Das Locken der Sirene (German Edition)
die Kosten zu decken, und eine Wohnung außerhalb des Campus. Sie wissen nicht, was ich mache.“
„Wie habt ihr zwei euch kennengelernt?“
„Auf dem College“, kam Nora Wesley zuvor. „Die Verwaltung war ein wenig verzweifelt. Sie haben mich gebeten, ein Semester als Gastautor Vorlesungen zu halten. Wes war in meiner Klasse.“
„Sie waren Ihr Schüler?“, fragte Zach. Bei den Worten wurden seine Hände ganz kalt.
„Der Kurs ging um ein Uhr los“, sagte Wes und lächelte Nora an. „Ich brauchte noch eine Vorlesung in Geisteswissenschaften und hätte alles belegt, was mir ermöglichte, dienstags und donnerstags ausschlafen zu können.“
„Jetzt fühle ich mich geschmeichelt.“ Nora streckte ihm die Zunge heraus.
„Und ich bin schon verschwunden. Bis dann“, sagte Wesley. Er griff nach Noras Becher, und sie gab ihm einen Klaps auf die Hand.
„Wo liegt dein Zucker?“, wollte sie wissen.
„117. Einen Schluck kann ich mir erlauben“, protestierte Wesley.
„Nicht bei mir! Trink deinen Kaffee schwarz, und lass die Finger von meinem Kakao.“
Wesley täuschte einen Schritt nach links an und tauchte den Finger in ihren Becher. Genüßlich leckte er den Finger ab und verschwand durch die Küchentür. Zach fühlte einen eifersüchtigen Stich, weil zwischen Nora und Wesley diese entspannte Intimität herrschte. Er vermisste die gespielten Kämpfchen, die er mit Grace so manches Mal in der Küche ausgetragen hatte, und die Tauschhandel, die sie sich dazu ausgedacht hatten. Er würde das Abendessen kochen, wenn sie die Wäsche trüge, die er ihr zum Geburtstag geschenkt hatte. Sie würde den Abwasch erledigen, wenn sie dafür heute Nacht oben sein dürfte … Schon erstaunlich, wie sie aus diesen Kämpfen immer beide als Sieger hervorgegangen waren.
„Er ist wie alt? Neunzehn?“
„Sie haben eine schmutzige Fantasie, Zachary Easton. Ich habe Ihnen schon bei unserer ersten Begegnung hier im Haus gesagt, dass dieser Junge so rein ist wie am Tag seiner Geburt.“
„Sie wollen mir allen Ernstes erzählen, dass Wesley noch Jungfrau ist? Der junge, attraktive Hausboy einer berüchtigten Erotikschriftstellerin ist eine Jungfrau?“
„Ob Sie es glauben oder nicht, Zach, aber ich verfüge durchaus über Selbstbeherrschung. Und selbst wenn ich die nicht hätte, hat Wesley genug für uns beide. Wenn man mal davon absieht, dass er ab und zu seine Hand in meinen Kakaobecher steckt. Er ist ein guter christlicher Junge, und für seinen Entschluss, mit dem Sex zu warten, respektiere ich ihn mehr, als ich mit Worten ausdrücken kann. Denken Sie an meine Worte, Zach, die erste sexgeile Schlampe, die Hand an ihn legen will, werde ich krankenhausreif schlagen.“
„Und er stört sich nicht an dem, was Sie schreiben? Was Sie machen?“
Nora lehnte sich zurück. „Wir haben einen Deal geschlossen. Ich darf
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, aber nicht
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.“
„Sind Sie heimlich ein schwuler Mann?“ Zach schaute sie neugierig an.
„Nein, ich stehe gar nicht mal so heimlich auf SM.
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und
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sind SM-Begriffe. Wes lässt mich mit meinem Sexleben in Ruhe, solange ich nicht mit blauen Flecken übersät nach Hause komme. Kurz gesagt: Ich darf beherrschen, aber mich nicht beherrschen lassen.“
Zach schluckte. „Sind Sie je mit blauen Flecken nach Hause gekommen?“
Nora biss sich auf die Unterlippe.
„Ich werde Sie nicht mit der ganzen Geschichte über Søren und mich langweilen.“ Sie senkte den Blick. „Belassen wir es einfach dabei, dass wir eine gemeinsame Vergangenheit haben. Letztes Jahr besuchte ich Søren an dem Tag, den wir als unseren Jahrestag auserkoren hatten. Das tue ich jedes Jahr. Ich kann irgendwie nicht anders. Egal, jedenfalls hatte ich an diesem Tag einen schwachen Moment. Am nächsten Morgen kam ich nach Hause, übersät mit Striemen und Prellungen und mit einer ziemlich dicken Lippe. Wes war entsetzt. Er fing sofort an, seine Sachen zu packen.“
Zach schluckte erneut. Die Vorstellung, wie Striemen und Prellungen Nora verunstalteten, entsetzte auch ihn.
„Also haben Sie einen Pakt geschlossen?“
„Genau. Wenn ich noch ein einziges Mal zu Søren zurückgehe, ist Wes für immer fort. Er erträgt es, wenn es auf meiner Spielwiese etwas rauer zugeht, solange ich nicht diejenige bin, der man wehtut.“
„Auszuziehen ist eine ziemlich extreme Drohung. Obwohl es natürlich auch eine ziemlich merkwürdige Entscheidung war, bei Ihnen einzuziehen.“
„Er ist Methodist. Ich glaube, er versucht mich zu
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