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Das Lustschiff

Das Lustschiff

Titel: Das Lustschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Dirks
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ausgepowerten Frau auf die Brüste stierte. Oder die Wahrheit? Dass es sie irgendwie scharfmachte, wenn er sie so ansah. Ihr Verlangen nach ihm verstärkte sich.
    »Haben Sie heute Abend schon etwas vor?«, fragte er plötzlich.
    »Ich?« Andrea stand ein wenig auf der Leitung. Wollte er sich etwa mit ihr verabreden? Das wäre das erste Date in zwei Jahren, um das sie sich nicht selbst bemühen musste.
    »Ja, ich spreche mit Ihnen«, sagte er amüsiert. »Ist ja sonst auch niemand in Hörweite.« Er zwinkerte ihr zu.
    »Ich …«
    »Wenn Sie schon etwas anderes vorhaben, ist das natürlich völlig in Ordnung. Dann würde ich Sie fragen, ob Sie an einem anderen Abend Zeit hätten?« Er lächelte sie charmant an. Und bei diesem Lächeln wurden ihr die Knie weich.
    »Oh … ich habe Zeit. Heute … und morgen Abend. Suchen Sie sich einen Abend aus!«
    »Dann nehme ich beide.«
    »Be … beide?« Hoffentlich würde er das nicht bereuen. Sie suchte rasch nach einem Taschentuch in ihrer Hosentasche und tupfte sich dann die Stirn damit ab.
    »Heute Abend findet eine Gala im Theater statt. Die berühmte Künstlerin Brigit Susette La Norma tritt auf. Das sollten wir uns nicht entgehen lassen.«
    »Sicherlich.« Sie nickte zustimmend. Ihr war es egal, wohin sie gingen. Wichtig war nur, dass er bei ihr war. Interesse an ihr zeigte. Und das tat er offenbar.
    »Dann ist es abgemacht? Heute Abend um zwanzig Uhr im Theater?«
    Sie nickte erneut. Das Strahlen in seinem Gesicht wurde größer. Dann nahm er ihre Hand und hauchte ihr einen altmodischen, aber sexy Kuss darauf. »Ich freue mich. Bis bald, Andrea.«
    Mit diesen Worten verabschiedete er sich, joggte leichtfüßig und doch kraftvoll über das Deck. Andrea blickte ihm nach, musterte den festen Po in der engen Hose, das breite Kreuz und die starken Oberschenkel, bis der Doktor aus ihrem Blickfeld verschwand. Dann ließ sie sich endlich auf die Bank sinken und fächelte sich mit beiden Händen frische Luft zu. Dass alles plötzlich so schnell gehen würde, hätte sie nicht gedacht! Aber sie freute sich sehr auf den Abend und auf das Wiedersehen mit dem hinreißenden Schiffsarzt. Es war gut gewesen, Lenas Plan nicht zu folgen.

    Auch das noch! Ein Pärchen in Not hatte Carolin Winter zum Deck Zero gerufen. Es gab wohl kaum einen Ort an Bord des riesigen Mehrtonners, an dem sie sich weniger wohlfühlte. Schon als sie aus dem Fahrstuhl stieg und der süße Duft von ätherischem Rosenöl sie empfing, richteten sich ihre Nackenhaare auf und sie hätte am liebsten rücklings die Flucht angetreten. Für Carolin war das Liebesdeck an Bord der Sea Love eine eigene Welt, die neben der realen existierte und für ihr persönliches Leben keine Rolle spielte. Sie hatte akzeptiert, dass sie sich nicht auf einem normalen Kreuzfahrtschiff befand, für die nächsten Tage auf einem Lustschiff arbeitete, aber sie wollte mit dieser Parallelwelt nichts zu tun haben.
    Nun sah es danach aus, als würde sich der Kontakt doch nicht ganz vermeiden lassen. Sie schritt durch den großen Saal, ignorierte das Stöhnen und Flüstern, das von allen Seiten zu ihr herüberdrang, genauso wie sie die eindeutigen Bilder aus dem Augenwinkel wahrnahm. Es ging sie nichts an, was die Passagiere hier unten trieben, sie wollte keine Details wissen. Rasch ging sie durch eine angrenzende Tür in das Zimmer Nummer  7 , aus dem sie den Notruf erhalten hatte.
    »Endlich«, keuchte auch schon ein junger Mann, als sie eintrat. Er lag nackt auf dem Bett und war mit beiden Händen an das Gestell gekettet.
    »Wir bekommen die Handschellen einfach nicht auf«, erklärte seine Gespielin, die ebenfalls nackt war. »Ich habe schon alles versucht, aber es klemmt. Der Schlüssel ist mir sogar abgebrochen. Bitte helfen Sie ihm!«
    »Schon gut, ich will sehen, was ich tun kann«, erklärte Carolin und stellte ihre Allzwecktasche ab, um nach einer Zange zu suchen. Fiel ein solcher Fall überhaupt in ihren Aufgabenbereich? Nun ja, das Pärchen hatte nun mal sie angerufen, und deshalb war sie sofort hergekommen.
    »Nicht erschrecken, das wird gleich knacken«, warnte sie den jungen Mann vor und durchschnitt mit der Zange die Schelle an seiner rechten Hand. Das Metall war nicht besonders hart, und die Fessel ließ sich ohne großen Widerstand teilen.
    »Vielen Dank«, sagte der Befreite und atmete auf, befühlte das gerötete Handgelenk.
    »Schon gut«, erwiderte Carolin und blickte demonstrativ zu Boden, damit er sich schnell etwas

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