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Das Löwenamulett

Das Löwenamulett

Titel: Das Löwenamulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schwieger
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kaltblütiger Kerl, der schon unzählige Menschen in der Arena getötet hatte, sondern dass Urbicus der Mann sein musste, den wir suchten: ein eiskalter Widerling, der in der Nacht zuvor versucht hatte, den armen Senator Metellus heim-tückisch zu ermorden.
    »Hey, ihr beiden! Was macht ihr denn hier?«
    Delia und ich hatten noch nicht einmal begonnen, uns von dem Schreck, den Urbicus uns eingejagt hatte, zu erholen, als wir schon wieder zusammenzuckten. Wollte uns jetzt ein zweiter Gladiator zu einem Treffen einladen? Wir blickten nach rechts. Vor uns stand ein junger Mann, vielleicht 17
    oder 18 Jahre alt, und schaute uns neugierig an. War er auch ein Gladiator? Dafür war er eigentlich viel zu schmal, außerdem trug er keine Waffe.
    »Mädchen in einer Gladiatorenschule? Das ist ja ganz was Neues. Gehört ihr hierher?«
    »Nein«, sagte Delia. Sie fand als Erste ihre Stimme wieder.
    »Wir sind Fans und dürfen heute ein wenig beim Training zusehen. Und wer bist du?«
    »Pacuvius«, sagte der Unbekannte.
    »Bist du auch ein Gladiator?«
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    Er lachte. »Ich? Nein, beim großen Iupiter, ich bin ein freier römischer Bürger.«
    »Und was machst du dann hier?«, fragte ich. Endlich war die Eisenhand von meinem Hals verschwunden. Pacuvius war mir auf Anhieb sympathisch. Er hatte ein freundliches Gesicht, glänzende schwarze Augen und volles dunkles Haar.
    »Ich bin mit meinem Onkel hier«, antwortete er. »Wir beide sind Tischler. Onkel Orbilius ist der Magister, ich helfe ihm. Das ist die ganze Firma.«
    Jetzt fielen mir die Sägespäne auf seiner grauen Tunica auf und die Schrammen auf seinen Armen.
    »Und was macht ihr hier?«
    »Arbeiten, was sonst?«
    »Aber heute ist doch ein Feiertag«, warf Delia ein. »Müsst ihr da überhaupt arbeiten?«
    Pacuvius zuckte mit den Schultern, ein Schatten huschte über sein Gesicht. »Wir haben die Tische und Bänke im Speiseraum erneuert. Das sollte schon vor den Feiertagen geschehen, aber der Schmied hatte die Nägel erst so spät geliefert, dass wir in Verzug kamen. Außerdem … Ach, ist nicht so wichtig.« Er winkte ab. »Auf jeden Fall sind wir gleich fertig. Onkel Orbilius räumt schon das Werkzeug zusammen, ich will nur noch den Speiseraum ausfegen. Habt ihr hier irgendwo einen Besen gesehen?«
    »Nein«, sagte ich, »aber frag doch Lysander, er ist in der Küche und hilft der Köchin.«
    »Gute Idee«, sagte Pacuvius. »Übrigens …«, er trat einen Schritt näher an uns heran und lächelte verschmitzt, »… ich bin auch ein Fan.«
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    »Wie meinst du das?«, fragte Delia überrascht.
    »Na, ein Fan der Löwentruppe.«
    »Ach so.«
    »Als wir diesen Auftrag bekamen, habe ich mich riesig gefreut. Ich hab die Männer schon oft im Amphitheater kämpfen sehen. Und jetzt kann ich sie ganz aus der Nähe beobachten. Ist das nicht toll?!«
    »Ja«, sagte Delia und versuchte, überzeugend zu klingen,
    »das ist super. Deswegen sind wir ja auch hier. Aber wir müssen jetzt gehen.«
    Sie stand auf, doch Pacuvius redete ungebremst weiter:
    »Clemens ist der Größte, findet ihr nicht auch? Er ist stark wie ein Bär, schnell wie eine Kobra und klug wie Sokrates.«
    »Wie Sokrates?«, fragte ich erstaunt.
    »Na ja«, Pacuvius lächelte, »der Vergleich hinkt wohl ein wenig … Aber er hat ein großes Herz!«
    »Wie meinst du das?«, fragte Delia und setzte sich mit einem leisen Seufzer wieder auf die Bank.
    »Er schont seine Gegner, tötet sie nicht, auch wenn er sie besiegt. Darum ist er bei vielen Menschen so beliebt. Andere hingegen verachten ihn deswegen. Aber das ist mir egal. Ich mag ihn und wünsche ihm, dass er die Arena irgendwann lebend und als freier Mann verlassen kann.«
    »Ist denn das möglich?«, fragte ich – und hätte mir im nächsten Moment am liebsten auf die Zunge gebissen. Musste nach Lysander nun auch Pacuvius gleich merken, dass wir keine Ahnung hatten?
    »Klar«, sagte Pacuvius. In seiner Begeisterung schien er keinen Verdacht zu schöpfen. »Der Lanista kann als Chef der 72

    Truppe seinem Gladiator die Freiheit schenken, wenn er lange und erfolgreich gekämpft hat. Allerdings schaffen das nur die wenigsten, die meisten ereilt ein früher Tod in der Arena. Aber nicht Clemens, da bin ich mir sicher.«
    Ich wurde ungeduldig. So gerne ich mich auch weiter mit Pacuvius unterhalten hätte, er schien wirklich eine Menge über Gladiatoren zu wissen – wir hatten jetzt keine Zeit dafür! Delia schabte unruhig mit ihren Sandalen auf dem sandigen

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