Das Locken der Sirene (German Edition)
einer sauberen Boxershorts und einem seiner T-Shirts zurück. „Reicht das?“
„Das ist perfekt.“ Unter dem Handtuch zog sie die Shorts an. Wesley drehte sich wieder um, als sie das Handtuch fallen ließ und das T-Shirt anzog. In seine Kleidung zu schlüpfen fühlte sich so an, als würde er sie umarmen. Seine Sachen waren warm und sauber und rochen wie ein frischer Sommermorgen.
Sie rubbelte die Haare mit dem Handtuch trocken und drückte möglichst viel Wasser heraus. Wesley schlug derweil das Bett für sie auf. Sie kroch unter die Decke und sog erleichtert den vertrauten Duft ihrer Bettwäsche ein. Der vertraute Stoff auf der Haut und Wesleys Nähe fühlten sich so gut an.
„Wie spät ist es?“ In den vergangenen Tagen war ihr die Zeit durch die Hände geronnen wie Wasser. Sie wusste nur, dass Mittwoch war, weil das der Tag war, der vor Donnerstag kam.
„Fast Mitternacht.“ Wesley deckte sie zu, und sie seufzte wohlig. Zum ersten Mal seit letztem Freitag fühlte sie sich wieder ein bisschen menschlich.
„Fast Donnerstag.“ Nora sah, wie sich ein Schleier über Wesleys Augen legte. Er wusste genau, was das bedeutete.
„Du wirst ihn morgen sehen?“, fragte er leise und setzte sich zu ihr.
Sie rutschte näher zu ihm an die Bettkante. Dann schaute sie mit müden Augen zu ihm auf. „Ich muss.“
Er nickte. Sonst stritt er sich immer mit ihr, sobald sie behauptete, sie „müsse“ irgendwas tun, von dem er ganz genau wusste, dass sie es nicht musste. Dies hier schien er zu verstehen. „Du liebst ihn immer noch, stimmt’s?“
Traurig lächelte sie ihn an. „Viele Wasser.“ Sie fuhr mit der Hand durch ihr nasses Haar und ließ die Tropfen von ihren Fingerspitzen auf den Fußboden tropfen.
„Sodass auch viele Wasser die Liebe nicht auslöschen“
, vollendete Wesley ihr Zitat. „
Und Ströme sie nicht fortspülen können.“
„Noch Ströme sie ertränken können“
, korrigierte sie ihn. „Wir Katholiken verwenden die New American Standard Bible.“
„In unserer Jugendgruppe verwenden wir die neue internationale Version.“
„Ich werde nicht zulassen, dass er mir wehtut. Das verspreche ich dir. Ich muss ihn einfach sehen. Mehr nicht.“
„Okay“, sagte er. „Aber du kommst morgen Abend nach Hause?“
„Ja, ich komme heim.“
Wesley nickte. Er rutschte von der Bettkante und begann seine Jeans aufzuknöpfen.
„Was machst du da?“, fragte sie, als er die Hose auszog und auf einen Stuhl warf.
„Sagte ich doch. Es ist fast Mitternacht. Rutsch rüber.“
Er zog das T-Shirt aus, und Nora machte Platz, damit er neben sie ins Bett schlüpfen konnte. Er schaltete die Nachttischlampe aus und zog Nora an sich. Sie atmete ganz bewusst und entspannte sich an seine Brust gedrückt. In seinen Armen wurde sie ganz weich. Sie verdiente ihn nicht, verdiente seine Fürsorge nicht. Er wusste, dass sie morgen zu Søren ging, und er hasste sie nicht dafür. Sie hasste sich vielleicht selbst, aber Wesley würde sie niemals hassen.
Nora zeichnete mit den Fingerspitzen sein Schlüsselbein nach, während Wesley die Hand unter ihr T-Shirt gleiten ließ und langsam ihren unteren Rücken massierte. Sie unterdrückte ein Lachen, weil es sich für sie so merkwürdig anfühlte. Denn zum ersten Mal in ihrem Leben lag sie mit einem wunderschönen jungen Mann im Bett, und sie hatte absolut keine Lust, ihn zu verführen.
„Wir tragen beide deine Unterwäsche“, sagte Nora, nachdem beide lange geschwiegen hatten.
„Könnte schlimmer sein. Wenn wir beide deine Unterwäsche tragen würden zum Beispiel.“
Mehr als das Bad vermochte Wesleys Nähe, dass sie sich wieder sauber und gesund fühlte. Wenn Søren sie berührte, wurde sie sein. Wenn Wesley sie berührte, war sie ganz bei sich.
Noras Hand glitt von seiner Brust zu seinem Arm. Wesley hatte doppelt so kräftige Muskeln wie sie. Er konnte jemandem sehr viel leichter wehtun, als sie es vermochte, und trotzdem wusste sie, dass er nie irgendwem Schmerzen zufügen würde, solange er nicht gezwungen war, jemand anderes zu beschützen. Das hatte sie mit eigenen Augen gesehen.
„Wes“, sagte sie, als der Schlaf sie zu übermannen drohte.
„Was ist, Nor?“
Ich liebe dich, dachte sie. Aber sie sprach es nicht aus.
„Danke für das Bad.“
28. KAPITEL
W esley war bereits aufgestanden und aus dem Haus, als Nora sich am nächsten Morgen aus dem Bett rollte. Morgen, dachte sie und schaute auf die Uhr. Es war bereits nach Mittag. Sie wühlte sich aus
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