu spüren bekommen“, sagte J. P. „Müssen wir uns bei einem bestimmten Autor für diesen überraschenden Wetterumschwung bedanken?“
„Wir haben uns über Hemingway unterhalten.“
„Ja, sicher. Ein wahnsinnig lustiger Kerl, dieser Hemingway. Wie geht’s mit Sutherlins Buch voran?“
„Sehr gut. Wir haben noch zweieinhalb Wochen Zeit, und es sind nur noch zweihundert Seiten, die umgeschrieben werden müssen. Wenn sie in
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