Das Lustschiff
verstehe ich. Das ist sicher die Aufregung. Es ist immer wieder ein Abenteuer, mit der Sea Love in See zu stechen. Legen Sie sich ein bisschen hin, Frau Winter. Das wird sich rasch geben. Und falls nicht, suchen Sie Dr. Meinhardt auf. Der weiß, was in solch einem Fall zu tun ist.«
»Danke, Kapitän.«
Sie kehrte in ihre Kabine zurück und zog das Werbeprospekt der Sea Love , das in ihren Vertragsunterlagen dabeigelegen hatte, aus der Tasche, um sich genauer über das Lustschiff und dessen besonderen Service zu informieren.
Abenteuer. Sinnlichkeit. Leidenschaft. All dies finden Sie auf unserem Lustschiff. Und noch vieles mehr!, stand dort in dicken Lettern, wenn man den Flyer aufklappte. Wie hatte ihr so etwas nur entgehen können? Außerdem legte das Schiff auf seinem Weg nach New York auf der Insel Passionata an, wo im Haus Erik Osburnes ein Fest der Lust und Leidenschaft stattfinden sollte. Ihr dämmerte, weshalb die Sea Love für die Reise, die sonst nur elf Tage benötigte, zwölf eingeplant hatte. Das konnte ja heiter werden!
»Ich kann es nicht glauben, wir sind tatsächlich auf hoher See.« Andrea Lautenthal blickte aus dem Fenster ihrer Außenkabine, die sie sich mit ihrer spendablen Freundin Lena Gruber teilte. Als erfolgreiche Geschäftsfrau, die mehrere Unternehmen, darunter eine profitable Kosmetik Company, leitete, bezahlte sie einen Luxusurlaub dieser Kategorie aus der Portokasse. Andrea hingegen konnte als Sekretärin in Lenas Firma nur von solchen Abenteuern träumen. Zum Glück hatte ihr Lena finanziell unter die Arme gegriffen. Nicht jedoch, ohne eine Gegenleistung einzufordern.
Wir lassen es auf der Sea Love so richtig krachen, das ist die Bedingung, die ich stelle, hatte sie gesagt. Am Anfang war Andrea nicht allzu begeistert von den besonderen Dienstleistungen gewesen, die der Luxusliner während seiner 12 -tägigen Fahrt anbot. Aber Lena hatte ihr klargemacht, wenn sich irgendwo ihre Träume erfüllten, dann hier, auf der Sea Love . Und vielleicht fand Andrea, ihres Zeichens Dauersingle, ja tatsächlich den Mann fürs Leben auf dem Lustschiff. Genügend Männer, die selbst auf der Suche nach Glück waren, gab es hier schließlich.
»Was dachtest du denn? Natürlich sind wir auf hoher See. Das ist eine Kreuzfahrt, meine Liebe«, sagte Lena und schlüpfte in ihren Bikini. Lena Gruber war einige Jährchen älter als Andrea. Aber mit ihrer Figur zog sie alle Blicke auf sich. Ganz im Gegensatz zu Andrea, die lieber jeden Blick zu viel in den Spiegel vermied. Ihrer Ansicht nach war es ein offenes Geheimnis, dass ihre üppige Figur ihrem Liebesglück im Wege stand. Lena behauptete hingegen vehement, es läge eher am mangelnden Selbstbewusstsein. Doch für Andrea ging beides Hand in Hand. Wenn sie auch nur annähernd so sexy aussehen würde wie Lena, sie hätte gewiss keine Selbstzweifel mehr.
»Das schaukelt aber ganz schön, oder?«
»Wir sind auf einem Schiff«, erinnerte Lena sie.
»Das habe ich schon mitbekommen. Ich habe nur nicht gedacht, dass man den Seegang so stark spürt.« Draußen peitschten die Wassermassen unbändig hin und her. Hätte sie es nicht besser gewusst, sie hätte geglaubt, draußen herrschte ein tosendes Unwetter. Aber die Sonne strahlte. Und nichts deutete auf einen Sturm hin.
Lena warf ebenfalls einen Blick aus dem Fenster und hob eine Braue. »Das ist doch völlig ruhig.«
»Ruhig?« Sah Lena denn diese riesigen Wellen nicht?
»Ist das etwa deine erste Schiffsreise?«, hakte ihre Freundin amüsiert nach.
»Ja, und?«
»Das merkt man, du bist eine geborene Landratte. Keine Ahnung von nichts, wie?«
»Du musst ja nicht gleich beleidigend werden«, erwiderte Andrea, die dennoch genau verstanden hatte, wie Lena es meinte. Aber dieses Schaukeln machte ihr schon ein wenig Sorgen. Etwas rumorte in ihrer Magengegend.
»Kommst du mit aufs Sonnendeck?«, fragte Lena und schnappte sich ein Handtuch, setzte einen Strohhut sowie eine Sonnenbrille auf.
Ganz gewiss würde sie sich nicht im Bikini präsentieren. Aber eigentlich war das nicht der Hauptgrund, weshalb sie Lena nur ungern begleiten wollte. Ihr war plötzlich speiübel!
»Ich … leg mich besser noch mal hin … der ganze Stress macht mich fertig«, erklärte Andrea und ließ sich auf ihr Bett sinken.
»Aber das ist doch kein Stress. Wir haben Urlaub, komm schon …« Lena brach ab und starrte sie an, als wäre sie ein Alien. Sie setzte sogar extra ihre Sonnenbrille ab, um die Freundin genauer zu
Weitere Kostenlose Bücher