Das Locken der Sirene (German Edition)
dem Tempo weitermacht, schaffen wir es vor meiner Abreise.“
„Das ist ein ziemlich ehrgeiziger Zeitplan, Easton. Eine Menge Schreibarbeit, die hoffentlich eine entsprechende Qualität mit sich bringt.“
„Sie schafft beides. Sie hat den Schwung und ist fest entschlossen, das Buch zu einem guten Ende zu bringen.“
„Ach, stimmt ja. Der noch nicht unterzeichnete Vertrag hängt noch immer wie ein Damoklesschwert über ihrem Kopf, nicht wahr?“
Zach lächelte und lehnte sich entspannt zurück. Es fühlte sich überraschend gut an, so zu lächeln. So als hüte er ein verruchtes Geheimnis, von dem er ganz allein entscheiden durfte, ob er es erzählte oder für sich behielt. So musste Nora sich fühlen, wenn sie lächelte.
Das Geheimnisvolle an seinem Lächeln schien J. P. nicht zu entgehen. „Es ist nicht nur der Vertrag, der sie so bei der Stange hält, richtig?“, fragte er. Seine Augen funkelten amüsiert, und er strich über seinen Bart.
„Wir schlafen nicht zusammen. Ich habe sie bisher noch nicht einmal geküsst.“ Er verschwieg geflissentlich den Vorfall auf dem Fußboden ihres Büros und die letzte Nacht im Auto. Technisch betrachtet hatten sie sich da nämlich doch geküsst, wenngleich nicht mit ihren Mündern.
„Man kann schon eine Menge machen, ohne sich mit Küssen aufzuhalten. Ich war auch mal jung.“
„Dank Nora habe ich bereits ausreichend verstörende Bilder in meinem Kopf, um mich bis ans Ende meines Lebens zu traumatisieren. Bitte füge nicht noch weitere hinzu.“
„Im Moment ist es mir wirklich egal, wie ihr das Buch fertig bekommt“, sagte J. P. und erhob sich. „Ihr solltet es nur schaffen, bevor du nach L. A. gehst, und es sollte möglichst gelingen, ohne dass du in den Klatschspalten auftauchst. Dann bin ich der glücklichste Mensch auf Gottes Erdboden. Du gehst doch noch nach L. A.?“
Zach zögerte. Natürlich ging er nach L. A., oder? Gut, New York zu verlassen hieße, auch Nora zu verlassen. So wie London zu verlassen bedeutet hatte, Grace zu verlassen. Er war nicht sicher, ob er ein zweites Mal so gehen wollte.
„Ja, ich gehe nach L. A. Es geht einzig und allein ums Buch, J. P.“, sagte Zach.
„Rede dir das nur schön weiter ein, Easton“, gab J. P. zurück. Er drehte sich um und warf Zach ein kleines eingewickeltes Päckchen zu. „Du hast übrigens wieder ein Geschenk bekommen.“
Zach fing die Schachtel auf und seufzte. Etwas angespannt öffnete er das Päckchen, nahm den Inhalt heraus und runzelte verwirrt die Stirn. Das schienen silberne Hängeohrringe zu sein, und sie waren überhaupt nicht Fetisch. Wolte sein Witzbold damit andeuten, dass Zach ein Crossdresser war? Oder werden sollte? Er legte die Ohrringe zurück in die Schachtel und stopfte diese in seine Tasche. Er wusste nicht, was er damit anfangen sollte. Wenn sie Nora gefielen, könnte sie sie behalten.
Er zog ihren Vertrag aus der obersten Schreibtischschublade und blätterte ihn durch. Dann nahm er einen Stift zur Hand und dachte ernsthaft darüber nach, ihn hier und jetzt zu unterschreiben. Er könnte das tun und ihr nichts davon erzählen. Wenn das Buch dann fertig war, würde er ihr zeigen können, wie sehr er die ganze Zeit über an sie geglaubt hatte. Eine leichte Übertreibung, wenn man bedachte, wie sehr es ihm anfangs widerstrebt hatte, mit ihr zusammenzuarbeiten. Aber er wusste, dass diese Geste sie rühren würde.
Zach dachte wieder über J. P.s Frage nach. Wollte er immer noch nach L. A.? Warum sollte er nicht? Der Job als Cheflektor des Westküstenbüros war der Grund, warum er überhaupt bei Royal angefangen hatte. Er hatte zugesichert, nach L. A. zu gehen, und das würde er auch tun. Und er hatte gesagt, er werde Noras Vertrag erst dann unterschreiben, wenn er die letzte Seite gelesen hatte, und auch das würder er einhalten. Als er Nora erklärt hatte, dass sie erst dann miteinander schlafen konnten, wenn ihre Arbeit beendet war, hatte er das auch so gemeint.
Mit reinem Gewissen faltete er den Vertrag wieder zusammen und stopfte ihn ebenfalls in seine Tasche.
Der Gedanke an Zach begann sie beim Schreiben zu beeinflussen. Sie wollte unbedingt die nächsten Kapitel bis zum Ende des Tages fertig bekommen, aber sie wusste, dass sie noch zu viel zu tun hatte, als dass sie sich heute Nacht mit ihm würde vergnügen können. Andererseits, nur weil sie zu beschäftigt war, um sich Zach zu widmen, hieß das noch lange nicht, dass sie ihn gänzlich vom Haken lassen musste. Nora nahm
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