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Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition)

Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition)

Titel: Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Fischer , Manfred Maurenbrecher
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Veranstaltungen abgehalten wurden, von Kammermusik über Konferenzen bis hin zu besagten Tanzabenden für junge Leute. Discos im eigentlichen Sinn gab es damals noch nicht.
    Musikalisch verlief der Abend wie immer. Wir spielten eine Mischung aus Rock- und Soul-Coverversionen, jeweils drei Songs, dann kam eine kleine Pause. Ich sang Stücke wie »Natural Woman« oder »I Never Loved a Man« von Aretha Franklin und konnte von der Bühne aus das Treiben im Saal beobachten. Als ich László entdeckte, befiel mich eine gewisse Unruhe. Aber ich spielte natürlich die Coole …
    In Wirklichkeit wollte ich mich ins pralle Leben stürzen wie all die anderen Jugendlichen auch. Wenn man als Frau auf einer Bühne steht, gibt es ein paar Barrieren, um während eines Auftritts mal »einfach so« jemanden kennenzulernen. Wirklich zu erkennen, ob man als Frau, als Sängerin oder als Promi gefragt ist, macht es schon mal nicht leicht. Das betrifft beide Geschlechter – aber Männer, denen eine Frontfrau gefällt, müssen außerdem noch ein starkes Selbstwertgefühl mitbringen, denn natürlich vermuten sie, die Begehrenswerte da oben sei selbst richtig »stark« (was allerdings oft täuscht) und man müsse sich erst mal an sie herantrauen. Und dann sind solche Sängerinnen oder Schauspielerinnen auf der Bühne auch noch von Männern umgeben …
    László hatte nicht nur den Mut, sondern ergriff zudem gleich die perfekte Gelegenheit, mit mir in Kontakt zu kommen. Er hatte mitbekommen, dass ich nach dem Konzert zurück nach Dresden musste. Meistens fuhr ich bei Bandkollegen mit, hin und wieder auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
    László sprach mich an, wir unterhielten uns ein wenig, und am Ende bot er mir an, mich nach Hause zu fahren. Hatte er sich ein Auto geliehen? Ich nahm sein Angebot freudig an.
    Die ganze Fahrt saß ich hinter ihm auf der Rückbank, denn es gab noch zwei weitere Mitreisende aus seiner Clique, dabei blickte er mich immer wieder im Rückspiegel an.
    Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte, wohin schauen? Sein Flirten machte mich nervös, aber unangenehm war es mir nicht.
    Ich sagte Ja zu einer Verabredung.
    Wir lernten uns kennen und lieben.

    László war und ist bis heute ein Weltenbummler, der sich in jedem Land der Erde zu Hause fühlt. Für mich war das eine neue Erfahrung, außer meiner »Präsent-20«-Tour war ich bisher kaum herumgekommen. Das sollte sich während unserer gemeinsamen Jahre ändern. Für László, der sich als Ungar freier bewegen konnte, waren Reisen – beruflich wie privat – sehr viel selbstverständlicher als für mich. Im Sommer 1971 gingen wir zum ersten Mal gemeinsam auf Fahrt: nach Gyöngyös, Lászlós Heimatort, 60 Kilometer entfernt von Budapest. Seine Mutter, Rem Ibolya, war nicht gerade erfreut über die deutsche Freundin ihres Sohnes. Ich spürte ihre Ablehnung, die sich dann aber legte. Die Sprachbarriere machte es mir nicht leichter. Der Vater verhielt sich mir gegenüber zurückhaltend, aber freundlich. Es dauerte eine Weile, bis wir uns richtig kennen und schätzen lernten. Mit Lászlós Mutter bin ich heute noch in Kontakt – und nicht nur, weil sie die Oma meines Sohnes ist. Das war im Sommer 1971 noch nicht zu ahnen.
    Nach dem Antrittsbesuch in Gyöngyös fuhren wir drei Wochen quer durchs ganze Land. László verband dabei das Private mit dem Geschäftlichen. Seine Mutter war Strickerin und kannte sämtliche Strickwarenhersteller in Ungarn. Die Qualität der Ware war hoch, die Maschinen, mit denen manche Firmen arbeiteten, waren es nicht. László hatte ein interessantes Geschäftsfeld aufgetan: In der DDR hatte er gebrauchte Maschinen erworben, die er nun in Ungarn weiterverkaufen wollte. Der nicht ganz legale Handel brachte allen Seiten Vorteile: Die DDR-Werke wurden ihre ausrangierten Maschinen unter der Hand los, die ungarischen Käufer umgingen Bürokratie und Zoll. Und László als »Vermittler« bekam natürlich eine gute Provision. Kritische Nachfragen an der Grenze unterband er mit dem Hinweis, die Maschine im Kofferraum sei ein Geschenk für seine Mutter – und die war schließlich nachweislich Strickerin von Beruf. Allzu oft konnte er diese Erklärung natürlich nicht anbringen, das Geschäftsmodell funktionierte dann auch nicht lange. Aber unsere erste gemeinsame Reise wurde durch Lászlós Provision für das Ungetüm im Kofferraum mehr als finanziert.
    Mit László und bei seinen Eltern wurde ich zum ersten Mal total verwöhnt. Das war

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