Das Luxemburg-Komplott
diesen Herren auf die Finger sehen. Und wenn einer überlaufen will, kurzer Prozess.« Er klopfte auf den Griff der Mauser.
Am Abend kehrte Lohmeier zurück mit seinen Bewachern und drei Herren in dunklen Anzügen. »Das ist der Kriminalkommissar Gennat, bis vor kurzem Leiter der Ersten Mordkommission.« Lohmeier wies auf einen kleinen fetten Mann mit langen Koteletten. Er sah alt aus, aber seine Augen waren jung.
»Das ist der Kriminalassistent Dunkelbier, die rechte Hand von Kommissar Gennat.« Er wies auf einen dürren Mann, der seinen Chef um fast zwei Köpfe überragte.
»Und das hier ist der Kriminalassistent Klein, der sich am besten auf das Lesen der Spuren am Tatort versteht.« Er wies auf einen untersetzten Glatzkopf mit einem Kinnbart und einer Hornbrille.
Zacharias bat die Herren in einen Sitzungsraum, den er am Nachmittag am Ende des Flurs entdeckt hatte. Darin standen nur Tisch und Stühle. Zacharias setzte sich an die Stirn, Lohmeier und seine Kollegen setzten sich an die Seiten. Klein und Dunkelbier zündeten sich Zigaretten an. Zacharias sah ihre Hände zittern.
»Ich weiß nicht, was Herr Lohmeier Ihnen gesagt hat. Daher will ich Ihnen kurz erklären, um was es geht. Die Regierung hat eine Kommission unter meiner Leitung eingesetzt, die den Mordanschlag auf Rosa Luxemburg aufklären soll. Sollten Sie zweifeln, ob Sie dieser Regierung helfen wollen, dann machen Sie sich klar, dass Mordanschläge immer Verbrechen sind. Sofern Sie also einer Gerechtigkeit dienen wollen, die diesen Namen verdient, ist es richtig, die Urheber des Attentats ausfindig zu machen. Haben Sie das verstanden?«
Sie nickten bedächtig.
Zacharias fragte sich, ob sie Revolutionäre auf der Flucht erschossen hatten, wie es seit dem Januaraufstand üblich geworden war.
»Ich habe keinen Zweifel, dass Sie Feinde der neuen Regierung sind. Sie haben dem Kaiser gedient, dann E bert-Scheidemann. Uns verachten Sie. Und wenn es in Ihrer Macht stünde, würden Sie uns vernichten, lieber heute als morgen. Sie sehen, ich kenne Ihre Ansichten. Aber ich muss Ihnen sagen, sie sind mir gleichgültig, wenigstens im Augenblick. Wenn Sie bereit sind, an der Aufklärung des Verbrechens loyal mitzuwirken, ver spreche ich Ihnen eine anständige Behandlung und Straffreiheit für den Fall, dass Sie Verbrechen gegen Revolutionäre begangen haben.« Zacharias wusste, er übertrat seine Kompetenzen. Aber das würde er noch oft tun müssen, um im Durcheinander nicht unterzugehen.
Die Kriminalbeamten schauten ihn erstaunt an. Gewiss fragen sie sich, ob ich einhalten kann, was ich verspreche. Oder sie sagen sich, Versprechen von Kommunisten sind nichts wert, aber besser, als gleich erschossen zu werden. Zacharias hätte einiges dafür gegeben, hinter ihre Stirn blicken zu können.
Es herrschte eine Weile Schweigen.
Dann klopfte es an der Tür. Kramer und Geyer traten ein. Sie standen an der Tür und starrten die Kriminalbeamten böse an. Zacharias bat sie, sich zu setzen. Kramer holte eine Pfeife aus der Jackentasche, zündete sie aber nicht an. Dann setzte er sich. Geyer tat es ihm nach. Sie saßen an der anderen Schmalseite des Tisches, möglichst weit entfernt von den Kriminalisten.
Zacharias wandte sich an diese: »Diese beiden Genossen haben unter Einsatz ihres Lebens gegen Ihresgleichen gekämpft. Und jetzt werden sie darauf achten, dass Sie tun, was man Ihnen befiehlt. Sie werden die Aufgaben erfüllen, die Sie früher erfüllt haben, nur tausendmal zuverlässiger. Und wehe, Sie unterschlagen irgendein Indiz. Alles, was Sie entdecken, melden Sie mir sofort. Betrachten Sie mein Dienstzimmer« – er wies mit dem Daumen in dessen Richtung – »als Auswertungszentrale.«
Lohmeier meldete sich. Seine Gesichtsfarbe zeigte, dass er sich zu arrangieren begann, die schlimmste Angst war gewichen. »Dann sollten wir als erstes den Tatort besichtigen. Auch wenn wir dort wahrscheinlich keine Spuren mehr finden. Aber vielleicht kann jemand eine brauchbare Täterbeschreibung liefern.«
»Das machen wir nachher«, sagte Zacharias und stand auf. Er wandte sich an Geyer und Kramer. »Besorgen Sie zwei Wagen, und zwar zur ständigen Nutzung. Meinetwegen requirieren Sie welche. Wir haben schließlich Revolution.« Die Gesichter der beiden Proleten hellten sich auf. Das war nun eher nach ihrem Geschmack.
Den Kriminalbeamten sah man nicht an, was sie davon hielten. Lohmeier klopfte leise und schnell auf die Tischplatte, die anderen schauten auf den Tisch
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