Das Locken der Sirene (German Edition)

uns. Aber nein, ich komme nicht zurück.“
    „Du glaubst also wirklich, es geht hier nur um dich?“, fragte Søren.
    „Worum denn sonst, wenn nicht um mich?“, wollte sie wissen. Es machte sie wütend, dass er auch nach so langer Zeit noch diese Wirkung auf sie hatte.
    „Ich habe dir schon letztes Mal gesagt: Wenn wir uns wiedersehen, werden wir über Wesley reden.“
    Nora machte einen Schritt nach hinten. „Nein, nicht ihn. Er steht hier nicht zur Verhandlung.“
    Søren funkelte sie an. „Das passt ja. Ich verhandle nämlich nicht.“
    „Ich werde Wesley nicht aufgeben.“
    „Er ist aber keiner von uns, Eleanor. Das weißt du. Du hättest ihn niemals bei dir einziehen lassen dürfen. Du spielst da ein gefährliches Spiel, und einer von euch oder ihr beide werdet irgendwann schrecklich verletzt werden.“
    „Wes ist kein Spiel. Er ist mein bester Freund. Himmel, Søren! Er ist mein einziger Freund!“ Nora hasste es, das zuzugeben, aber sie wusste, dass es stimmte. Mit jedem, der Teil ihres Lebens war, hatte sie entweder bereits geschlafen oder es sich zumindest fest vorgenommen – auch mit Zach.
    „Dein Freund? Er ist dein Haustier. Du benutzt ihn doch nur. Ein Spiel ist nur dann gerecht, wenn beide Gegner wissen, dass sie dieses Spiel spielen.“
    „Du weißt absolut nichts über uns. Du bist ihm ja noch nicht mal begegnet.“
    Søren packte sie so fest am Kinn, dass es beinahe schmerzte.
    „Glaubst du denn wirklich“, fragte er langsam, „dass es irgendeinen Teil deines Lebens gibt, den du vor mir verstecken kannst?“
    „Warum kümmert es dich überhaupt, was mit Wesley passiert?“
    „Einer von uns beiden muss doch auf ihn aufpassen. Ist er immer noch Jungfrau?“, wollte Søren wissen. Nora wandte sich von ihm ab. „Antworte mir, junge Dame.“
    „Ja“, sagte sie. Er hatte sie zu gut ausgebildet, als dass sie sich einem direkten Befehl widersetzen könnte. „Wir sind nur Freunde.“
    „Nur aus Liebe würdest du allein schlafen. Ich hätte dich haben können, als du fünfzehn warst, Eleanor. Und obwohl ich mich so sehr nach dir verzehrte, obwohl mein Verlangen nach dir wuchs, bis der Kalender meines Lebens die Tage und Monate und Jahre herunterzählte, bis ich dich endlich zur Meinen machen konnte, habe ich dich trotzdem weiterhin Jungfrau sein lassen. Was glaubst du, warum?“
    Nora verdrehte die Augen. „Weil du ein Sadist bist.“
    Søren packte sie bei den Schultern. Seine Hände ruhten auf ihrer nackten Haut, und sie spürte, wie diese Berührung Elektroschocks durch ihren gesamten Körper schickte.
    „Weil ich dich liebte. Ich wollte dich erst dann nehmen, wenn du dafür bereit warst. Du machst es mit Wesley genauso. Aber du warst für dieses Leben geschaffen, und das ist er nicht. Du wirst ihm schaden, wenn du ihn weiter bei dir behältst.“
    „Ich würde Wes niemals wehtun.“ Ihre Kehle zog sich schmerzhaft zusammen.
    „Es wird übel ausgehen, Eleanor. Wie auch das da, wenn du nicht vorsichtig bist“, fügte er hinzu und zeigte auf Zach, der mit Griffin an der Bar saß. Griffin schaute in den Spiegel und zwinkerte. Natürlich wusste er, dass es sich bei dem Spiegel hinter der Bar um einen venezianischen Spiegel handelte. Sie hatte sich mit ihm mehr als einmal für eine schnelle Nummer hierher verzogen. „Dein Lektor. Er schien überrascht, als er mich sah. Du hast ihm nicht alles über mich erzählt. Was hast du ihm noch alles verschwiegen?“
    Nora verdrehte die Reitgerte in ihren Händen.
    „Eleanor …“ Søren schalt sie mit seiner unerträglichsten väterlichen Stimme. „Wie wird er sich wohl fühlen, wenn er entdeckt, dass das Schreiben nicht deine einzige Einkommensquelle ist?“
    „Ich wollte es ihm ja sagen. Und das werde ich auch, sobald das Buch fertig ist.“
    „Er sorgt sich um dich, Eleanor. Das sehe ich in seinen Augen. Er lässt diese Sorge um dich zu, und das ängstigt ihn. Er wird deinen Verrat nicht auf die leichte Schulter nehmen.“
    „Darum werde ich ihn nicht verraten. Das Buch ist halb fertig. Und Zach – er ist wirklich wunderbar. Er ist klug und lustig. Er ist …“
    „Verheiratet. Ich dachte, du wüsstest es besser.“
    „Sie leben getrennt. Sie leben sogar auf verschiedenen Kontinenten.“
    „Versuchst du gerade, mich zu überzeugen oder dich?“, fragte Søren. Nora schloss die Augen. Sie atmete aus, als Søren die Hände an ihren Armen nach unten gleiten ließ. „Wenn er dich bis jetzt noch nicht genommen hat – und ich bin