Das Locken der Sirene (German Edition)
nippte an seinem Kaffee und verzog das Gesicht.
„Weißt du, Boss, du solltest einfach mich den Kaffee kochen lassen.“ Mary betrat sein Büro mit einem Starbucks-Becher in der Hand. Sie reichte ihm das heiße Getränk, und er nahm es dankbar an. „Deiner schmeckt einfach scheußlich.“
„Man sollte doch meinen, als jemand, der in Oxford promoviert hat, hätte ich irgendwann gelernt, einen ordentlichen Kaffee zu kochen.“
„Einige von uns haben diese Gabe. Andere nicht. Armer Kerl, dass du dein ganzes Leben lang so eine schreckliche Brühe hast trinken müssen.“
Zach schmunzelte. Sie setzte sich ihm gegenüber auf einen Besucherstuhl. „Grace hat immer unseren Kaffee gekocht. Sie verfügte offensichtlich über die Gabe“, sagte er. „Amerikanischer Kaffee ist dem englischen ohnehin haushoch überlegen. Sie kannte einen kleinen Laden in London, in dem es richtig gute Kaffeebohnen gab. Sie stand immer frühmorgens auf und brühte den Kaffee von Hand auf.“
„Sie klingt wie ein richtiger Schatz.“ Mary lächelte, doch dann fiel ihr auf, dass die Bemerkung vielleicht ein wenig fehl am Platz gewesen war. „Tut mir leid, Zach.“
„Ist schon in Ordnung. Es ist offensichtlich kein Geheimnis, dass Grace und ich uns getrennt haben. Sogar dieser Arsch Finley wusste es.“
Mary schüttelte sich voller Abscheu. „Ich kann einfach nicht glauben, dass er diesen ganzen Aufwand mit den versauten Geschenken betrieben hat, nur um dir unter die Haut zu gehen. Und was er über Nora gesagt hat … Ich hab dir das nie erzählt, aber ich mag Noras Bücher wirklich gerne.“
„Mary! Ich habe ja nicht geahnt, dass du auch zu denen gehörst.“
„Na, so würde ich das auch nicht sagen. Aber ich mag eine gut erzählte Geschichte. Und sie schreibt wirklich heiße Geschichten.“
„Ihr Leben ist die heißeste Geschichte von allen“, sagte Zach.
„Bei dir klingt das, als wäre das schlecht.“
„Mary – die Bücher sind nicht das Einzige, was sie verkauft.“
„Ja, ich hab davon gehört, dass sie in ihrem wahren Leben auch so ist. Ich kann einfach nicht glauben, dass ich für jemanden gearbeitet habe, der mit einer echten Domina zusammenarbeitet hat.“
„Sie ist nicht irgendeine Domina. Sie ist
die
Domina, wenn ich das richtig verstanden habe. Ich kann’s einfach nicht glauben. Sie sollte doch nur darüber schreiben. Keiner hat verlangt, dass sie es leben soll.“
„Sie schreibt doch keine Mordgeschichten, Boss. Sie bringt keine Leute um, weder auf dem Papier noch im echten Leben. Sie …“
„Schlägt sie auf dem Papier und im wahren Leben“, vollendete Zach den Satz für sie.
„Aber ihnen gefällt es. Das ist wohl kaum so schlimm wie Mord oder Vergewaltigung, findest du nicht?“
„Mary, dir macht es vermutlich nichts aus, dass dein Mann andere Frauen vor dir hatte, oder?“
„Nein, natürlich nicht. Ich hatte auch meinen Spaß.“
„Nun, und was würdest du sagen, wenn diese Frauen ihn für den Sex bezahlt hätten?“
Bei dem Gedanken musste Mary lachen. „Ich verstehe, was du sagen willst, Boss. Trotzdem …“
„Ich kann es akzeptieren, wenn es eine Privatangelegenheit zwischen zwei Erwachsenen ist. Aber es mit Fremden zu tun? Für Geld?“
Mary atmete tief durch und verdrehte die Augen. „Boss, glaubst du wirklich, ihr Privatleben ist der Grund, weshalb sie es nicht verdient, veröffentlicht zu werden? Ich finde das ein bisschen hart, denkst du nicht auch? Geht es hier wirklich noch um ihr Buch?“
Zach sah Mary an. „Bitte, schwöre mir, dass du keinem davon erzählst …“
„Himmel, Zach! Ich bin nicht J. P., du kannst mir alles sagen.“
„Nora und ich – das war nicht nur rein geschäftlich.“
Sie nickte. „Nun, offensichtlich nicht. Kurz nachdem du angefangen hast, mit ihr zu arbeiten, ist deine Laune spürbar angestiegen. Bist du deshalb jetzt so angefressen?“
„Sie hat mich belogen. Darüber kann ich nicht hinwegsehen. Sie lag mir sehr am Herzen. Zum ersten Mal seit der Trennung von Grace war ich wieder glücklich. Oder fühlte mich zumindest nicht mehr vollkommen elend.“
„Vielleicht ging es ihr mit dir ja ähnlich. Vielleicht war das der Grund, warum sie Angst hatte, es dir zu erzählen. Oder vielleicht wollte sie bloß, dass du sie als Schriftstellerin siehst und nicht als, keine Ahnung, vielleicht als Charakter aus ihrem Buch.“
Zach seufzte. Er wusste, dass Mary recht hatte. Er wollte es sich nur nicht eingestehen.
„Sag mir eines, Boss. Was,
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