Das Lustschiff
im Takt mit.
»Wo ist denn Andrea?«, hakte Carolin nach.
»Schau mal da rüber.« Lena deutete zu einer der vorderen Reihen. »Sie hat heute Abend eine Verabredung.«
Carolin versuchte über all die Köpfe hinweg etwas zu sehen und meinte dann tatsächlich, Andrea in Begleitung zu entdecken. Doch der Kerl an ihrer Seite war nicht irgendein Mann. Sie erkannte die hochgewachsene Statur wieder.
»Sie ist mit unserem Doktor ausgegangen?«, fragte Carolin fassungslos.
»Warum so überrascht? Glaubst du, ein Schiffsarzt ist kein Mann?«
»Doch natürlich, aber …« Ihr gingen die Argumente aus. Sie hatte ja auch gar nichts dagegen, wenn sich die Crew mit Passagieren einließ. Aber das sollte dennoch eine Ausnahme bleiben und nicht zur Regel werden. Dachte sie dabei auch etwa an sich selbst?
»Na, siehst du. Außerdem hast du doch auch einen Verehrer, du solltest dem Doc wirklich seinen Spaß gönnen. Apropos Verehrer, schau mal, wer da gerade reinkommt.«
Carolin warf einen Blick über Lenas Schulter und erstarrte. Josh Sullivan hatte den Saal betreten. Er sah umwerfend aus in seinem schicken Anzug. Auf Fliege und Krawatte hatte er bewusst verzichtet, so wirkte er nicht bieder. Die dunklen Haare fielen ihm ins Gesicht, betonten seine markanten Züge. Jetzt schaute er auch noch zu ihr herüber, lächelte sie charmant, aber auch ein wenig triumphierend an. Ohne zu zögern, kam er auf ihren Tisch zu, wo noch ein Platz frei war.
»Einen wunderschönen guten Abend, die Damen«, grüßte er sie.
»Guten Abend«, sagte auch schon Lena, und ihr Lächeln überstrahlte das seine. Die Art, wie ihre Freundin Josh Sullivan ansah, gefiel Carolin gar nicht. War sie etwa schon wieder eifersüchtig? Was war nur mit ihr los? Sie erkannte sich ja selbst nicht wieder. Irgendwie schaffte es dieser Mann, sie gänzlich durcheinanderzubringen. Dafür musste er nichts weiter tun, als einfach nur anwesend zu sein.
»Darf ich mich zu Ihnen setzen?«
Carolin nickte langsam, denn eigentlich wollte sie nichts lieber, als in seiner Gesellschaft sein, auch wenn ein Teil von ihr das nach wie vor leugnete.
»Aber ja doch, leisten Sie uns Gesellschaft«, sagte Lena überschwänglich. »Die Show ist wundervoll, sie wird Ihnen gewiss gefallen.«
»Ich bin ein großer Fan von Brigit«, gab Josh zu und winkte einen Kellner herbei, der kurz darauf mit drei Gläsern Champagner zurückkam sowie der Bestellung, die Lena kurz davor aufgegeben hatte.
»Sie sind aber sehr großzügig«, bedankte sich Lena. Carolin fiel nichts Besseres ein, als ihrer Freundin zuzustimmen. Lena nahm ihr die Zügel aus der Hand, führte das Gespräch und zeigte immer unverhohlener, dass ihr Sullivan ebenfalls gefiel. Wie wahrscheinlich jeder Frau an Bord.
Carolin fühlte sich bald wie das fünfte Rad am Wagen. Völlig überflüssig. Lena und Josh verstanden sich zusehends besser. Sie waren beide weit gereist, hatten denselben Musikgeschmack, und auch was Wein anging, kamen sie auf einen Nenner. Carolin hatte von all diesen Dingen kaum eine Ahnung, vom Reisen einmal abgesehen. Aber selbst da kam sie kaum zu Wort.
Sie fühlte sich immer unbehaglicher und wollte am liebsten verschwinden. Ihr entging nicht, dass Josh nur noch Lena ansah, sie hingegen gänzlich ignorierte. Das tat weh. Sehr sogar. Wahrscheinlich hatte sie sich sein Interesse von Anfang an nur eingebildet.
»Ich mache mich eben mal frisch«, erklärte Carolin schließlich, weil sie es nicht länger aushielt. Doch sie hatte nicht vor zurückzukommen. Sie wollte fliehen, wie so oft. Sollten Lena und Josh sich doch einen schönen Abend machen. So gleichgültig, wie sie tat, war ihr die Sache aber nicht. Ein Grund mehr, schnell zu verschwinden, bevor ihre Eifersucht noch sichtbar wurde.
»Ich komme mit«, sagte Lena plötzlich. Auch das noch!
»Bei mir geht es ganz rasch, mach dir keine Mühe.«
»Aber nicht doch, Caro. Lass uns zusammen gehen, dann können wir noch ein bisschen plaudern.«
Josh lachte leise. »Plaudern. Deswegen gehen Frauen also immer zusammen auf die Toilette.«
»Da sehen Sie mal, von uns können Sie noch was lernen, Mr Sullivan«, neckte ihn Lena und schob Carolin vor sich her. Erst als sie den Saal verlassen hatten, ließ sie wieder von ihr ab.
»Warum so defensiv?«, fragte Lena.
»Defensiv?« Was sollte die Frage?
»Du überlässt mir das Spielfeld, das macht doch so keinen Spaß.«
»So wie du dich an ihn ranschmeißt, bleibt mir doch kaum etwas anderes übrig.«
»Demnach
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