Das Locken der Sirene (German Edition)
ihr steckend, fing er an, sich wieder zu bewegen. Sie schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken, während seine Hand sich um ihren Hals schloss. Das Halsband grub sich schmerzhaft in ihre Kehle
.
Sie schluckte schwer und atmete und atmete
.
Er hatte gerade erst begonnen, ihr in dieser Nacht Schmerz zuzufügen
.
„Hey, Nor, ich bin zu Hause. Wie wär’s mit Abendessen?“
Nora blinzelte und rieb sich die vom Starren auf den Monitor trockenen Augen.
Wesley stand mitten im Büro, und anfangs konnte sie ihn nur unscharf erkennen. Sie sah ihn, schaute aber gleichzeitig durch ihn hindurch und an ihm vorbei.
„Klingt gut.“ Sie schaute auf die Worte auf dem Bildschirm. „Ich bin am Verhungern.“
„Nudeln?“
„Zu viele Kohlenhydrate.“
Wesley verdrehte die Augen. „Na gut. Salat und Fisch?“
„Fisch? Aber heute ist doch gar nicht Freitag.“
„Du bist die Katholikin. Ich bin Methodist. Wir essen Fisch, wann immer uns danach ist. Gib mir zwanzig Minuten.“
Wesley ließ sie wieder allein. Sie druckte die Seiten aus, die sie geschrieben hatte, und las sie noch einmal durch.
Sie las bis zum Ende und drückte die Seiten, die noch warm vom Drucker waren, einen kurzen Moment an ihre Brust. Widerstrebend schob sie eine nach der anderen in den Aktenvernichter. Dann markierte sie den Text im Dokument, drückte die Entfernen-Taste und zuckte zusammen, als der Text gelöscht wurde. Sie schloss das Dokument und ließ die Wörter für alle Ewigkeiten im Äther verschwinden. Gott, wie sie das hasste. Aber sie kannte die Regeln. Und sie gehorchte dem Gebieter.
Zum ersten Mal seit einer Stunde stand Nora auf und verließ ihr Büro. Als sie die Küche betrat, konnte sie Wesley endlich wirklich an der Anrichte stehen sehen. Er lächelte sie an. Sie erwiderte das Lächeln.
„Und, was hast du heute geschrieben?“, fragte er, während er geübt eine reife Tomate schnitt.
„Eine echt heiße Sexszene mit viel S&M zwischen einem Mädchen und ihrer wahren Liebe“, sagte sie. Wesley verdrehte die Augen – seine übliche Reaktion auf ihre anrüchigen Szenen. „Aber mach dir keine Sorgen, ich habe sie gelöscht.“
„Wie kommt’s?“ Er steckte sich ein Stück Tomate in den Mund und schaute Nora fragend an.
Nora lehnte sich gegen ihn und genoss den Trost, den seine warme starke Brust ihr für einen kurzen Moment bot. Er schlang einen Arm um sie und stützte sein Kinn auf ihrem Kopf ab.
„Weil es nicht erfunden war.“
6. KAPITEL
M eine Caroline
,
ich will diese Geschichte genauso wenig schreiben, wie du sie lesen willst. Es geht um uns. Natürlich geht es um uns. Ein geänderter Name hier, ein korrigiertes Datum dort – trotzdem bleiben es wir. Du warst schon immer meine einzige Muse. Ich kann nicht malen oder bildhauen. Ich habe nur meine Worte, um dein Ebenbild zu erschaffen. Manchmal wünsche ich, gleichermaßen Gott und Adam zu sein, damit ich mir eine Rippe herausreißen und dich aus meinem eigenen Fleisch und Blut erschaffen könnte. Ich würde behaupten, dass ich dich aus meinem Herzen erschaffe, aber das habe ich dir geschenkt, als du mich verlassen hast. Welch ein Klischee, nicht wahr? Leider ist das alles, was mir geblieben ist. Die ganze Geschichte ist ein Klischee. Ich begehrte dich. Ich naschte von dir. Ich verlor dich. Diese alte Geschichte – älter als der Garten Eden, älter als die Schlange. Ich hätte unsere Geschichte gerne „Die Versuchung“ genannt, aber allein das Wort Versuchung, einst die Domäne gläubiger Theologen, wurde inzwischen von jedem dritten zweitklassigen Liebesromanautor adaptiert. Und auch wenn ich dich liebe, mein schönes Mädchen, ist das hier doch kein Liebesroman
.
„Und, ganz nach Ihrem Geschmack, Zach?“
Zach blinzelte, überrascht über die Unterbrechung, so sehr hatte er sich in Noras Worten verloren.
„Es ist eine ziemliche Verbesserung.“
„Eine Verbesserung? Oh, ich meinte eigentlich den Kakao.“
Zach saß in Noras heller Küche. Die Wintersonne ließ alles unnatürlich weiß erscheinen. Noras neue Version des ersten Kapitels lag vor ihm, und neben seinem Ellbogen dampfte ein Becher mit heißem Kakao. Er nippte an dem Kakao und fühlte sich wieder wie der kleine Junge, der bei seiner Großmutter in der Küche saß.
„Sehr gut“, sagte er und sog tief den warmen Dampf ein. „Und das hier auch.“ Er tippte auf die Seiten vor ihm auf dem Tisch. Nora hatte seinen Rat beherzigt und eine Rahmenhandlung für das Buch entwickelt. Es war
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